1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Vorwürfe auch gegen Briten

10. Mai 2004

Der Skandal um die Misshandlung irakischer Gefangener bringt nach der US-Regierung nun die britische Führung in Bedrängnis. Immer neue Details werden bekannt - auch darüber, wer seit wann Bescheid gewusst haben soll.

Abu-Ghoreib-Gefängnis in Bagdad: Hier wurde wahrscheinlich gefoltertBild: AP

"Wir entschuldigen uns zutiefst bei allen, die von unseren Soldaten misshandelt worden sind", sagte Blair am Sonntagabend (9.5.) im französischen Fernsehsender France 3. Die Misshandlungen seien "vollkommen inakzeptabel". Die Verantwortlichen würden gemäß der Disziplinarvorschriften der Armee bestraft. Das Fehlverhalten entspreche nicht dem Verhalten der Mehrheit der britischen Soldaten, fügte Blair hinzu.

Seit wann weiß London Bescheid?

Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon wies am Montag (10.5.) bei einer Anhörung vor dem Unterhaus in London Vorwürfe zurück, wonach die Regierung Informationen über mögliche Misshandlungen verschwiegen habe. Hoon versprach eine lückenlose Aufklärung. Er stand dem Parlament Rede und Antwort zu Vorwürfen, die Regierung Blair habe bereits seit Februar durch einen Bericht des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) Informationen über Übergriffe britischer Soldaten erhalten. Der Minister sagte das Kabinett habe erst "vor sehr kurzer Zeit" Kenntnis von dem Bericht enthalten.

Hoon zweifelte gleichzeitig die Echtheit von Fotos über Misshandlungen durch britische Soldaten an, die der "Daily Mirror" kürzlich veröffentlicht hatte. Dennoch würden auch diese Anschuldigungen untersucht. Ebenso werde auch Berichten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International nachgegangen. Amnesty hatte mitgeteilt, sie habe die Regierung bereits vor einem Jahr über mögliche Misshandlungen bis hin zu Tötungen seitens britischer Truppen im Irak informiert.

Seit wann weiß die US-Regierung Bescheid?

Ranghohe US-Regierungsverteter wussten offenbar schon seit Januar von den Vorfällen. Nach einem Bericht des Fernseh-Magazins "Spiegel TV" waren US-Außenminister Colin Powell, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz seit Januar über die Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten im Gefängnis Abu Ghraib informiert. Sie seien von dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, bei einem Treffen in Washington persönlich auf die Missstände hingewiesen worden, sagte IKRK-Sprecherin Nada Dumani.

Was ist vorgefallen?

Unterdessen kamen weitere Details an die Öffentlichkeit. Das US-Magazin "New Yorker" veröffentlichte ein bislang unbekanntes Foto eines nackten und verängstigten irakischen Gefangenen, der von zwei Schäferhunden in Schach gehalten wird. Die US-Zeitschrift "Time" zitierte mehrere irakische Ex-Gefangene, die von Misshandlungen im Gefängnis Abu Ghraib berichten. Einer von ihnen erkannte sich auf mehreren Missbrauchsfotos wieder. Der US-Soldat Jeremy Sivits soll wegen Gefangenenmisshandlung am 19. Mai öffentlich vor ein Kriegsgericht in Bagdad gestellt werden. Ihm drohe die unehrenhafte Entlassung aus der Armee, sagte US-Armeesprecher Mark Kimmitt am Sonntag.

Ein ehemaliger Offizier der britischen Armee-Spezialeinheit Special Boat Squadron (SBS) hatte die bekannt gewordenen Misshandlungen am Wochenende als "systematisch" bezeichnet. Die von britischen und US-Soldaten angewandten Techniken entsprächen weitgehend einer Vorgehensweise, die bei der SBS und der Schwestereinheit SAS gelehrt werde, sagte er dem "Guardian". Zu den Methoden gehörten sexuelle Misshandlungen, systematischer Schlafentzug, der Verlust des Zeitgefühls, der Entzug von Wärme, Essen und Getränken sowie die persönliche Entwürdigung. (arn/sams)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen