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Vor zehn Jahren starb Michael Jackson

25. Juni 2019

Der "King of Pop" ist tot. Vor zehn Jahren schockierte diese Nachricht Michael-Jackson-Fans auf der ganzen Welt. Sein Werk wird unvergessen bleiben, seine Person ist umstrittener denn je.

US-Popstar Michael Jackson | 1997
Bild: imago/Camera4/Jim

Den 25. Juni 2009 werden viele Musikfans wohl immer in Erinnerung behalten: Der plötzliche Tod des Sängers erschütterte - nicht nur - Michael-Jackson-Fans weltweit.

Dabei war das Image des kindlichen Superstars in den Monaten - eher Jahren - vor seinem Tod erheblich gebröckelt: Seine immer groteskeren "Schönheitsoperationen", seine eigenwillige Art, mit teils bekannten, teils geheimnisvollen Frauen Nachwuchs zu zeugen, seine auffällige Nähe zu Kindern. Die innovativen Musikproduktionen hatten ebenfalls längst nachgelassen. Aber Michael Jackson war noch nicht fertig mit seiner Karriere und setzte noch einmal zu einem großen Projekt an: "This Is It" sollte seine letzte große Show werden, die er 50 Mal in London aufführen wollte. Doch dann erlag er plötzlich einer Überdosis Medikamente. Die Fassungslosigkeit über Jacksons überraschenden Tod drängte die Misstöne zunächst in den Hintergrund.

Meilenstein in der Videoclip-Geschichte

Ohne Zweifel hat Michael Jackson zu Lebzeiten den Titel "King of Pop" verdient. Seine fruchtbarste Zeit war die Zusammenarbeit mit dem Musikproduzenten Quincy Jones, mit dem die wegweisenden Alben "Off the Wall" (1979), "Thriller" (1982) und "Bad" (1987) entstanden.

Die Hits aus den beiden letzteren Alben wurden zu den erfolgreichsten und innovativsten Musikvideos aller Zeiten: Regisseur John Landis (u.a. "Blues Brothers" und "American Werewolf") hat mit dem Videoclip zu "Thriller" einen eigenständigen 13-minütigen Kurzfilm gedreht: Michael himself sitzt mit seiner Freundin im Kinosessel und schaut sich einen Horrorfilm an, in dem der Hauptdarsteller Michael Jackson zum Werwolf wird. Seiner Freundin ist das zu viel, die beiden verlassen das Kino. Auf dem Heimweg singt Michael ihr "Thriller" vor. Der Weg führt sie über einen Friedhof. Zombies erwachen und verfolgen die beiden, während Michael sich ebenfalls in einen Zombie verwandelt.

Das Mädchen flüchtet und erwacht plötzlich aus einem Albtraum, der "echte" Michael beruhigt sie. Dann dreht er sich um und schaut mit gelben Zombieaugen grinsend in die Kamera. Die Story ist aber nicht das, was den Clip so unvergessen gemacht hat. Es ist die ikonische Tanzszene der Zombies: Die Choreographie, die Kostüme, die Kameraführung - mit einer halben Million US-Dollar war "Thriller" der teuerste und aufwendigste Videoclip, der bis dahin gedreht worden war. Das i-Tüpfelchen setzte Horror-Darsteller Vincent Price mit seiner Stimme und dem bösen Lachen.

Morphing wird salonfähig

John Landis wurde für den Song "Black or White" vom Album "Dangerous" (1991) noch einmal engagiert. Der Regisseur brachte den damaligen Kinderstar Macaulay Culkin ("Kevin - Allein zu Haus") ins Spiel: In seinem Kinderzimmer lässt er ihn laute Rockmusik hören - bis der Vater sich beschwert. Daraufhin rollt der Kleine eine überdimensionale Gitarrenanlage ins Wohnzimmer, schlägt einen lauten verzerrten Powerchord an, der den Vater durch die Decke in die afrikanische Steppe befördert. Und dann beginnt der Song: Michael Jackson tanzt mit Afrikanern, Mongolen, Indern, Russen, Indianern durch verschiedene Welten - am Ende werden Morphing-Sequenzen eingeblendet, in denen sich Menschen aus allen Ethnien ineinander verwandeln. Die Aussage ist klar: Alle Menschen sind gleich, egal welche Hautfarbe sie haben.

Ob Moonwalk, Zombietanz oder "schräger" Gangster: Jacksons Tanzszenen waren sensationellBild: picture-alliance/dpa/Keystone

Nach dem Lied geht der Film weiter. Ein Panther verlässt das Filmstudio und verwandelt sich in einer dunklen Seitenstraße in Michael Jackson. Der beginnt einen zerstörerischen und lasziven Tanz. Zwischen seinen spektakulären Schritten und Bewegungen fasst er sich immer wieder in den Schritt, zerschlägt schreiend Fensterscheiben und knüppelt auf Autos ein. Der vierminütige Teil des Videos wurde in den USA nicht ausgestrahlt. Dabei wollte Jackson nur die Triebe einer Raubkatze darstellen und sich gegen Rassismus wenden. Nachträglich wurden dann auch Nazi- und KKK-Symbole ins Video eingefügt, die von Jackson während des "Panther Dance" zerstört wurden.

Schwere Vorwürfe wegen Kindesmissbrauchs

Trotz zahlreicher Skandale schien der Thron des "King of Pop" auch nach seinem Tod unumstößlich zu sein. Doch die Dokumentation "Leaving Neverland" des britischen Regisseurs Dan Reed, die 2019 erschien, wirft einen großen Schatten auf die Person Michael Jackson. Immer wieder wurde "Jacko" noch zu Lebzeiten Kindesmissbrauch vorgeworfen. In "Leaving Neverland" erzählen Wade Robson und James Safechuck, wie der Sänger sie als Minderjährige auf seiner "Neverland"-Ranch immer wieder missbraucht habe. "Er sagte, wenn jemand herausfinden würde, was wir taten, kämen wir beide für den Rest unseres Lebens ins Gefängnis", sagt Robson in dem vierstündigen Film.

2005 verteidigte Wade Robson den "King of Pop" noch vor Gericht. Jetzt erhebt er schwere VorwürfeBild: Getty Images/C. Allegri

Wade Robson und James Safechuck hatten bereits 2013 Vorwürfe gegen den 2009 verstorbenen Jackson erhoben. Als sich der Sänger 2005 wegen Kindesmissbrauchs und neun weiteren Anklagepunkten vor Gericht verantworten musste, war Robson allerdings noch als Entlastungszeuge aufgetreten und hatte angegeben, dass sich Jackson nie unangemessen verhalten habe. Jackson war daraufhin freigesprochen worden.

Immer wieder wurde in US-Medien berichtet, Michael Jackson habe an die Familien zahlreicher mutmaßlicher Missbrauchsopfer Schweigegeld in Millionenhöhe gezahlt. Fans des Popstars argumentieren dagegen, die Familien hätten das große Geld gewittert und nur deshalb die Vorwürfe erhoben.

Darf man seine Musik noch hören?

Nach der Ausstrahlung von "Leaving Neverland" hatten zahlreiche Radiosender weltweit entschieden, Songs von Michael Jackson aus dem Programm zu nehmen. Unter dem Hashtag #MuteMichaelJackson riefen Kritiker auf Twitter dazu auf, keine Songs des Sängers mehr zu hören. Im Gespräch mit der DW nannte die Philosophin und Ethik-Professorin Maria-Sibylla Lotter diese Reaktionen "erschreckend" und plädierte dafür, die Kunst von der Persönlichkeit des Künstlers getrennt zu betrachten.

Skulptur des amerikanischen Künstlers Paul McCarthy in der Bundeskunsthalle Bonn: Kann man Werk und Künstler trennen? Bild: Getty Images/A. Rentz

Dem stimmte auch Rein Wolfs, Intendant der Bonner Bundeskunsthalle, zu. Im Vorfeld der aktuellen Ausstellung "Michael Jackson: On the Wall" hatte es Diskussionen um den Umgang mit dem "King of Pop" gegeben. Er halte es für einen Fehler, Werke aufgrund von privaten Verfehlungen der Künstler aus dem kulturellen Kanon zu werfen, so Wolfs gegenüber der DW. "Man muss die Problematik kontextualisieren und die Verbindung von Kunst und Person diskutieren."

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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