Vor Netanjahu-Treffen: Geisel-Familien appellieren an Trump
29. September 2025
Angehörige der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln haben sich mit einem eindringlichen Appell an US-Präsident Donald Trump gewandt. Kurz vor dem Treffen Trumps mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu im Weißen Haus an diesem Montag übermittelte das Forum der Geisel-Familien einen Brief.
"Herr Präsident, wir brauchen Sie. 48 unserer Liebsten - unsere Väter, Geschwister, Kinder - brauchen Sie", heißt es darin. Nach israelischen Erkenntnissen sind derzeit noch 20 Geiseln am Leben.
In dem Schreiben verweisen die Familien auf Trumps jüngste Äußerungen zu einem möglichen Abkommen: "Wir haben am Freitag von Ihnen erfahren, dass es die Möglichkeit eines Abkommens gibt, diesen Krieg endlich zu beenden. Wir beten, dass dieses Abkommen zustande kommt und diese Tortur bald ein Ende findet."
Angehörige werfen Netanjahu "Sabotage" vor
Die Angehörigen kritisieren in ihrem Brief auch die Kriegsführung der israelischen Regierung: "Ihr doppelter Fokus - den Krieg zu beenden und alle 48 Geiseln nach Hause zu bringen - steht in starkem Kontrast zu der ausgeweiteten Kriegsführung, die Israel derzeit betreibt." Die Angehörigen danken dem US-Präsidenten ausdrücklich dafür, "mutig an seiner Überzeugung festzuhalten". Sie seien überzeugt, dass nur Trump die "Stärke habe, dieses Abkommen über die Ziellinie zu bringen".
Das Forum warnt zugleich, mögliche Störungen dürften den Fortschritt nicht gefährden. In der Vergangenheit hatten die Familien Premierminister Netanjahu wiederholt vorgeworfen, die indirekten Gespräche mit der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas über eine Waffenruhe und die Geisel-Freilassung zu "sabotieren".
Trumps 21-Punkte-Plan
Nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff präsentierte Trump vor wenigen Tagen bei einem Treffen mit arabischen Vertretern einen umfassenden 21-Punkte-Plan für den Nahen Osten. Er sieht eine sofortige Freilassung der verbliebenen Geiseln im Austausch gegen Hunderte palästinensische Gefangene vor. Parallel dazu soll sich die israelische Armee aus dem Gazastreifen zurückziehen.
Die islamistische Hamas, die von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird, soll künftig keine Rolle mehr bei der Verwaltung des Gebiets am Mittelmeer spielen. Eine Übergangsregierung aus palästinensischen Technokraten, überwacht von einem internationalen Gremium, soll die Verantwortung übernehmen. Nach britischen Medienberichten könnte der frühere Premierminister Tony Blair eine Schlüsselrolle dabei spielen.
Langfristig enthält der Trump-Plan die Perspektive auf einen eigenen palästinensischen Staat. Voraussetzung sei ein Reformprogramm der Palästinensischen Autonomiebehörde im israelisch besetzten Westjordanland, damit diese später auch im Gazastreifen eine solche Funktion übernehmen könne. Netanjahu lehnt diese Punkte bislang entschieden ab.
Wie wird Netanjahu reagieren?
Trump deutete am Sonntag einen Durchbruch an: Es bestehe eine "echte Chance auf etwas Großartiges im Nahen Osten", erklärte er auf seiner Online-Plattform Truth Social. Bereits am Freitag hatte er gesagt: "Ich denke, wir haben einen Deal."
Netanjahu zeigte sich in den vergangenen Tagen ambivalent. Während er in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung am Freitag in New York betonte, den Kampf gegen die Hamas unerbittlich fortzusetzen, sagte er später dem US-Sender Fox News: "Ich hoffe, wir können es schaffen, denn wir wollen unsere Geiseln befreien." Zugleich bekräftigte er das Ziel, die Hamas zu entwaffnen, den Gazastreifen zu entmilitarisieren und "eine neue Zukunft für die Bewohner des Gazastreifens und Israelis" zu ermöglichen.
Der Krieg im Gazastreifen wurde am 7. Oktober 2023 durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel ausgelöst. Nach israelischen Angaben wurden 1219 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln verschleppt.
Israel reagierte mit massiven Militäroperationen im Gazastreifen. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden seitdem mehr als 66.000 Palästinenser getötet. Die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen halten die Zahl für glaubwürdig.
pgr/se/wa (afp, dpa, rtr, ap)
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