"Bei Facebook ist Politik in der Pflicht"
11. April 2018Deutsche Welle: Mark Zuckerberg hat sich in der Anhörung des Senats entschuldigt. Reicht das aus?
Konstantin von Notz: Nein, das reicht nicht aus, und es ist auch wenig glaubwürdig. Man muss einfach sehen: Facebook hat die letzten Jahre massiv und mit aller Lobby-Härte gegen Privatsphäre, gegen mehr Transparenz bei dem Unternehmen gekämpft. Und jetzt kommt man nicht einfach mit einem 'Sorry' davon. Man muss zeigen, dass man verstanden hat und man muss faktisch Dinge ändern. Da habe ich gestern sehr wenig gehört.
Glauben Sie, dass Sie auch eine Chance haben, Mark Zuckerberg zu befragen und was würden Sie ihn dann fragen?
Ich glaube, dass Facebook nicht darum herumkommen wird, hier in Europa - vielleicht auch dem wichtigsten Markt - wirklich zu zeigen, dass man sich den Fragen stellt. Man hatte nie ein Problem, bei den europäischen Datenschutzverordnung Dutzende von Anwälten nach Brüssel zu schicken. Aber jetzt, wo es darum geht, diesen krassen Skandal aufzuklären, da ist es ganz schwierig, nach Europa zu kommen. Das akzeptiere ich überhaupt nicht. Wenn es nach mir geht, sollte auch hier in Deutschland ein Gespräch stattfinden. Aber am Ende des Tages ist die Politik in der Pflicht, zu liefern. Und diese Haltung der Bundesregierung der letzten Jahre: Die Daten sind das Rohöl des 21. Jahrhunderts, und die müssen sprudeln und jede Form der Regulierung ist Gift, das ist alles totaler Quatsch und irre und das sieht man jetzt. Guter Privatsphärenschutz ist Grundlage der Digitalisierung, und wenn die Leute kein Vertrauen in die Technik und die Services haben, dann wird auch die Digitalisierung nicht funktionieren - immer unter der Voraussetzung, dass wir ein Rechtsstaat bleiben. Deswegen: Vor allem ist die Politik in der Pflicht zu liefern, wenn sie vorher mit Mark Zuckerberg reden kann, dann ist das gut, aber dafür nicht zwingend erforderlich.
In der Europäischen Union greift im kommenden Monat ein neues Datenschutzgesetz, dass auch die Sozialen Netzwerke betreffen wird. Soll die Neuregelung gegen Facebook genutzt werden?
Es geht nicht darum, es speziell gegen Facebook zu nutzen. Es geht darum, dass es den Nutzern zugutekommt. Sie haben ein Recht auf Privatsphäre und Würde. Darum geht es doch, wenn wir über den Schutz von Daten sprechen. Und das muss eben auch für Facebook gelten. Wenn zwei Milliarden Menschen weltweit und 30 Millionen in Deutschland Facebook nutzen, dann muss man dieses Unternehmen regulieren und dafür sorgen, dass es für diese Werte auch steht. Die Wahrheit ist doch: Facebook hat viele Jahre gegen Regulierung, Privatsphäre und Transparenz gekämpft. Jetzt müssen sie wirklich zeigen, dass sie verstanden haben und sich bessern. Worte alleine reichen nicht.
Nun haben sie selbst einen Facebook-Account. Sie twittern auch. Bleibt es dabei?
Wir führen die Diskussion seit vielen Jahren. Als ich angefangen habe mit der Digitalpolitik, hat Ilse Aigner ihren Facebook-Account gekündigt - damals als Verbraucherschutzministerin. Wir fanden das eigentlich unverantwortlich, als Politikerin zu sagen: 'Wenn ihr wollt, dass Eure Rechte beachtet werden, dann dürft ihr solche Sachen nicht nutzen.' Wir als Gesetzgeber sind in der Pflicht Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Menschen diese Dinge auch nutzen können. Und deswegen kann man nicht 30 Millionen Deutsche bei Facebook mit der AfD alleine lassen, sondern man muss da eisenhart auch für Transparenz und Datenschutz streiten und dann muss man als Gesetzgeber liefern und da ist die Bundesregierung - auch die neue Große Koalition - verstärkt in der Pflicht.
Konstantin von Notz ist seit 2009 für die Grünen Abgeordneter im Bundestag. Seit 2013 ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender und netzpolitischer Sprecher seiner Partei.