1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Von der Leyen um Aufklärung bemüht

2. Mai 2017

Im Fall des terrorverdächtigen Bundeswehr-Soldaten gerät Verteidigungsministerin zunehmend unter Druck. Nun soll geprüft werden, ob der beschuldigte Offizier mögliche Unterstützer hatte.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit Soldaten
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat mit Blick auf die jüngsten Skandale erneut Fehler bei der Bundeswehr eingeräumt, die weitere Aufklärung erforderten. "Die ganz übergroße Mehrheit der Soldaten macht einen tadellosen und hervorragenden Dienst", hob sie aber am Dienstagabend vor Journalisten in Berlin zugleich hervor. Das weitere Vorgehen werde sie in den nächsten Tagen mit der Führungsebene der Bundeswehr besprechen.

Von der Leyen betonte, sie wolle sich in der Affäre um den Bundeswehr-Soldaten nicht aus der Verantwortung stehlen. "Ich habe immer die Gesamtverantwortung“, sagte die CDU-Politikerin. Und diese Verantwortung nehme sie auch an. Die jüngsten Verfehlungen an einzelnen Bundeswehr-Standorten hätten ihr gezeigt, "vielleicht hätte ich früher tiefer graben müssen".

Das bei der Bundeswehr geltende Prinzip der inneren Führung und Verantwortungsübernahme habe im Fall des beschuldigten Soldaten "auf jeder Ebene" nicht funktioniert. Besonders schwerwiegend sei, dass die Vorgesetzten des Verdächtigen dessen rechtsextreme Äußerungen als "Ausrutscher" behandelt hätten.

Ihren für Mittwoch geplanten USA-Besuch sagte sie ab. Für sie stehe die Aufklärung der aktuellen Vorgänge um den Bundeswehr-Soldaten im Vordergrund. 

Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Offizier

Derweil ermittelt nun auch die Bundesanwaltschaft. Nach Angaben von Ermittlern führte der beschuldigte Offizier eine Liste mit möglichen Anschlagsopfern. Nach Informationen des "Tagesspiegel" hatte er unter anderem den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und Justizminister Heiko Maas (SPD) im Visier.

Laut Verteidigungsministerium fanden die Inspekteure des Heeres und der Streitkräftebasis bei einem Besuch an seinem Standort im französischen Illkirch, Hakenkreuz-Kritzeleien auf Wänden und auf einem Sturmgewehr. An den Wänden hingen Landser-Bilder und andere "Wehrmachts-Souvenirs".

Nach Angaben des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Volker Wieker, hat der rechtsgesinnte Offizier möglicherweise auch Munition aus Bundeswehr-Beständen gestohlen. Es seien Unstimmigkeiten festgestellt worden, sagte Wieker der Deutschen Presse-Agentur. Dabei geht es seinen Angaben zufolge um Munition, die angeblich bei einer Schießübung, die der verdächtige Oberleutnant leitete, verwendet worden sein soll.

Wie Wieker weiter betonte, gebe es wohl innerhalb der Truppe Sympathisanten des Offiziers. Es sei aber noch zu früh, über deren Anzahl zu spekulieren. Der Bundeswehr seien aber einige Namen bekannt.

Auf den Spuren des Terrorverdächtigen

Statt in die USA zu fliegen, fährt von der Leyen nun am Mittwoch zusammen mit Generalinspekteur Volker Wieker nach Illkirch. Von dort kommt der terrorverdächtige Oberleutnant. Für Donnerstag hat die Ministerin überdies hundert hohe militärische Führungskräfte nach Berlin geladen, "um Aufklärung und Konsequenzen der angehäuften Fälle in der Bundeswehr zu besprechen",  teilte von der Leyens Sprecher in Berlin mit.

Von der Leyen war wegen des Vorfalls um den beschuldigten Bundeswehr-Offizier und Fällen von Erniedrigungen während der Bundeswehr-Ausbildung am Wochenende mit den Verantwortlichen in ihrer Truppe hart ins Gericht gegangen. Sie sprach von einem "Haltungsproblem", von "Führungsschwäche" und "falsch verstandenem Korpsgeist" und kündigte eine Überprüfung an. 

Kritik an von der Leyens Führungsstil wächst

Nach dieser harten Kritik hatte der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) auf die Verantwortung der Ministerin verwiesen. "Die Bundeswehr hat jede Menge Probleme", räumte Bartels im Sender Bayern 2 ein. "Aber wenn Frau von der Leyen nun sagt, es gäbe ein Führungsproblem, dann muss man natürlich sagen: Führung fängt oben an."

Von der Leyen habe in den zurückliegenden dreieinhalb Jahren im Amt selbst schon Weichen so stellen können, dass Probleme beendet werden, sagte Bartels weiter. Der Wehrbeauftragte fügte hinzu: "Das, was wir hier erleben, ist nicht in Ordnung." Auch er beschrieb die Lage so, dass sich in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten Mentalitäten eingeschlichen hätten, "dass Dinge, wenn sie nach oben gemeldet werden, immer weicher gezeichnet werden, dass oben letztlich ankommt, es gebe kein Problem". 
Bartels sieht dabei auch von der Leyens Amtsvorgänger in der Verantwortung: Er sprach von einem "Problem der politischen Führung über viele Jahre hinweg". Oft habe man es an der Spitze "auch gar nicht so genau wissen wollen". An diesem Punkt lobte Bartels die Ministerin: "Gut ist, dass Frau von der Leyen es jetzt genau wissen will."

Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion forderte  die Verteidigungsministerin auf, sich bei den Bundeswehrsoldaten zu entschuldigen. "Dass sie der Truppe pauschal vorwirft, sie hätte ein Haltungsproblem, macht mich fassungslos. Jeder rechtschaffene Soldat fühlt sich von ihr beleidigt", sagte Arnold der "Passauer Neuen Presse". Er erwarte, dass sie sich entschuldige. Von der Leyen habe ihren Laden offenbar nicht unter Kontrolle und sich nun auf die Zuschauertribüne gesetzt und die ganze Bundeswehr in Frage gestellt.

HF/uh (afp, dpa, ARD)

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen