19 Filme konkurrieren in diesem Jahr um den wichtigsten Festivalpreis der Welt. Mit dabei ist auch ein Deutscher. Aus den USA kommt unabhängiges Kino aus kleineren Studios. Und auch andere Sektionen haben viel zu bieten.
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Ausblick: das 70. Filmfestival in Cannes
An der Côte d'Azur trifft sich wieder die Crème de la Crème der internationalen Filmwelt. Im Rennen um die Goldene Palme ist auch ein Deutscher dabei. Doch auch abseits des Wettbewerbs gibt es einige Überraschungen.
Bild: Reuters/E. Gaillard
Aufregung um Festivalplakat
Wenn am Mittwoch (17.5.) das wichtigste Filmfestival der Welt eröffnet wird, dürfte sich die Aufregung um das diesjährige Festival-Plakat gelegt haben. Die Schauspielerin Claudia Cardinale, zu sehen auf einem 60 Jahre alten Foto, war für das Cannes-Motiv nachträglich retuschiert worden. Vor dem Hintergrund der französischen Debatte über Mager-Modells hatte das zu Diskussionen geführt.
Bild: Reuters/E. Gaillard
Französische Eröffnung
Zwei wunderbare französische Schauspielerinnen stehen am Mittwochabend im Mittelpunkt des Eröffnungsfilms: Marion Cotillard und Charlotte Gainsbourg gehören zum prominenten Darsteller-Ensemble in Arnaud Desplechins "Les Fantômes d'Ismaël". Der Film erzählt von einem Mann (Mathieu Amalric), der einer verflossenen Liebe nachtrauert. Er läuft in Cannes außer Konkurrenz.
Bild: Jean-Claude Lother/Why Not Productions
Legendärer Regisseur als Kinoheld
Nach dem Auftakt wird es dann ab Donnerstag ernst. Im Kampf um die Goldene Palme konkurrieren in diesem Jahr 19 Filme. Mit besonderer Spannung wird das neue Werk von Michel Hazanavicius ("The Artist") erwartet. In "Le Redoutable" schildert der Franzose die Beziehung zwischen Regie-Guru Jean-Luc Godard und der Schauspielerin Anne Wiazemsky.
Bild: Les Compagnons du Cinéma - Photo Philippe Aubry
Auch Fatih Akin im Wettbewerb
Nach der vieldiskutierte Teilnahme von "Toni Erdmann" im Wettbewerb des vergangenen Jahres hat es 2017 wieder ein deutscher Regisseur in den erlauchten Kreis der Palmen-Anwärter geschafft. Fatih Akin wird in Cannes seinen Hamburg-Film "Aus dem Nichts" präsentieren. Mit dabei ist auch Weltstar Diane Kruger.
Bild: Festival de Cannes
Michael Haneke erneut dabei
Als erster Regisseur in der Geschichte des Festivals könnte Michael Haneke zum dritten Mal eine Goldene Palme gewinnen. Der neue Film des Österreichers "Happy End" hat ein aktuelles Thema - die Flüchtlingskrise - und eine exquisite Besetzung. Unter anderem sind Isabelle Huppert und Jean-Louis Trintignant dabei.
Bild: Festival de Cannes
Die Palme ist diesmal besonders wertvoll
Da es sich in diesem Jahr um die 70. Ausgabe des Festivals handelt, haben sich die Veranstalter für den Hauptpreis etwas Besonderes ausgedacht. Die Goldene Palme besteht 2017 nicht nur aus 118 Gramm reinem Gold. Sie ist zusätzlich mit 167 Diamanten besetzt - was insgesamt einem Wert von ungefähr 20.000 Euro entsprechen soll.
Bild: Getty Images/AFP/F. Coffrini
Unabhängige Amerikaner
Überraschenderweise ist in diesem Jahr kein Vertreter der großen US-amerikanischen Filmstudios im Wettbewerb vertreten. US-Filme wie das neue Werk von Regisseurin Sofia Coppola wurden von kleineren, unabhängigen Studios produziert. "The Beguiled" ist das Remake eines Westerns von 1971 mit Clint Eastwood.
Bild: Focus Features
Konflikt um Netflix-Produktionen
Heftige Diskussionen haben sich um Produktionen des Streaming-Anbieters "Netflix" entzündet. Netflix hat 2017 gleich zwei Filme im Wettbewerb, u.a. "OKJA" vom Südkoreaner Bon Joon Ho. Das Festival forderte Netflix auf, die Filme auch ins Kino zu bringen, was die Amerikaner ablehnen. Im nächsten Jahr sollen deshalb die Festival-Statuten geändert werden. Im Wettbewerb werden nur Kinofilme laufen.
Bild: Festival de Cannes
Pedro Almodóvar entscheidet
Der Jury des Festivals sitzt in diesem Jahr der spanische Regisseur Pedro Almodóvar vor. Ihm zur Seite stehen vier Frauen und vier Männer, die am Ende den Sieger der Goldenen Palme ausmachen. Mit dabei ist die deutsche Regisseurin Maren Ade, ihr italienischer Kollege Paolo Sorrentino sowie die amerikanische Schauspielerin Jessica Chastain.
Bild: picture-alliance/dpa
Kino aus allen Erdteilen
Doch nicht nur Filme aus Westeuropa, den USA und Asien ringen 2017 um den Hauptpreis beim Festival in Südfrankreich. Cannes zieht die besten Regisseure an - und so darf sich auch der Russe Andrej Swjaginzew Hoffnungen machen. In "Nelyubov" erzählt er die Geschichte einer Trennung und hat, nach eigener Aussage, ein berühmtes Vorbild für seinen neuen Film: Ingmar Bergmans "Szenen einer Ehe".
Bild: Festival de Cannes
Französische Kinokost
Traditionell ist die Präsenz des Kinomutterlandes Frankreich besonders groß beim heimischen Festival in Cannes. Zu den erlesenen Regisseuren, die sich am Wettbewerb beteiligen, gehört auch wieder François Ozon, der seinen neuen Film "L'Amant double" präsentiert, einen Erotikthriller mit Hitchcock-Anspielungen.
Bild: Festival de Cannes
Herausragende Nebenreihen
Die Bezeichnung "Nebenreihe" für die Sektionen abseits des Wettbewerbs ist eigentlich irreführend. Was in Sektionen wie "Un Certain Regard" oder "Quinzaine des Réalisateurs" läuft, würde anderswo ein ganzes Filmfestival schmücken. Für Deutschland ist auch der Film "Western" von Regisseurin Valeska Grisebach nominiert - produziert wurde er von Maren Ades Produktionsfirma "Komplizen".
Bild: Festival de Cannes
Polanski in Cannes
Auch Regie-Legende Roman Polanski kommt dieses Jahr an die Côte d'Azur - im Gepäck hat er seinen neuen Film: Außer Konkurrenz zeigt Polanski zum Abschluss des Festivals "Based on a true Story", einen Psychothriller über Literatur und das Spiel mit Wahrheit und Fiktion.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Bednarczyk
Claude Lanzmanns neuer Film
Auch Claude Lanzmann ist inzwischen eine Regielegende, wenn auch im Bereich des Dokumentarfilms. "Napalm", der neue Film des inzwischen 91-jährigen Regisseurs, blickt auf die Geschichte Nordkoreas - und ist damit einer von vielen politischen Filmen in diesem Jahr in Cannes.
Bild: picture-alliance/akg-images
Cannes blickt zurück
Um Legenden auf dem Regiestuhl und legendäre Filme, die in Cannes Premiere feierten, geht es in der Reihe "Classics". Natürlich beschäftigt man sich im 70sten Jubiläumsjahr besonders mit den großen Festivalerfolgen der letzten Jahrzehnte. Aufgeführt werden, zum Teil in restaurierter Fassung, Cannes-Klassiker wie "Blow up" von Michelangelo Antonioni.
Bild: picture-alliance/maxppp
Nun auch Serien in Cannes
Was andere Festivals schon seit Jahren machen, praktiziert in diesem Jahr auch Cannes: Es zeigt Serien. Das Festival greift hier gleich nach den Sternen und präsentiert die ersten beiden Folgen der Neuauflage von "Twin Peaks". Die neue Staffel von David Lynchs Kultserie startet zeitgleich zur Premiere auf der großen Leinwand in Cannes weltweit beim Anbieter "Showtime".
Bild: picture alliance/Mary Evans Picture Library
Eine neue Cannes-Realität
Schließlich öffnet sich das Filmfestival 2017 auch einer zweiten Neuerung. Ein mehrfacher Oscarpreisträger, Mexikos Starregisseur Alejandro González Iñárritu, präsentiert einen sechsminütigen Virtual-Reality-Film. Wie genau die Vorführung von "Carne y Arena" abläuft, ist noch unklar. Fest steht allerdings das Thema des experimentellen Films: Es geht um Flüchtlinge in Mittel- und Nordamerika.
Bild: Reuters/M. Anzuoni
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Normalerweise lenken beim Festival an der Côte d'Azur jedes Jahr auch mächtige Filmplakate und Werbebanner die Blicke der Filmwelt auf neue Blockbuster aus Hollywood. Das ist in diesem Jahr anders: Die großen Major-Studios, die Cannes auch als Werbeplattform für ihre millionenschweren Großproduktionen nutzen, machen sich 2017 rar. So ist im prestigeträchtigen Wettbewerb um die Goldene Palme in diesem Jahr keine große Studioproduktion dabei.
US-Kino kommt 2017 aus kleineren Studios
Was nicht heißt, dass US-amerikanische Regisseure dem Wettbewerb fernbleiben. Mit Sofia Coppola und Todd Haynes sind zwei der interessantesten nordamerikanischen Filmemacher im Palmen-Rennen vertreten. Außerdem bewerben sich drei weitere US-Produktion um die Preise: "Good Time" von Joshua und Ben Safdie, "The Meyerowitz Stories" von Noah Baumbach und "You Were Never Really Here" von der Schottin Lynne Ramsay.
Sie treten an gegen Filme aus Asien und Europa, wobei der Gastgeber Frankreich wie immer besonders präsent ist (mit acht Produktionen bzw. Co-Produktionen). Aber auch Deutschland kann sich freuen. Nachdem Cannes das Nachbarland jahrelang ignoriert hatte, könnte der letztjährige Triumph von Maren Ades "Toni Erdmann" den Bann gebrochen haben. 2017 wurde Fatih Akin mit "Aus dem Nichts" eingeladen. Und wer gern auf nationale Kategorien schaut, der darf auch den gebürtigen Münchner Michael Haneke auf die deutsche Haben-Seite zählen. Der neue Film des Österreichers, "Happy End", ist eine deutsch-französisch-österreichische Co-Produktion.
Cannes blickt auch in andere Kinoregionen
Spannende Beiträge kommen darüberhinaus aus Russland, Ungarn und Griechenland. Der asiatische Raum ist durch Filme aus Japan und Südkorea vertreten. Wer am Ende die Goldene sowie die Silbernen Palmen mit nach Hause nehmen darf, bestimmt unter anderem Spaniens Starregisseur Pedro Almodóvar als Chef der Jury.
Doch Cannes bietet in diesen Mai-Tagen nicht nur eine erlesene Auswahl von weltweit gefeierten Regisseuren, die sich der Palmen-Konkurrenz stellen. Natürlich wird auch das Star-Aufkommen aller Voraussicht nach wieder exquisit - der Rote Teppich und die um gute Bilder gierenden Fotografen werden überall präsent sein. Zumindest hier macht sich Hollywood nicht rar.
Nicole Kidman wird erwartet, die Schauspielerin ist gleich mit mehreren Filmen dabei. Hollywood-Star Jessica Chastain ist Mitglied der internationalen Jury, ebenso ihr Kollege Will Smith. Angekündigt sind auch Julianne Moore und Jake Gyllenhaal sowie Kristen Stewart, die in den letzten Jahren mit ihrer klugen Rollenauswahl den Sprung zu einer der wandlungsfähigsten Darstellerin des internationalen Films geschafft hat.
Im 70sten Festivaljahr blickt Cannes zurück
1946 hatte das Festival erstmals stattgefunden. Auch weil man in Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg ein Gegengewicht zum Festival in Venedig setzten wollte. Das Festival in der Lagunenstadt war wegen deren Nähe zum Faschismus im Misskredit geraten. Cannes sollte ein Fest der Kultur und des Kinos werden. Der Anfang war noch holprig, gleich zwei Jahrgänge fielen wegen mangelnder Finanzierung aus.
Erst in den 1950er Jahren wurde Cannes zu dem, was es heute noch ist: zum wichtigsten Filmfestival der Welt. Vor allem auch, weil es die Festival-Chefs Jahr für Jahr schafften, die weltweit wichtigsten Regisseurinnen und Regisseure nach Südfrankreich zu locken. Zahlreiche inzwischen zu Klassikern der Filmkunst gereifte Werke wurden hier uraufgeführt, viele mit Goldenen Palmen ausgezeichnet: "Der Dritte Mann" und "Das süße Leben" bekamen hier ebenso einen Hauptpreis wie später Meisterwerke wie "Padre Padrone", "Taxi Driver" oder "Yol - der Weg". Für Deutschland trugen sich Volker Schlöndorff ("Die Blechtrommel") und Wim Wenders ("Paris, Texas") in die Siegerliste ein.
Das letzte Wort hat Pedro Almodóvar
So blickt das Festival im Jahr 2017 auch zurück und lässt in zahlreichen Aufführungen legendäre Cannes-Gewinner auf die Leinwand zurückkehren. Im Mittelpunkt des Geschehens an der Côte d'Azur werden aber natürlich die neuen Filme stehen - und der wie immer mit Spannung erwartete Ausgang im Rennen um die Goldene Palme. Die wird am Abend des 28. Mai dem Sieger aus den Händen von Pedro Almodóvar überreicht werden.