Meistermaler Lucas Cranach der Jüngere wird gefeiert
Stefan Kaempf4. Oktober 2015
Er ist einer der bedeutendsten Maler der deutschen Renaissance. Lucas Cranach der Jüngere entwickelte weiter, was sein Vater aufgebaut hatte: eine der produktivsten Malerwerkstätten im Zeitalter der Reformation.
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Vor 500 Jahren geboren: Renaissance-Maler Lucas Cranach der Jüngere
Lucas Cranach der Jüngere, Sohn des Hofmalers Lucas Cranach des Älteren, ist einer der bedeutendsten Maler der Renaissance. Er setzte fort, was sein Vater aufgebaut hatte: eine der produktivsten Malerwerkstätte Europas.
Bild: picture-alliance/ZB
Die Marke Cranach
Mehr als 5000 Werke entstehen in der Cranach-Werkstatt zur Zeit der Renaissance: Altarwerke, allegorische Gemälde und lebendige Porträts großer Persönlichkeiten. Die spezielle Signatur auf den Bildern ist das Markenzeichen von Vater und Sohn: eine gekrönte und geflügelte Schlange mit Ring im Maul.
Gemälde großer Reformatoren
Schon damals gehören die Cranachs zu den berühmtesten Malern der deutschen Renaissance. Im Hause Cranach sind Geistesgrößen, Fürsten und Könige zu Gast. Selbstverständlich auch die bedeutendsten Köpfe der Reformation, Martin Luther und Philipp Melanchthon. Hier der Ausschnitt einer Darstellung des alten Melanchthon.
Bild: gemeinfrei
Qualitätskunst aus Wittenberg
Das Werkstattwappen der Cranachs markiert das beste Haus am Platze. Zu seinem 500. Geburtstag tritt Lucas Cranach der Jüngere aus dem Schatten seines gleichnamigen Vaters. Beide zählen zu den erfolgreichsten Malern des 16. Jahrhunderts, arbeiten für die sächsischen Kurfürsten, sind berühmt für ihre Porträts, machen ihren Freund Martin Luther und seine Reformation unsterblich.
Bild: Insa Christiane Hennen
Äpfel in Öl
In der Zeit des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit malen die Cranachs nicht nur die Reformation. Sie stellen den Menschen bildhaft und damit eindrücklich biblische Kernthemen vor Augen - hier im Jahr 1549 den Sündenfall. Miniaturhafte Gestaltung der Szene, die lichtdurchdrungene Landschaft, niedriger Horizont, ein getupfter Farbauftrag - alles Stilmerkmale des jungen Cranach.
Bild: The Museum of Fine Arts, Houston
Menschen im Blick
Sohn Lucas lernt in der Werkstatt des Vaters nicht nur das Malen. Er ist überaus talentiert und wird bald seine rechte Hand. 1550 übernimmt er die Werkstatt. Auch seine malerische Sicht der Dinge entwickelt sich weiter. Er wendet sich in der Darstellung mehr den Menschen zu. Hier die Taufe von Jesus im Jordan, umringt von der Familie des bedeutenden Weggefährten Luthers, Johannes Bugenhagen.
Bild: Ev. Stadtkirche St. Marien Wittenberg
Auferstehung mit Gästen
Ein weiteres Epitaph (Gedenkbild) zeigt Christus, der aus dem geschlossenen Grab aufersteht. Kreuzesfahne und glühend roter Morgenhimmel symbolisieren zusätzlich seinen Sieg über den Tod. Der Leipziger Bürgermeister Leonard Badehorn stiftet das Gemälde im Gedenken an seine verstorbene Frau. Also stellt Cranach die Stifterfamilie in die Szene hinein - vielleicht als besondere Verheißung.
Bild: Museum der bildenden Künste Leipzig
Werbung für die Reformation
Die Welt im Umfeld der Cranachs beginnt, sich in eine katholische und eine evangelische aufzuteilen. Beim Geschäft nehmen Vater und Sohn nie Rücksicht auf die Konfession, haben evangelische wie katholische Auftraggeber. Das behält der jüngere Cranach bei: Er wirbt malend für den neuen evangelischen Glauben. Das zeigt eindrücklich das Bild "Reformatoren und Papisten im Weinberg des Herrn".
Bild: Evangelische Stadtkirche St. Marien Wittenberg/Fokus/KSKK
Schwarz-Weiß-Malerei in Farbe
Das von Jesus erzählte Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ist im Neuen Testament dokumentiert. Der Weinberg ist Synonym für das Reich Gottes. In der malerischen Umsetzung Cranachs verwüsten die Papisten diesen Weinberg, während die Reformatoren ihn vorbildlich pflegen: Schwarz-Weiß-Malerei in Zeiten harter religiöser Konfrontation.
Bild: Evangelische Stadtkirche St. Marien Wittenberg/Fokus/KSKK
Brillante Skizzen
Auch der jüngere Cranach schwingt keineswegs allein den Pinsel. Bis zu 36 Lehrlinge helfen ihm. Gemalt wird auch mit Schablonen. Es zählt Effektivität. So fertigt Lucas Junior Tuscheskizzen von der Fürstenfamilie an. Nach diesen Vorbildern kann er deren Physiognomie jederzeit in die unterschiedlichsten Sujets malen. Hier ein Porträt von Philipp I., Herzog von Pommern-Wolgast.
Bild: Musée des Beaux-Arts Reims
Schauen und probieren
Außerdem werden Fürstenporträts bei Lucas Cranach d. J. als Geschenk nachbestellt und beispielsweise posthum gemalt. Dazu braucht die Werkstatt einen Vorgabefundus von Zeichnungen und Tuscheporträts. Wenn Neues entstehen soll, werden Studien gezeichnet. Einige dieser Studien von Köpfen und Händen in unterschiedlichen Zuständen und Perspektiven werden tatsächlich später für Gemälde verwendet.
Bild: Staatsgalerie Stuttgart
Abendmahl mit Reformatoren
Bilder der Reformatoren sind auch in der Ära von Lucas Cranach d. J. weiterhin gefragt. Während sein Vater nur Einzelporträts erstellt, bringt sein Sohn die Reformatoren als Jünger Jesu oder menschliche Familie in Gruppenbildnissen zusammen. Ein Beispiel dafür ist das imposante "Abendmahl der Reformatoren". Es zeigt auf fast fünf Quadratmetern wichtige Mitstreiter Luthers.
Bild: Kirchengemeinde St. Johannis und St. Amarien
Wie der junge Cranach aussah
Außerdem lüftet das "Abendmahl der Reformatoren" ein Geheimnis: Wenn man ganz genau hinschaut, sieht man rechts unten im Bild die einzige verbürgte Selbstdarstellung von Lucas Cranach dem Jüngeren. Er hat sich als eine Art Mundschenk in die Szene hinein gemalt: bescheiden, nur als Randfigur.
Bild: picture alliance / akg-images
Sex sells
Neben den zahlreichen kirchlichen Motiven kann Lucas Cranach der Jüngere weiterhin Portraits und Genrebilder vermarkten. Damit setzt er die vom Vater begründete Tradition der beliebten humanistischen Bildthemen fort. Auch das zeigt einen beginnenden Zeitenwandel an, der sich von der künstlerischen Darstellung religiöser Motive löst. Die Quellnymphe ist nur ein Beispiel dafür.
Bild: Nationalmuseum Oslo
Cranach der Jüngere wird gefeiert
Mit gleich vier Ausstellungen feiert Sachsen-Anhalt, das Ursprungsland der Reformation, den Maler Lucas Cranach den Jüngeren. Es ist die weltweit erste Gesamtschau zu Leben und Wirken des Meisters - an originalen Schauplätzen, wie der Cranachhof in Wittenberg. Auch dieser Originalschauplatz beherbergt bis zum 1. November eine Ausstellung ihm zu Ehren.
Bild: picture-alliance/ZB
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Wittenberg, Geburtsort der Reformation und Hauptwirkungsort des Reformators Martin Luther. 2017 wird die Stadt wegen des 500. Jahrestages dieses epochalen Ereignisses im Mittelpunkt weltweiten Interesses stehen. Schon in diesem Jahr läuft sich die knapp 50.000 Einwohner zählende Stadt gewissermaßen warm für dieses Ereignis – mit dem vermutlich größten Kunstereignis des Jahres in Deutschland. 2015 feiert die Lutherstadt ihren berühmtesten Sohn und nennt sich in diesem Jahr selbstbewusst Cranach City. Nicht nur Martin Luther, auch die Cranachs haben Wittenberg weltberühmt gemacht. Beide, Vater und Sohn, gehören schon damals zu den berühmtesten Malern der deutschen Renaissance.
Maler der Reformation
Es ist die Zeit des ausgehenden Mittelalters und der Beginn der Neuzeit. Die Cranachs malen die Reformation. Ihre Porträts von Martin Luther prägen bis heute unser Bild vom Kirchenerneuerer. Zunächst war es Lucas Cranach der Ältere, den alle kannten und bewunderten. Nach 500 Jahren wird nun Lucas Cranach der Jüngere aus dessen Schatten geholt. "In gewisser Weise war es immer sein Pech, dass er denselben Namen hat, wie sein berühmter Vater", so Stefan Rhein, Direktor der Luthergedenkstätten in Sachsen Anhalt und Verantwortlicher der Cranach Schau. Cranach der Jüngere wurde am 4. Oktober 1515 in Wittenberg geboren.
Markenname Cranach
Lange galt der Name Cranach als Synonym für die eine Marke Cranach. Über 5000 Werke sind in der Cranach Werkstatt entstanden. Vater, Sohn oder Werkstatt - was Kunsthistoriker Händescheidung nennen ist bei den Cranachwerken besonders kniffelig. Viele Bilder konnten erst vor kurzem und Dank modernster Untersuchungsmethoden neu zu geordnet werden. Umso glücklicher sind die Ausstellungsmacher, die weltweit erste Werkschau des jüngeren Cranach präsentieren zu können. In Wittenberg werden gleich in vier Ausstellungen Exponate und Leihgaben aus aller Welt gezeigt. Drei davon starteten am 26. Juni und werden bis zum 1. November zu sehen sein.
Der Übervater
Lucas Cranach führte bereits eine florierende Malwerkstatt in der Residenzstadt Wittenberg, als 1515 sein gleichnamiger Sohn geboren wird. Der Vater ist Hofmaler für Kurfürst Friedrich den Weisen von Sachsen, einem der mächtigsten Fürsten im damaligen Heiligen Römischen Reich. Für den kunstsinnigen Dienstherren gestaltet er Kirchen und Schlösser mit Gemälden aus. Daneben ist er erfolgreicher Geschäftsmann. Der lukrative Handel mit Druckgrafiken, eine Apotheke und eine Weinhandlung machen den Ratsherrn und späteren Bürgermeister zum reichsten Bürger der Stadt.
Der Sohn Lucas wächst im besten Haus am Platz auf, Schlossstraße 1. Hier treffen sich die Ratsoberen und Universitätsprofessoren, Fürsten und Könige sind zu Besuch. Cranachs Malwerkstatt ist eine der produktivsten in ganz Europa. Er ist enger Freund und Trauzeuge Martin Luthers. Sohn Lucas lernt in der Werkstatt des Vaters, wird bald seine rechte Hand. 1550 übernimmt er die Werkstatt. Er führt die Geschäfte des Vaters weiter, als der seinem Fürsten später nach Weimar folgt. Er setzt vor allem dessen zentrales Werk fort, die Bildnisse der Reformation.
Die Cranach Werkstatt
Bis zu 36 Lehrlinge sind in der Cranachwerkstatt beschäftigt. Gemälde und Druckgrafiken werden wie am Fließband produziert und zu Geld gemacht. Lucas der Jüngere wächst in diesen Betrieb hinein. Er hat Talent, er lernt neben der Maltechnik, die Werkstatt zu führen und Handel zu treiben. Dabei haben die Cranachs einen völlig neuen Markt erschlossen, das Bürgertum. Gemalt wird schnell, mit Schablonen und im Format von vorgefertigten Rahmen. Wer sich keine Ölbilder leisten kann kauft die günstigeren Druckgrafiken.Die wurden seriell hergestellt. Es zählte Effektivität. So hatte Lucas d. J. von den Mitgliedern der Fürstenfamilie Tuscheskizzen angefertigt. Nach diesen Vorbildern konnte er deren Physiognomie in die unterschiedlichsten Sujets malen. 13 solcher Tuscheporträts sind dieses Jahr in Wittenberg zum ersten Mal in Europa in einer Ausstellung zu sehen. Allein für diese Tuschestudien lohne sich ein Besuch der Ausstellung in Wittenberg, so der Verantwortlicher der Cranach Schau, Stefan Rhein.
Neue Zeiten
Als Martin Luther am 31 Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche nagelt, ist der kleine Lucas Cranach gerade zwei Jahre alt und ganz Europa rein katholisch. Er wird Zeuge, Teilhaber und Akteur einer sich grundlegend verändernden Welt. Die Reformation wandelt nicht nur die Kirche, sondern viele gesellschaftliche Bereiche, auch die Kunst und die Auffassung vom Bild. "Während in der katholischen Kirche das Bild des Göttlichen und des Heiligen als verehrungswürdig angesehen wurde, war die Stellung der Reformatoren zu den Bildern weitaus kritischer. Sie sprachen ihnen nur einen didaktischen und keinen kultischen Zweck zu", schreibt Stefan Rhein in seiner Biographie über Lucas Cranach den Jüngeren. Und so beginnt sich die Welt im Umfeld der Cranachs in eine katholische und eine evangelische aufzuteilen.
Propaganda in Öl und Druck
Beim Geschäft haben die Cranachs nie Rücksicht auf die Konfession genommen, sie hatten evangelische wie katholische Auftraggeber. Allerdings war der Protestantismus noch jung und der jüngere Cranach malte quasi die Propaganda für den neuen Glauben fort. Bilder der Reformatoren waren weiterhin gefragt. Anders als sein Vater, der nur Einzelporträts erstellte, brachte der Sohn die Reformatoren als Jünger Jesus oder menschliche Familie in Gruppenbildnissen zusammen. So wie auf einem der wohl berühmtesten Bilder des jungen Cranach überhaupt, dem Altarbild in der Wittenberger Stadtkirche. Es ist das Schlüsselbild des Protestantismus. Hinzu kommen die Illustrationen der Lutherbibel, der ersten in deutscher Sprache mit Breitenwirkung.