Von Lust keine Spur
11. Juli 2014"Das Spiel um Platz drei sollte nicht ausgetragen werden", fordert Louis van Gaal. Und wer jetzt behauptet, der Trainer der Niederlande sage das aus der Enttäuschung heraus, das Finale nicht erreicht zu haben, der irrt: "Das sage ich seit zehn Jahren. Es kann nur ein Finale geben, und in dem muss es darum gehen, Champion zu werden". Äußerungen, die man bei der Ausrichtenden FIFA sicher nicht gerne hört. Ist doch das "Kleine Finale" eine Institution bei Weltmeisterschaften: Außer bei der Premiere 1930 und bei der WM 1950, in der der Titel in einer Finalrunde "jeder gegen jeden" vergeben wurde, gehörte diese Partie immer zum festen Programm. Völlig egal, sagt van Gaal: "Nur der Titel zählt, der dritte Platz kann mir gestohlen bleiben."
Wenn sich nun aber am Samstag (22 Uhr MESZ im DW-Liveticker) Gastgeber Brasilien und die Niederlande in Brasilia gegenüber stehen, verspürt kaum einer der Protagonisten Lust auf dieses vorletzte Spiel dieser WM. Immerhin bewahrt van Gaals brasilianischer Kollege Felipe Scolari Fassung, spricht nach dem verpassten Endspiel davon, dass man "nur noch um einen viel kleineren Traum" spiele. "Zweiter, Dritter, Vierter - das ist uns egal", macht auch Brasiliens Kapitän Thiago Silva aus seinem Unmut kein Hehl." Es ist schwierig, sich auch emotional auf dieses Spiel einzustimmen. Ich habe immer betont, dass wir nur ein einziges Ziel haben: den Titel".
Auch dass er nach seiner Gelb-Sperre gegen Deutschland nun wieder auf dem Platz mitwirken darf, ist Thiago Silva da egal. Um nicht als schlechter Verlierer dazustehen, flüchtet er sich in Allgemeinplätze, erinnert daran, dass man mit "Stolz das gelbe Trikot vertreten" müsse. Etwas positiver klingen da die Sätze seines Kollegen Hulk: "Das ist zwar auf keinen Fall das Spiel, das wir spielen wollten. Aber wir müssen jetzt Kraft dafür finden. Die Welt ist nicht untergegangen".
Kritik am Weltverband
So wird wohl eher die Einstellung, denn die Taktik oder die Aufstellung dieses Spiel um Platz drei entscheiden. Wie es bei solchen Partien sonst üblich ist, werden die Trainer wohl ihren bisherigen Ergänzungsspielern die Möglichkeit geben, sich auf dem Rasen zu zeigen. Bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 hatte es die deutsche Mannschaft geschafft, sich durch Siege im "Kleinen Finale" zumindest mit einem kleinen Erfolgserlebnis aus den Turnieren zu verabschieden. Auch dieser letzte Eindruck bleibt haften, und zweimal in Folge möchte kein Team gerne verlieren, schon gar nicht die Gastgeber. Immerhin hat der am Rücken verletzte Superstar Neymar angekündigt, sein Team als Zuschauer im Stadion unterstützen zu wollen.
Dass dann doch ein wenig Ehrgeiz übrig geblieben ist, macht die Aussage von van Gaal deutlich. Er beschwert sich nämlich bem Weltverband wegen des Spielplans: "Wir haben einen Tag weniger Zeit zur Vorbereitung als unser Gegner, das ist kein Fair Play." Es gibt also doch kleine Hoffnungschimmer, dass nicht nur lustlose Kicker über den Platz in Brasilia traben werden beim Spiel um Platz drei.