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Ausstellung: Einblick in die Maya-Hochkultur

1. Oktober 2016

Sie waren brillante Architekten und Astronomen. Ihre Prachtbauten locken Touristen aus aller Welt. Doch der Untergang des Maya-Imperiums gibt immer noch viele Rätsel auf. Eine Ausstellung bringt jetzt Licht ins Dunkel.

Mexiko Ruine Maya-Stadt Calakmul
Bild: picture-alliance/dpa/INAH

"Die Hochkultur der Maya war weltweit eine der größten antiken Zivilisationen. Dennoch wurde ihr nie so viel Bedeutung zugemessen wie der ägyptischen oder chinesischen Kultur, weil sie in der neuen Welt zuhause war", sagt Sofia Paredes, Geschäftsführerin der Stiftung "La Ruta Maya". Und dann gerät sie ins Schwärmen: Als hochentwickelte Gesellschaft hätten die Maya riesige Städte erbaut, Wasserleitungen verlegt, Schriftzeichen entwickelt, ein Handelsnetz bis ins heutige Ecuador aufgebaut und sich der schwierigen Umwelt im tropischen Regenwald angepasst. Es ist der Guatemaltekin ein Herzensanliegen, dass diese Hochkultur in ihrer ganzen Pracht weltweit gezeigt wird. Und so freut sie sich sehr über die Ausstellung "Maya - das Rätsel der Königsstädte" in Deutschland. Unter ihrer Obhut wurden viele wertvolle Objekte in das Historische Museum der Pfalz Speyer transportiert, wo die Besucher ab dem 2. Oktober in eine versunkene Welt eintauchen können.

Riesige Städte im Regenwald

Die ersten Spuren der Maya datieren 3000 Jahre zurück, ihre Blütezeit erlebten sie zwischen dem 1. Jahrhundert v. Chr. bis ins 9. Jahrhundert n. Chr. Bis heute weiß niemand genau, warum sie ihre Städte mit bis zu 100.000 Einwohnern aufgaben. Umgeben von Baumriesen und überwuchert von Schlingpflanzen lagen sie als steinerne Zeugen ihrer Zivilisation jahrhundertelang unberührt unter dem Dach des Regenwaldes. Bis die spanischen Kolonisatoren kamen: Angetrieben von Gerüchten über die versunkenen Städte, machten sich Provinzgouverneure, Missionare und Glücksritter mit Eselskarawanen und Macheten auf den beschwerlichen Weg durch den Dschungel - und sie wurden fündig. Allerdings konnten sie sich nicht vorstellen, dass die Vorfahren der Indios derart monumentale Tempel erbaut haben sollten und nahmen stattdessen an, auf Überreste eines Stammes aus dem Volk Israels, der alten Ägypter, der Babylonier oder gar auf Atlantis gestoßen zu sein. Das Interesse erlosch jedoch rasch, nachdem keine Schätze gefunden wurden.

Anpassen an die Umwelt: Rekonstruktion der Maya-Stadt UxulBild: Historisches Museum der Pfalz

Erst mit den Beschreibungen und Skizzen der US-amerikanischen Forschungsreisenden John Lloyd Stephens und des Engländers Frederick Catherwood erwachte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das archäologische Interesse an der Kultur der Maya. Städte wie Copan, Palenque und Uxmal sind heute teilweise ausgegraben, andere liegen noch tief verborgen im Dickicht, wo nur Brüllaffen und Jaguare herumstreifen. Erbauer der Städte und Kleinstaaten, die sich vom heutigen Mexiko über Guatemala, Honduras und Belize bis El Salvador erstrecken, sollen die Gottkönige der alten Maya gewesen sein, so Nicolai Grube, Professor für Altamerikanistik und Ethnologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. In Stein umgesetzt wurden die Baupläne von Kriegsgefangenen und wahrscheinlich auch von Bauern, die Arbeitsdienste leisteten. Eine brillante Technik entwickelten dabei die Konstrukteure zur Wasserversorgung: Von großen Plätzen lief Regenwasser in Kanäle, die wiederum in ein Sammelbecken eingespeist wurden, so Grube.Den international hochgeschätzten Experten, der die Ausstellung in Speyer federführend mitgestaltet hat, interessiert vor allem die Frage: Wie konnten diese Städte überhaupt im Urwald existieren? "Keine andere antike Kultur ist in einer solchen Umwelt entstanden und groß geworden", konstatiert er. "Für uns wirkt der tropische Regenwald erst einmal bedrohlich, für die Maya war er aber eine Schatzkiste, aus der sie sich bedienten."

Nicht nur Sterngucker, sondern auch Krieger

Ohne Herausforderungen ging das allerdings nicht: Denn anders als allgemein angenommen, beruht die scheinbar nie enden wollende üppige Vegetation im Dschungel nicht auf einer guten Bodenqualität. Im Gegenteil: Nur eine dünne Humusschicht bedeckt das Kalkgestein im Regenwald Yucatáns. Deshalb pflanzten die Maya Mais an, eine extrem anspruchslose Pflanze, die auch auf kargem Untergrund gedeiht. 80 Prozent der Nahrungsmittel bestanden aus Mais, was sich auch in der Sprache der Maya widerspiegelt: "Das Wort 'wah' bedeutet gleichzeitig Mais und Essen", erklärt Sofia Paredes. "Außerdem glaubten die Maya, der Huab Ku, der größte aller Götter und Schöpfer des Universums, habe die Menschen aus Maismehl geformt."
Dass man heute viele Details über das Leben Maya weiß, liegt vor allem an der Entschlüsselung ihrer Hieroglyphenschrift Anfang der 1980er-Jahre. "Zuvor glaubte man noch, die Maya seien ein Volk von friedlichen Sternguckern die sich nur für Götter und Astronomie interessierten", erzählt Nicolai Grube. In der Tat beweisen aber zahlreiche Inschriften, dass die Maya sehr wohl kriegerisch gesonnen waren. "Im Maya-Tiefland gab es zwei Großmächte, die Stadt Tikal und den Gegenspieler Calakmul. Beiden scharten im 6. und 7. Jahrhundert eine Vielzahl von Verbündeten und bildeten dann - wie die Supermächte in der Zeit des Kalten Kriegs - Machtblöcke, die gegeneinander kämpften", so Grube.

Nicolai Grube fühlt sich am wohlsten, wenn er im Maya-Land forschen kann. Hier übersetzt er gerade Hieroglyphen im mexikanischen Ausgrabungsort UxulBild: Kai Delvendahl

Untergangsszenarien

Willkommen im Regenwald! Eingangsbereich der Maya-AusstellungBild: Historisches Museum der Pfalz

Ob das der Grund für den Untergang ihrer Kultur war? Es gibt viele Theorien, aber Grube hält diese für sehr wahrscheinlich. "In den kriegerischen Auseinandersetzungen starben viele Menschen, die Infrastruktur und Wasserversorgung brach zusammen, also verließen die Menschen die Städte in Scharen. Hinzu kommt, dass damals wohl eine große Dürre geherrscht haben muss, Knochenfunde zeugen von Mangelernährung und Epidemien."All das und noch viel mehr erfährt man in der Ausstellung "Maya - das Rätsel der Königsstädte". Sofia Paredes ist begeistert: "Schon die Visualisierung des Regenwalds im Eingang! Wir leben mit ihm, aber die Europäer nicht. Ein wunderbarer Einstieg, um die Leute in unser Land zu entführen."

Respekt vor den Ahnen und der Natur

Sofia Paredes packt vorsichtig eine Jade-Maske aus, eines von 250 Exponaten der AusstellungBild: Historisches Museum der Pfalz/Carolin Breckle

Die Guatemaltekin ist dankbar, dass ausländische Forscher die Maya-Forschung tatkräftig unterstützen. "Nach dem Gesetz gehört das prähistorische Erbe dem Staat, aber es wird nicht so gut geschützt wie in anderen Ländern", sagt sie. Der Staat gebe die Lizenzen zu Ausgrabungen, aber die Finanzierung laufe dann über ausländische Universitäten und private Forscher. Selbst die Sicherung des Geländes müssten diese selbst bezahlen. Deswegen arbeitet Paredes mit ihrer Stiftung "Ruta del Maya" unermüdlich daran, dass das Erbe der Maya-Kultur aus archäologischer Sicht besser wertgeschätzt wird - auch von den rund sechs Millionen Maya selbst.
 Denn manche der Nachfahren verkaufen Artefakte an Touristen und Sammler, andere benutzen antike Steine, um ihre Häuser zu reparieren oder Straßen auszubessern. Eine dritte Gruppe huldigt den Relikten der Ahnen und legt sie auf Altäre von Göttern, die schon vor Jahrhunderten angebetet wurden. "Chaac, lass es regen", bitten die Bauern. "Rette unsere Ernte."

Man kann von den Maya den Umgang mit der Natur lernen, so Nicolai Grube. Und das möchte er auch gern den Besuchern der Ausstellung mit auf den Weg geben. Denn die Maya glauben, dass man der Natur nicht mehr entnehmen darf, als man tatsächlich benötigt und müsse dann dafür Opfergaben und Respekt zurückgeben - ansonsten hätte man im Leben mit üblen Folgen zu rechnen. Für diesen Einklang von Mensch und Natur gibt es sogar ein eigenes Wort: "K'ex".

Die Ausstellung "Maya - das Rätsel der Königsstädte" läuft vom 2. Oktober 2016 bis zum 23. April 2017 im Historischen Museum der Pfalz Speyer.

 

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