Winterkorn steuert weiter VW
17. April 2015"Das Präsidium legt großen Wert darauf, dass Herr Professor Dr. Winterkorn seine Funktion als Vorsitzender des Vorstands auch weiterhin so aktiv und erfolgreich wie bisher verfolgt und hat hierbei die uneingeschränkte Unterstützung des Gremiums." Das Präsidium werde dem Aufsichtsrat vorschlagen, Winterkorns Vertrag in seiner Februar-Sitzung nächstes Jahr zu verlängern. Der Kontrakt des Managers läuft Ende 2016 aus.
Das teilte Europas größter Autobauer am Freitag am VW-Firmensitz in Wolfsburg mit und verwies auf eine Entscheidung des Aufsichtsrats-Präsidiums. Der sechsköpfige Kern des Aufsichtsrats war am Donnerstag zu einem Krisentreffen in Salzburg zusammengekommen.
Zu der auf diese Art beendeten Führungskrise war es gekommen, nachdem Aufsichtsrats-Chef und Firmen-Patriarch Ferdinand Piëch (78) dem VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn öffentlich das Vertrauen entzogen hatte. Dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte Piëch vor einer Woche gesagt: "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn." Nun äußerte sich die engste VW-Führung zum ersten Mal in dem Machtkampf - und stellte sich hinter den Vorstandschef.
Ein Alleingang nach Gutsherrenart
Direkt nach der Veröffentlichung von Piëchs Demontageversuch am Vorstandsvorsitzenden - und designierten Piëch-Nachfolger im Aufsichtsrat - hatten sich einige Aufsichtsräte hinter Winterkorn gestellt. Darunter waren der Konzern-Betriebsratschef Bernd Osterloh und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), die beide dem Aufsichtsgremium angehören. Öffentliche Unterstützung für den Alleingang des Patriarchen hatte es dagegen nicht gegeben.
Mit der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat und den zwei Vertretern des VW-Großaktionärs Niedersachsen auf der Kapitalseite hatte sich nach der Piëch-Kritik eine Allianz zu Winterkorn bekannt. Der Sprecher des Porsche-Familienzweigs, Wolfgang Porsche, hatte Piëchs Äußerungen als "Privatmeinung" bezeichnet. Die Familien Porsche und Piëch halten die Stimmenmehrheit an Volkswagen.
Piëch - allein auf weiter Flur
Entsprechend findet das gestrige Votum "pro Winterkorn" auch ein positives Echo: "Martin Winterkorn ist einer der fähigsten Manager der Automobilbranche - der Richtige, das VW-Lenkrad weiter in Richtung Zukunft einzuschlagen", erklärte beispielsweise Peter Mosch am Freitag. Mosch ist der Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei der Volkswagen-Tochter Audi.
Auch Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück kritisierte das Gezerre um eine mögliche Nachfolge von Martin Winterkorn. Die vergangenen Tage seien "eine Art Déjà-vu-Erlebnis" gewesen, sagte Hück und spielte damit auf die quälende Übernahmeschlacht zwischen VW und Porsche in den Jahren 2008 und 2009 an. "Wir haben uns an 2009 zurück erinnert gefühlt", sagte Hück am Freitag. "Das war nicht gut für die Belegschaft und das Unternehmen."
Diese Ansicht teilt der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. "Die Diskussionen der vergangenen Woche waren nicht gut für Volkswagen", sagte er am Freitag in Köln und fügte hinzu:. "Ich glaube, mit dem gestrigen Beschluss ist diese Diskussion nun beendet."
Fünf von sechs Mitgliedern im sechsköpfigen Präsidium des Aufsichtsrats hätten sich für den Konzernchef ausgesprochen und damit gegen Piëch gestellt, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. "Das ist offenkundig eine klare Niederlage für Herrn Piëch ", sagte eine weitere Person.
Vieles bleibt ungeklärt
Zwar ist Martin Winterkorn offenbar als Sieger aus dem aktuellen Machtkampf hervorgegangen. Offen bleibt aber, bis wann sein Vertrag verlängert werden soll. Ebenso unklar ist es, wie es an der Spitze des Aufsichtsrats weitergehen könnte. Winterkorn galt bis zu der Piëch-Kritik als gesetzter Nachfolger des VW-Patriarchen als Chefkontrolleur. Piëchs Mandat als oberster Kontrolleur läuft noch zwei Jahre.
Aus Sicht des Auto-Experten Stefan Bratzel hängt nun vieles davon ab, wie sich der Aufsichtsratsvorsitzende künftig zum Vorstandschef positioniert: "Interessant wird sein, ob Piëch sich positiv zu Winterkorn äußert."
Für den Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer ist "die Schlacht bei VW nicht vorbei." Die geplante Verlängerung sei nur ein "Etappensieg" für Winterkorn und ein Signal, "um zunächst einmal wieder Ruhe in den Konzern zu bringen." Wie es mittelfristig weitergehe, müsse sich erst zeigen. "Noch ist ja kein Vertrag unterzeichnet", sagte Dudenhöffer. "Piëch wird sich das bis dahin weiter genau angucken." Winterkorn sei noch immer angezählt und stehe unter genauester Beobachtung.
Dem Kurs der VW-Aktie hat die vorläufige Beilegung des Machtkampfes gut getan. Das Papier lag mit 237,35 Euro nur knapp im Minus, während alle anderen Dax-Werte deutlich nachgaben. "Jetzt kann man hoffen, dass Ruhe im Konzern einkehrt", urteilte NordLB-Analyst Frank Schwope. "VW braucht einen starken Vorstandschef und keine Übergangslösung. Sonst wird es schwierig, Maßnahmen wie die geplanten Kosteneinsparungen durchzusetzen", sagte Commerzbank-Analyst Daniel Schwarz.
dk/hb (afp/rtr/dpa)