Im November 1976 tritt DDR-Liedermacher Wolf Biermann in Köln auf: 13 Jahre vor dem Mauerfall löst sein Auftritt eine Lawine aus. Eine Geschichte, die erklärt, warum autoritäre Staaten Künstler fürchten.
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"Der Stacheldraht wächst langsam ein, tief in die Haut, in Brust und Bein, ins Hirn, in graue Zelln", singt der Mann mit Schnauzbart und blau-weiß gestreiftem Hemd, sich selbst auf der Gitarre begleitend. "Umgürtet mit dem Drahtverband ist unser Land ein Inselland, umbrandet von bleiernen Welln."
Der Liedermacher heißt Wolf Biermann und er singt von seinem Deutschland, der DDR. An diesem 13. November 1976, mitten im Kalten Krieg, gibt es zwei deutsche Staaten: im Westen die Bundesrepublik, im Osten die DDR. Der Auftritt in der Kölner Sporthalle ist Biermanns erstes offizielles Konzert nach einem elf Jahre währenden Auftrittsverbot. In der DDR darf er seine frechen und staatskritischen Lieder nicht singen. Doch für diese Konzertreise hat die Staatsführung ihn in den Westen fahren lassen.
Musik gegen ein "System von Politbürokraten"
In den Liedern, wie der oben zitierten "Ballade vom preußischen Ikarus", nimmt er kein Blatt vor den Mund, kritisiert das ostdeutsche "Herrschaftssystem der Politbürokraten", das seine Bürger hinter Mauer und Stacheldraht einsperrt und auf "Republikflüchtlinge" an der Grenze schießt. Biermann selbst, der sich als kritischen Kommunisten sieht, wird vom Stasi (Staatssicherheit) genannten DDR-Geheimdienst als Staatsfeind betrachtet und seit Jahren überwacht und bespitzelt.
Das westdeutsche Publikum feiert Biermann mit stehenden Ovationen. "In der einen Hand die Gitarre, in der anderen den roten Nelkenstrauß, ließ ich mich feiern nach viereinhalb Stunden Singerei vor 7000 hinreißend lebendigen Menschen", erinnert er sich rückblickend an diese Glücksmomente.
"Aus, alles aus! Leben vorbei."
Drei Tage später. Wolf Biermann hat am Vorabend mit Freunden seinen 40. Geburtstag gefeiert. Nun sitzt er im Auto Richtung Bochum, wo er ein zweites Konzert geben soll. Im Radio laufen Nachrichten: "Die zuständigen Behörden der DDR haben Wolf Biermann, der 1953 aus Hamburg in die DDR übersiedelte, das Recht auf weiteren Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik entzogen."
Wolf Biermann ist schockiert: "Ich war wie in die Tonne getreten. Mir wurde elend vor Angst, dunkel vor Augen", schreibt er später in seiner Autobiografie über diesen Moment, “Aus! Alles aus! Leben vorbei.“ Denn anders als die "Republikflüchtlinge“ möchte Biermann ja überhaupt nicht raus aus der DDR, möchte sie mitgestalten, deshalb ist er ja als 16-jähriger übergesiedelt. Er will seine "solidarische Kritik an der DDR unverblümt singen und sagen". Das ist jetzt vorbei. Jahre später, als Biermann seine Stasi-Akten einsehen kann, wird ihm klar, dass seine Ausbürgerung offenbar schon lange geplant war. Die DDR-Führung hatte nur noch auf eine passende Gelegenheit gewartet.
Die Ausbürgerung Biermanns löst eine Lawine von Protesten aus. Wenige Tage später veröffentlichen zwölf prominente DDR-Autorinnen und Autoren, unter ihnen Christa Wolf, Stephan Hermlin, Sarah Kirsch und Stefan Heym, einen offenen Brief an die DDR-Staatsführung: "Wolf Biermann war und ist ein unbequemer Dichter", heißt es darin unter anderem. "Unser sozialistischer Staat müsste eine solche Unbequemlichkeit gelassen nachdenkend ertragen können." Der Brief schließt mit einem Appell: "Wir protestieren gegen seine Ausbürgerung und bitten darum, die beschlossene Maßnahme zu überdenken."
Denn es ist eine äußerst extreme Maßnahme. Auch der Politikwissenschaftler Jochen Staadt, damals Student an der Freien Universität Berlin, hat das Biermann-Konzert im Fernsehen gesehen. "Das ist schon ein starkes Stück, dass das möglich ist, dass er da auftritt", hat er damals gedacht, wie er sich im DW-Gespräch erinnert. "Aber was dann passiert ist, konnte ich mir nicht vorstellen. Denn die Ausbürgerung von Menschen, die dem Regime widersprachen, war ja eine Praxis der Nationalsozialisten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die DDR diese Sanktion gegen einen der Ihren, der sich damals als Kommunist verstand, verhängt."
Ein kultureller Exodus
Den zwölf ersten Unterzeichnern schließen sich Hunderte weitere an. Die DDR-Führung reagiert mit Härte auf die Petition, setzt Künstler und Intellektuelle unter Druck, erteilt Berufsverbote, entlässt Künstler aus dem Staatsdienst. Einige der Unterzeichner distanzieren sich später von der Petition, aber es ist zu spät: Ein kultureller Exodus beginnt.
In den folgenden Monaten und Jahren verlassen zahlreiche Künstler und Intellektuelle die DDR, darunter Jurek Becker, Sarah Kirsch, Reiner Kunze, Manfred Krug, Nina Hagen und Günter Kunert. Es sind - wie Biermann - Menschen, die eigentlich gar nicht weg wollten, die die DDR nicht abschaffen, sondern zu einem besseren Staat machen wollten.
Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Nach seinem Konzert im November 1976 in Köln wird Liedermacher Wolf Biermann aus der DDR ausgebürgert. Eine Protestwelle folgt. Viele weitere Künstler müssen oder wollen die DDR verlassen.
Bild: picture-alliance/dpa
Protest, Haft und Abschiebung nach West-Berlin
Die Liedermacher Christian Kunert, Gerulf Pannach und Wolf Biermann mit dem Schriftsteller Jürgen Fuchs im August 1977 in West-Berlin. Wolf Biermann ist seit November 1976 im Westen. Nach einem Konzert in Köln hat ihn die DDR-Führung ausgebürgert. Dagegen protestieren u.a. auch die drei anderen Männer. Sie werden verhaftet, ebenfalls ausgebürgert und nach West-Berlin ausgewiesen.
Bild: picture-alliance/dpa
Prozess und fristlose Entlassung: Eva-Maria Hagen
Die auch als "Brigitte Bardot des Ostens" bekannte Schauspielerin Eva-Maria Hagen war von 1965 bis 1972 Wolf Biermanns Lebensgefährtin. Auch nach der Trennung unterstützt sie ihn und protestiert gegen seine Ausbürgerung. Sie wird fristlos aus ihrem Engagement entlassen und 1977 ebenfalls ausgebürgert. Zusammen mit ihrer Tochter Nina siedelt sie in die Bundesrepublik über.
Bild: picture-alliance/dpa/Schilling
Punk-Rock im Westen statt Schauspiel im Osten: Nina Hagen
Eigentlich wollte Nina Hagen in der DDR Schauspielerin werden, doch der Antrag auf Zulassung zur Schauspielschule wurde ohne Begründung abgelehnt. Sie gilt den DDR-Machthabern als politisch unzuverlässig. 1978, ein Jahr nach ihrer Übersiedelung in den Westen, erscheint die LP "Nina Hagen Band" - ein feministischer Klassiker des deutschen Punk-Rock.
Bild: DW/S. Spröer
Mit "Liebling Kreuzberg" im Westen erfolgreich: Jurek Becker
Jurek Becker, Schriftsteller und Drehbuchautor, protestiert ebenfalls gegen Biermanns Ausbürgerung. Der Autor des Romans "Jakob der Lügner" wird aus der SED ausgeschlossen und siedelt 1977 in die Bundesrepublik über. Im Westen wird er mit seinen Drehbüchern zur erfolgreichen TV-Serie "Liebling Kreuzberg" landesweit bekannt. Hauptdarsteller in der Serie: Manfred Krug, ebenfalls aus der DDR.
Bild: Imago/United Archives
Ausreise wegen Berufsverbot: Manfred Krug
Manfred Krug zog 1949, als 12-jähriger, mit seinem Vater aus Duisburg in die DDR. Erst lernt er Stahlschmelzer, dann Schauspieler. Im Film "Spur der Steine" spielt er einen aufrührerischen Brigade-Leiter - der Film wird prompt aus den Kinos genommen. 1976 erhält Krug nach dem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung Teilberufsverbot. Er stellt einen Ausreiseantrag, der 1977 genehmigt wird.
Bild: picture alliance / United Archives
Protest gegen russische Panzer in Prag: Bettina Wegner
Die Berliner Liedermacherin Bettina Wegner war schon vor ihrem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung mit der Staatsmacht in Konflikt geraten: Sie saß wegen "staatsfeindlicher Hetze" in Untersuchungshaft, nachdem sie gegen den Einmarsch russischer Panzer in Prag 1968 protestiert hatte. Wegen ihrer Unterstützung für Biermann bekommt sie in der DDR Berufsverbot und übersiedelt 1983 in den Westen.
Keine "wunderbaren Jahre" in der DDR: Reiner Kunze
1976 wird Reiner Kunzes Prosa-Band "Die wunderbaren Jahre" in der Bundesrepublik veröffentlicht. Der DDR-Schriftsteller und Übersetzer übt darin scharfe Kritik am SED-Staat. Kunze wird aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen, ihm droht Gefängnis. Seinem Ausreiseantrag wird stattgegeben, 1977 zieht er mit seiner Familie in die Bundesrepublik.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Scheidemann
Ausreise nach Ausschluss aus Partei und Verband: Sarah Kirsch
Die Schriftstellerin und Lyrikerin Sarah Kirsch gehört zu den ersten Unterzeichnern des Appels gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Auch sie wird aus der SED, der "Sozialistischen Einheits-Partei" und dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Weil das praktisch Berufsverbot bedeutet, verlässt auch sie mit ihrem Sohn 1977 die DDR.
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb
Star im Osten wie im Westen: Armin Müller-Stahl
In der TV-Reihe "Das unsichtbare Visier" spielt Armin Müller-Stahl einen DDR-James Bond. Doch nach seinem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung kommen kaum noch Rollenangebote. 1980 wird sein Ausreiseantrag genehmigt, er zieht nach West-Berlin. Und wird zu einem der wenigen Stars, die im Osten und Westen Deutschlands und sogar in Hollywood Erfolg haben.
Bild: picture-alliance/dpa
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"BIERMANN"-Graffiti auf der Autobahn
Doch nicht nur Prominente protestieren. Vielerorts werden DDR-Bürger aktiv, verteilen Flugblätter und organisieren Protestaktionen. Unbekannte pinseln in fetten Buchstaben alle paar Kilometer den Schriftzug “BIERMANN“ mitten auf die Autobahn zwischen Berlin und Leipzig. Penibel registriert die Stasi im Bürokratendeutsch diese "feindlich-negativen, provokatorisch-demonstrativen und anderen politisch-operativ bedeutsamen Handlungen, die von Bürgern der DDR im Zusammenhang mit der Aberkennung der Staatsbürgerschaft von Biermann begangen wurden". Insgesamt listet die Akte mehrere Tausend Vorkommnisse, Aktionen und Flugblätter auf.
Für die DDR-Staatsführung geht der Schuss nach hinten los: Wolf Biermanns Ausbürgerung macht seine verbotenen Lieder erst richtig bekannt. Denn das Kölner Konzert wird im Westfernsehen, das viele Menschen in der DDR heimlich schauen, mehrmals wiederholt. Biermanns Lieder werden auf Kassetten aufgenommen und unter der Hand im Freundeskreis verteilt.
Der Beginn einer Bürgeropposition
"Keine DDR konnte kippen, weil sie irgendeinen Mann mit Gitarre ins deutsch-deutsche Exil jagt", analysiert Wolf Biermann seine Rolle rückblickend im Buch "Die Ausbürgerung" (Hrsg. Fritz Pleitgen). "Was Deutschland damals erschüttert hat, am meisten die DDR selbst, war der Protest gegen diese Ausbürgerung. Damit hatte auch im Osten kein ausgebuffter Machtapparatler rechnen können, denn dafür gab es keine Erfahrungen."
Die Proteste sind "der Beginn einer Bürgeropposition, die sich über die Jahre ausgeweitet hat", sagt auch Jochen Staadt, Politologe und Mitglied des Forschungsverbundes SED. "Leute haben den Fall Biermann zum Anlass genommen, zu sagen: Ihr habt Biermann ausgewiesen - ich will auch raus." Und davon gibt es immer mehr: Bis Mitte 1989 liegen zwischen 100.000 und 150.000 Ausreiseanträge vor.
Mauerfall: Der "Drahtverband" ist endlich weg
Am 9. November 1989 fällt die Berliner Mauer. Ermöglicht durch die Reformen des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, der den anderen Ostblock-Staaten schließlich Eigenständigkeit zugesichert hat, führen die Massenflucht in den Westen und der Druck der friedlichen Demonstrationen zum Zusammenbruch des SED-Regimes in der DDR.
Drei Wochen später, am 1. Dezember 1989, gibt Wolf Biermann in Leipzig sein erstes Konzert in der DDR - nach 25 Jahren Auftrittsverbot und 13 Jahre nach seiner Ausbürgerung. Auch dieses Mal singt er die "Ballade vom preußischen Ikarus". Aber jetzt endlich ist die DDR kein "vom Drahtverband umgürtetes Inselland" mehr. Die Grenzen sind offen. Um an den 30. Jahrestag des Mauerfalls und des Tiananmen-Massakers zu erinnern, fand am 4. November im Hamburger Thalia Theater eine Lesung mit Musik mit Wolf Biermann und seiner Frau Pamela sowie den chinesischen Dissidenten Liao Yiwu, Lang Dan und Peigen Wang statt.
Wolf Biermann und sein wildbewegtes Leben
In der DDR war Wolf Biermann eine Gallionsfigur der Aufmüpfigen. Ausgebürgert und heimatlos musste er in der BRD nochmal von vorne anfangen.
Bild: picture-alliance/dpa
Der ewige Mahner
Die Schatten seiner biografischen Lebensgeschichte haben sein Denken und Handeln stark geprägt: der Mutter zuliebe, eine überzeugte Kommunistin, geht Wolf Biermann mit 16 weg aus seiner Heimatstadt Hamburg - in ein Schulinternat in der DDR. Er legt sich schnell mit der Obrigkeit an, das behält er bei. "Ich bin immer ein bisschen zu weit gegangen", sagt er später von sich selbst.
Bild: Janine Schmitz/photothek/picture alliance
"Schnauze-halten-Müssen"
Regimegegner in der DDR müssen mit Berufsverbot, Bespitzelung und Hausarrest rechnen. Der Kernphysiker Robert Havemann (hier 1972 in seiner Ostberliner Wohnung) gehört zu den führenden Köpfen der Protestbewegung. Die Stasi überwacht jeden seiner Schritte, Interviews können nur unter konspirativen Bedingungen stattfinden. Biermann gehört zur Familie, mit Tochter Sibylle Havemann hat er einen Sohn.
Bild: picture-alliance/dpa
Genossen und Künstlerfreunde
Die Situation der Oppositionellen in der DDR spitzt sich Mitte der 1970er zu. Immer mehr Künstler stellen Ausreiseanträge, die meisten werden abgelehnt. Die Stasi verhaftet die Liedermacher Christian Kunert (li) und Gerulf Pannach (2.v.li) und auch den Schriftsteller Jürgen Fuchs (re). Im August 1977 werden die Freunde von Biermann aus dem Gefängnis entlassen und in den Westen abgeschoben.
Bild: picture-alliance/dpa
Legendäres Kölner Konzert
In der ausverkauften Kölner Sporthalle gibt der Ost-Berliner Liedermacher am 13. November 1976 sein erstes Konzert auf einer bundesdeutschen Bühne. Nur 1965 ist er mal "drüben" engagiert gewesen. In der DDR hat er seit Jahren Auftrittsverbot: seine kritischen Töne gegen das "Herrschaftssystem der Politbürokraten" ist der SED-Führung ein Dorn im Auge. In Köln wird er von den Fans hymnisch gefeiert.
Bild: picture-alliance/dpa
Soldarisches Netzwerk
Nach seiner Ausbürgerung durch die DDR-Behörden im November 1976 ist Wolf Biermann heimat- und staatenlos. Der befreundete Schriftsteller Günter Wallraff nimmt ihn erstmal in seiner Kölner Wohnung auf und gibt ihm Asyl. Alles ist auf einmal neu, alles in Frage gestellt. Draußen vor der Tür warten nicht mehr die Stasispitzel, sondern Reporter der "Bild"-Zeitung. Eine harte Zeit für Biermann.
Bild: picture-alliance/dpa
Prominente Sympathisanten
DDR-Schauspieler wie Armin Mueller-Stahl (Foto von 1982) und Manfred Krug, die in der DDR ihre Privilegien genossen, unterschreiben im November 1976 eine Petition an das SED-Politbüro: "Wir protestieren gegen die Ausbürgerung und bitten darum, die beschlossene Maßnahme zu überdenken." Honeckers Antwort: Berufs- und Auftrittsverbot für die Unterzeichner. Die meisten gehen daraufhin in den Westen.
Bild: Keystone/picture alliance
Die Stasi überwacht alles
Freunde und Bekannte, Schriftsteller, Journalisten und Künstler-Kollegen - jeder, der mit Biermann Kontakt hat, wird in der DDR von der Stasi überwacht. Die Künstlerin Gabriele Stötzer (2.v.l., hier auf einem Stasi-Foto) wird "wegen Staatsverleumdung" zu einem Jahr Haft verurteilt, weil sie Unterschriften gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann gesammelt hat.
Bild: BStU
Der Politbarde
Auch im Westen mischt sich Biermann gern in die politischen Verhältnisse ein. Als Künstler nimmt er kein Blatt vor den Mund. Aus Protest gegen die Abschiebung eines türkischen Regimegegners sperrt er sich 1983 mit den prominenten Grünen Petra Kelly und Lukas Beckmann (Bild: Mitte) in einen Käfig vor dem Bonner Kanzleramt ein. Die Polizei versucht die Demo zu räumen, Biermann wird verhaftet.
Bild: picture-alliance/dpa/E. Steiner
Wildes Familienleben
Eva-Maria Hagen gehört zu den populärsten Schauspielerinnen und Filmstars der DDR. Als sie 1965 den Politbarden Wolf Biermann kennen lernt, bricht ihre Karriere abrupt ab, Stasi-Überwachung und Auftrittsverbote sind die Folge. 1977 entschließt sie sich zur Flucht und folgt ihrem Lebensgefährten in den Westen - zusammen mit Tochter Nina Hagen (re) - hier bei einem "Familientreffen" 1988.
Bild: picture-alliance/dpa
Jüdische Herzenssache
Seine jüdischen Wurzeln thematisiert Biermann anfangs nur selten. Sein Vater - Jude, Kommunist und Werftarbeiter - wurde im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Nur in seinen Liedern lässt Wolf Biermann das anklingen. Mit dem jüdischen Theaterregisseur George Tabori, dem er hier 2004 zu seinem 90. Geburtstag im Berliner Ensemble gratuliert, verband ihn eine innige Herzensfreundschaft.
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb/M. Rittershaus
Unverhoffter Ehrenbürger
Es ist ihm, nach eigener Aussage, eher fremd, aber als der ehemalige DDR-Regimekritiker Wolf Biermann 2007 die Ehrenbürgerwürde der wiedervereinigten Stadt Berlin verliehen bekommt, kann er die Rührung darüber nicht verbergen. Neben ihm der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. 2008 wird Biermann noch der Ehrendoktor der Berliner Humboldt-Universität verliehen.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm
Internationale Solidarität
Biermann setzt sich bis heute für verfolgte und unterdrückte Regimekritiker aus aller Welt ein. Mit dem Exilautor Liao Yiwu, einem der bekanntesten Dichter Chinas, der viele Jahre im Gefängnis saß, geht Biermann 2010/11 auf gemeinsame Konzertreise. Vergangenen Monat solidarisiert er sich mit der inhaftierten belarussischen Oppositionellen Maria Kolesnikowa und gibt seinen Ovid-Preis an sie weiter.
Bild: IMAGO
Troubadur deutsch-deutscher Zerrissenheit
Ein historischer Moment: In der Gedenkstunde zu "25 Jahre Mauerfall" tritt Wolf Biermann am 07.11.2014 im Deutschen Bundestag auf. Mit wenigen Sätzen nutzt er dies zu einer persönlichen Abrechnung: Endlich könne er "den werten Genossen" von der Linkspartei die Leviten lesen - vor laufenden Fernsehkameras. Bundestagspräsident Lammert muss ihn zur Ordnung rufen, er sei nur zum Singen eingeladen.
Bild: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images
Drachentöter mit Gitarrenschwert
Das Lied, das Biermann im Parlament vorträgt, hatte sich Norbert Lammert (CDU) persönlich gewünscht. Es gehört zu den bekanntesten Stücken Biermanns: "Du lass dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit..." Der Ordnungsruf des Bundestagspräsidenten hält ihn nicht von seiner bissigen Polemik ("Die Reste der Drachenbrut...") ab. Von niemandem lasse er sich nochmal das Wort verbieten.