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Kritiker fordern Karenzzeit für Ex-Politiker

Thomas Kohlmann8. Januar 2014

Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla zieht es zur Bahn. Seine geplante Rolle als Chef-Lobbyist des Staatskonzerns heizt die Debatte über gesetzliche Übergangsfristen für den Wechsel von Politikern in die Wirtschaft an.

Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) - Thomas Peter
Bild: Reuters

Selbst wenn nichts aus dem Umstieg von Ronald Pofalla vom Kanzleramt auf den Vorstands-Sessel der Bahn wird - die Diskussion um die sogenannten Karenzzeiten für den Wechsel politischer Amtsträger auf einen Lobby-Posten wird immer breiter geführt. Kaum ein Tag vergeht zurzeit, ohne dass sich Parteipolitiker dazu äußern. CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok hält - abhängig vom Einzelfall - Übergangsfristen von einem oder anderthalb Jahren für sinnvoll. Eva Högl, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, stellt eine Art freiwillige Selbstverpflichtung der Regierung noch im ersten Quartal 2014 in Aussicht. Von einer gesetzlichen Lösung will sie allerdings nichts wissen. Da komme man schnell "in den Bereich von Berufsverboten", sagte die Juristin der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.

Timo Lange von der Organisation Lobbycontrolist das Argument nur allzu bekannt: Immer wenn es um die Forderung nach gesetzlichen Regelungen gehe, so seine Erfahrung, mache die Warnung vor angeblichen Berufsverboten die Runde. "Das ist die Argumentation, die dazu dient, einen Handlungsbedarf zu verneinen. Ich finde sie nicht überzeugend, denn es geht nicht um ein Berufsverbot für Politiker, wie das gern dargestellt wird", meint der Berliner Politikwissenschaftler. "Es geht bei diesen Karenzzeiten um ganz konkrete Regeln im Einzelfall und - so wie wir uns das vorstellen - beschränkt auf Lobby-Tätigkeiten."

Warnt vor "Berufsverbot": SPD-Fraktionsvize Eva HöglBild: Imago/Seeliger

Dass das Thema Pofalla gerade jetzt so heiß diskutiert wird, hat für Timo Lange auch mit dem Wechsel von Eckart von Klaeden auf den Posten des Chef-Lobbyisten des Automobilkonzerns Daimler im vergangenen Jahr zu tun. Der CDU-Mann war ebenfalls bis zum Ende der schwarz-gelben Bundesregierung im Kanzleramt tätig. "Auch wenn der Aufschrei nicht ganz so groß war wie jetzt im Moment, hat er mit diesem sehr dreisten Seitenwechsel den Grund bereitet für zusätzliche Empörung, die uns jetzt begegnet." Hinzu komme im Fall Pofalla, dass er nicht in die Privatwirtschaft wechsle, sondern in einen Staatsbetrieb, wo er mit einem Millionengehalt für seine Verdienste als Politiker belohnt werde. "Ich denke, dass das vielen Menschen noch zusätzlich aufstößt, dass man sich fragt: Wozu braucht die Bahn jetzt den Herrn Pofalla und warum kriegt er jetzt 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr?"

Internationales Phänomen

In Frankreich ist der Umstieg altgedienter Politiker auf hoch bezahlte Managerposten von Staatsbetrieben als "Pantouflage" bekannt, was frei übersetzt in "große Pantoffeln wechseln" bedeutet. Auch dort sind diese häufig ohne konkretes Tätigkeitsprofil ausgestatteten Direktorenposten heftig in die Kritik geraten. In den USA ist das Phänomen als "Revolving Door" bekannt, was den deutschen Begriff Drehtür-Effekt prägte. Und in Japan spricht man von "Amakudari", was so viel wie "vom Himmel herabsteigen" bedeutet. Dort sind die Seitenwechsel von Politikern allerdings erst nach einer gesetzlichen Karenzzeit von zwei Jahren erlaubt.

Spricht von Korruption: Hans Herbert von ArnimBild: picture-alliance/dpa

Viele Beobachter sind überzeugt: Auf Dauer wird sich die Politik nicht dem Ruf nach einer gesetzlichen Regelung verweigern können. Wenig realistisch scheint aber die Forderung von Hans Herbert von Arnim nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren. Der bekannte Parteienkritiker hatte die Personalie Pofalla im Interview mit der Deutschen Presse Agentur sogar als "eine Form bezahlter Korruption" bezeichnet. So weit würde Timo Lange von Lobbycontrol nicht gehen. Um Korruption im strafrechtlichen Sinn gehe es hier nicht. Seine Organisation empfiehlt eine Karenzzeit von drei Jahren - räumt aber ein, dass es noch lange dauern könnte, bis sich eine Mehrheit für eine gesetzliche Regelung im Bundestag findet: "Ich glaube wir haben da noch einen langen Weg vor uns."

Schweigen im Wald

Ronald Pofalla schweigt zu der ganzen Angelegenheit. Auf seiner Interseite ist unter Aktuelles als neuester Eintrag zu lesen: "Weihnachtsbaum aus dem niederrheinischen Wald schmückt das Bundeskanzleramt" - Datum: 28.11.2013. Vor acht Jahren, als es um die Karriere eines anderen Spitzenpolitikers ging, war Pofalla nicht so still: Kurz nachdem er vom Parteivorstand als CDU-Generalsekretär nominiert worden war, prangerte er medienwirksam den Wechsel von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder in die Unternehmensspitze einer Tochter des staatlich kontrollierten russischen Energieriesen Gazprom an. "Die Menschen müssen den Eindruck haben, dass es Gerhard Schröder nicht um Gas geht, sondern ausschließlich um Kohle."

Timo Lange: "Konkrete Regeln, beschränkt auf Lobby-Tätigkeiten"Bild: picture-alliance/dpa/Ausschnitt
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