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Vorsicht mit der Internetsucht!

Silke Wünsch25. April 2013

Es gibt einsame Menschen, die ihre sozialen Kontakte gegen Tastatur und Monitor eintauschen. Die nennt man onlinesüchtig. Es gibt aber noch die anderen, die das Internet als natürlichen Lebensraum betrachten.

Illustration - Ein junger Mann sitzt an einem PC und spielt ein Computerspiel Foto: Peter Steffen dpa/lni
Bild: picture-alliance/ dpa

Wenn ich das mal realistisch überschlage, bin ich täglich durchschnittlich zehn Stunden im Netz. Damit bin ich nicht alleine. Alle meine Kollegen nutzen das Internet. Recherche, Nachrichten checken. Mails an Autoren, Redakteure, Chefs, Kollegen. News-Portale, Wikipedia. Facebook zur Kontaktpflege, Twitter für die ganz Fixen. Unterwegs die Email-App auf dem Smartphone – ständige Erreichbarkeit. Journalisten könnten ohne Netz gar nicht mehr arbeiten.

Nähme man es uns weg, nähme man uns die Informationen, die wir für unsere tägliche Arbeit im dritten Jahrtausend brauchen.

Weg vom Fenster

Meine Tochter ist täglich durchschnittlich zwölf Stunden online. Auch sie recherchiert und sammelt Informationen für ihre Studienfächer. Sie ist auf Facebook aktiv, ihr iPhone ist stets auf Empfang. Gruppenchats, Verabredungen, Diskussionen. Alles leicht und schnell, unkompliziert ohne lange Telefonketten und umständliche Absprachen. Ohne ihr Smartphone wäre sie außen vor.

Nähme man es ihr weg, nähme man ihr die Kommunikationsmöglichkeit, die unter Freunden im dritten Jahrtausend nicht mehr wegzudenken ist.

Buchsucht

Niemand hat je einen Bücherwurm, der in der Woche drei dicke Historienschinken verschlingt, während er die Welt um sich herum vergisst, als buchsüchtig bezeichnet. Genau so wenig sind wir internetsüchtig, wenn wir täglich viele Stunden vor Monitoren und Displays verbringen.

Bild: ullstein bild

Ja, es gibt sie, diese einsamen, unglücklichen Menschen, die zu Hause vorm Bildschirm hocken und nichts mehr um sich herum wahrnehmen. Auf der Suche nach spannenden Chats, nach Onlinespielen, nach anonymem Kontakt und digitalem Kick. Ja, diese Menschen sind sicher süchtig. Wer nervös ist, weil er zwei Stunden nicht auf Facebook nachgucken kann, was es Neues gibt, der ist sicher gefährdet. Wer im Urlaub nicht abschalten kann und ständig auf sein Blackberry schielt, dem sollte man das Gerät wegnehmen.

Fortschrittsglaube ist gesund

Niemand bestreitet, dass wir uns jetzt, im dritten Jahrtausend, vom Internet abhängig gemacht haben. Und das auch noch mit dem größten Vergnügen! So ist und war das doch mit jeder neuen Technologie. Seit Urzeiten haben wir uns abhängig gemacht von den Früchten des menschlichen Erfindungsgeistes.

Niemand wollte noch zu Fuß gehen, nachdem das Rad erfunden wurde. Niemand wollte noch handschriftliche Kopien anfertigen, nachdem Gutenberg die Druckerpresse erfunden hatte. Und niemand wollte noch mit Postkutschen herumfahren, während die Welt mit Eisenbahnschienen überzogen wurde.

Entzugserscheinungen

Bevor ich umständlich Landkarten und Telefonbücher aus verstaubten Regalen zerre, gucke ich doch lieber mal schnell im Netz nach. Wenn ich mich mit vielen Freunden spontan zum Grillen verabreden will, poste ich es auf Facebook – da sind die anderen nämlich auch alle. Ich finde das Internet nützlich, genial - eine großartige Erfindung. Doch süchtig bin ich nicht. Wenn das Netz mal kaputt geht, kann ich immer noch ein verstaubtes Lexikon aus dem Regal ziehen, ohne dass ich Entzugserscheinungen bekomme.

Silke Wünsch ist Redakteurin der Seite "Digitales Leben". Eines Tages wurde sie gefragt, ob sie diese Seite gerne betreuen möchte. Sie sagte: "Nun, ich bin bei Facebook und liebe hübsche Computer aus Cupertino, warum eigentlich nicht?" Und schon hatte sie den Job. Nachdem DW-Netzkolumnist Marcus Bösch seine letzte Digitaliät an dieser Stelle abgelegt hat, ist sie nun in die Rolle des Internet(volk)studierers und Zeitgeistkommentators geschlüpft.

Bild: DW / Christel Becker-Rau
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