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Leben mit den Nordsee-Fluten

16. Januar 2020

Die Menschen, die auf den kleinen Halligen in Deutschland leben, müssen regelmäßig ihr Land mit dem Meer teilen. DW hat mit Bewohnern von Hooge gesprochen, um von ihnen mehr über "Land unter" zu erfahren.

Komplett vom Wasser eingeschlossen sind die Warften mit den Wohnhäusern auf der nordfriesischen Hallig Hooge
Bild: picture-alliance/dpa/H. Dell-Missier

Zu den Nordfriesischen Inseln entlang der deutschen Nordseeküste gehören auch einige kleine Anhöhen, die Halligen. Ihre Küsten sind entweder gar nicht oder nur leicht gegen Sturmfluten gesichert, wodurch sie zeitweise im Meer versinken. Nur künstlich angelegte Hügel, auf denen die Menschen leben - die Warften - schauen noch aus dem Wasser heraus. 

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Bewohner der Hallig Hooge erzählen, wie es ist, wenn das Meer kommt und es zum "Land unter" kommt. Ihre Hallig hat einen niedrigen Deich und bleibt deshalb in den Sommermonaten vom Wasser verschont. Im Winter gibt es durchschnittlich vier oder fünf Überschwemmungen pro Jahr. Halligen, die keine Deiche haben, können bis zu 50 Mal im Jahr überflutet werden.

Karen Tiemann wurde auf Hooge geboren und ist dort aufgewachsen. Nach ein paar Jahren auf dem Festland ist sie mit Ende Zwanzig auf die Hallig zurückgekehrt. Sie ist froh darüber, auch mal woanders gelebt zu haben, aber auch, endgültig zurückgekehrt zu sein. Sie sagt, dass das Leben auf einer Hallig einem deutlich mache, wie klein der Mensch ist. Sie betreibt ein Ferienhaus und ein Café in einem Haus, das 1750 erbaut wurde.

Karen Tiemann trägt ein Trachtenkostüm aus ihrer RegionBild: Martin Strauß

"Für mich gehört ein Land unter zum normalen Leben dazu. Anstrengend ist es, wenn es zu früh kommt, wenn noch zu viel Vieh auf der Weide ist und auf die Warft geholt werden muss und der ganze Saisonbetrieb noch läuft, mit Toilettenwagen, Strandkörben, Mülleimern. Das muss man reinholen, sonst ist es verloren. Oder wenn es so schlimm kommt, dass das Wasser in die Warft kommt, das ist schon unangenehm.

Ich habe die Sturmflut 1976 miterlebt und da war der Keller im Haus gegenüber voll und hier im Haus stand das Wasser 10 Zentimeter hoch. Man hat viel zu viel zu tun, um Angst zu haben. Damals war ich noch ein Kind. Weil alle sehr ruhig waren, hatte ich keine Panik. Außer der kurzen Panik, als ich die Kellertür nicht mehr zu bekam, weil ich geguckt habe, wie hoch das Wasser war. Aber es klappte dann doch.

1976 hat das Ganze tagsüber stattgefunden, das heißt, man konnte etwas sehen. Das war in den vorherigen schlimmen Sturmfluten nicht der Fall. Da sind sie nachts gekommen und das ist immer sehr unangenehm."

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Jan Dell Missiers Familie lebt seit Generationen auf Hooge. Er hilft dabei, den niedrigen Deich zu befestigen, damit die Hallig während des Sommers, wenn die Kühe und Schafe auf dem Land zwischen den Hügeln grasen, nicht zu oft überschwemmt wird. Er hält eigene Rinder und beschreibt, was mit den Tieren während einer Sommerflut passiert. 

"Wenn es während der Saison passiert, also wenn die Kühe noch hier sind, dann muss man zusehen, dass man sie alle rechtzeitig auf die Warft bekommt. Da hilft man sich gegenseitig.

Jan Dell Missier sagt, dass sich die Menschen auf einer Hallig ganz selbstverständlich helfen Bild: DW/T. Walker

Jeder sieht zu, dass er alles, was unten auf der Straße oder ebenerdig ist, hoch auf die Warft schafft. Aber da wir rechtzeitig Bescheid bekommen, schafft man das eigentlich immer ganz gut.

Wenn wir die Sturmflutwarnung kriegen und es heißt, dass es entweder ein Meter oder ein Meter fünfzig sein wird, dann wartet man lange ab, um zu sehen, kommt es nun oder kommt es nicht. Und wenn es dann doch kommt, hat man es ein bisschen hektischer.

Dann steht hier oben alles voll mit Tieren. Die kommen nicht von alleine, man muss sie hoch treiben und dann stehen sie hier, bis das Wasser wieder weg ist."

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Sandra Wendt wurde auch auf Hooge geboren. Wie viele andere Inselbewohner vermietet sie ein Ferienhaus. Außerdem arbeitet sie in einem Kino, das ausschließlich einen Film über ein Hochwasser zeigt. Sie hat unzählige Male erlebt, wie das Meer über den niedrigen Deich der Insel schwappte. Sie sagt, dass sie - abgesehen von den heftigen Stürmen Ende 2013 - die Gelegenheiten genießt, die Luken dicht zu machen und zu beobachten, wie die Natur ihren Lauf nimmt. 

"Das ist wirklich was Tolles! Man weiß: es kommt, es läuft über, es läuft auch wieder ab. Es richtet keinen großen Schaden an. Das ist etwas, was viele gerne einmal miterleben möchten, weil man sieht, wie die Natur ihren Rhythmus einhält und das ist unglaublich schön. Es gehört zum Leben hier dazu.

Die Wassermenge auf dem Land zwischen den Hügeln ändert sich mit den Launen des Meeres, aber Sandra Wendt (siehe Bild oben) sagt, dass es schön sein kann, die Natur bei der Arbeit zu beobachtenBild: picture-alliance/dpa
Bild: DW/T. Walker

Wir wissen, wann wir zu Hause sein müssen. Die Straßen vor der Warft sind als erstes überspült. Du gehst nach Hause, warst vorher einkaufen und hast dann richtig Zeit. Du backst ein paar Kekse oder hast endlich wieder Zeit für einen Schnack mit den Nachbarn.

Für uns ist das immer wieder schön anzuschauen. Man schaut einfach der Natur zu. Es ist auch die Zeit der Ruhe im Winter, das heißt, da haben wir auch mal Zeit für unser Land und können unseren eigenen Rhythmus finden."

"Land unter" und dann?

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