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Politik

Die Nervosität in der SPD-Führung steigt

19. Januar 2018

Die SPD-Befürworter von Verhandlungen mit der Union trommeln bis zuletzt für eine große Koalition. Parteichef Martin Schulz warnt vor einem Fiasko für die Sozialdemokratie im Falle von Neuwahlen zum Bundestag.

Deutschland PK Sondierungsgespräche in Berlin Schulz
Martin Schulz, SPD-Chef Bild: Getty Images/AFP/J. Macdougall

"Aus Verantwortung für Deutschland, Europa und die SPD": 40 SPD-Politiker aller Parteiflügel und -Generationen werben in einem gemeinsamen Appell nachdrücklich für eine Neuauflage der großen Koalition (kurz: GroKo) unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zu den Unterzeichnern zählen auch die ehemaligen Juso-Vorsitzenden Niels Annen und Björn Böhning. Zwei Tage vor dem SPD-Sonderparteitag in Bonn warnen die Befürworter von Koalitionsverhandlungen vor schwerwiegenden Folgen eines "Neins".  

"Wie absurd wäre das denn?"

Der Parteivorsitzende Martin Schulz beschwor die Mitglieder, nicht auf Neuwahlen zu hoffen, die es bei einer Ablehnung rasch geben werde. Alle Parteien, denen keine Regierungsbildung gelungen sei, würden dann abgestraft, sagte Schulz in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Zudem müsse die SPD mit einem Programm in den Wahlkampf ziehen, das in großen Teilen mit dem Sondierungsergebnis identisch sei. Schulz wörtlich: "Wie absurd wäre das denn?"  

Die "GroKo"-Kritiker in der SPD verweisen allerdings darauf, dass zentrale Forderungen wie die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und eine Bürgerversicherung im Gesundheitswesen im Sondierungsergebnis völlig fehlen. Auch Schulz selbst zeigte im "Spiegel" wenig Hoffnung, in Koalitionsverhandlungen noch entscheidende Änderungen an der Sondierungsvereinbarung mit der Union durchsetzen zu können.

Tag der Entscheidung 

Der Sonderparteitag berät am Sonntag über die Empfehlung der Parteiführung, in Koalitionsverhandlungen einzusteigen. Der Ausgang der Abstimmung ist angesichts großer Vorbehalte gegen eine erneute große Koalition ungewiss. Insbesondere die Jusos machen Front gegen eine Neuauflage des Bündnisses und sehen gute Chancen, dass ihre Position eine Mehrheit findet. Viele Landesverbände geben in dieser Frage derzeit ein Bild der Zerrissenheit ab.

Wenn die SPD jetzt Nein sagt

01:45

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Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner kündigte für den Fall einer erneuten großen Koalition eine härtere Gangart der Sozialdemokraten an. Stegner bezog sich auf die bereits im Koalitionsvertrag von 2013 vorgesehene Lebensleistungsrente sowie das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, die nie realisiert wurden.

"Diese Form von Vertragsbruch werden wir uns nicht noch einmal gefallen lassen", sagte er "Focus Online". Zugleich unterstrich Stegner, die SPD habe "wichtige Erfolge" in den Sondierungen erzielt.

"Oppositionsromantik"

Ähnlich äußerte sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer im ZDF. Man müsse aber über alle Themenfelder noch einmal sprechen. So gebe es außer der Bürgerversicherung noch andere Ansatzpunkte, um das Gesundheitssystem gerechter zu machen.

Zugleich widersprach Dreyer Kritikern einer Neuauflage der "GroKo", die eine Erneuerung der SPD in der Opposition für zwingend halten. "Oppositionsromantik ist auch keine Lösung", sagte sie dem "Spiegel". Erneuerung sei aus ihrer Sicht auch als Teil einer Regierung möglich. 

Eine Szene aus glücklicheren Tagen: Malu Dreyer (l.) mit Parteichef Martin Schulz Bild: picture alliance/dpa/A. Arnold

DGB fürchtet "Chaos"

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund stellte sich erneut hinter das Sondierungsergebnis. DGB-Chef Reiner Hoffmann sprach von einer guten Grundlage für Verhandlungen. Falls der SPD-Parteitag Koalitionsverhandlungen ablehne, drohe Chaos. 

Nach EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kam auch vom EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici großes Lob für das Sondierungsergebnis. Der französische Sozialist bat die deutschen Genossen um ein klares Ja zur großen Koalition. "Europa schaut auf Euch und zählt auf Euch", sagte er der Zeitung "Rheinische Post".

SC/kle (rtr, afp, dpa)

 

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