VW stellt Ostdeutsche gleich
12. Mai 2021Bis 2027 soll die wöchentliche Arbeitszeit der rund 10.000 Mitarbeiter an den Standorten in den "neuen" Bundesländern von gegenwärtig 38 Stunden schrittweise an die im VW-Haustarif geltende 35-Stunden-Woche angepasst werden, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Bislang gilt für sie der Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie. Die bisher eigenständige VW Sachsen GmbH mit den Werken in Chemnitz, Dresden und Zwickau wird in die Volkswagen AG überführt.
VW begründet den Schritt damit, dass das Fahrzeugwerk in Zwickau, wo die Elektroautos der ID-Familie vom Band laufen, in das Produktionsnetzwerk der Marke VW Pkw eingepasst werden soll. Das Motorenwerk in Chemnitz werde an die Komponentensparte angebunden. Von beidem verspricht sich der Autobauer Kostenvorteile.
Daneben sollen die Beschäftigten sukzessive auch bei der betrieblichen Altersversorgung und den Urlaubs- und Jubiläumsregelungen gleichgestellt werden. Die Löhne und Gehälter sollen sich durch die Senkung der Wochenarbeitszeit nicht verändern. Der jüngst vereinbarte Tarifabschluss wurde für die VW Sachsen GmbH übernommen. Damit steigen die Monatsentgelte auch dort zum 1. Januar um 2,3 Prozent. Insgesamt gilt der VW-Haustarif damit künftig für insgesamt rund 140.000 Beschäftigte.
Ein überfälliger Schritt
Volkswagen holt seine drei sächsischen Standorte Zwickau, Chemnitz und Dresden in den kommenden Jahren unter das Dach der VW AG. Die rund 10 000 Beschäftigten des größten Autobauers Europas in Ostdeutschland waren bislang in der eigenständigen Tochter Volkswagen Sachsen GmbH beschäftigt. Die Verschmelzung mit der aus Wolfsburg gesteuerten AG soll 2027 vollzogen sein, die Sachsen GmbH dann aufgelöst werden.
Kernmarken-Chef Ralf Brandstätter erklärte, die Mehrkosten infolge kürzerer Arbeitszeiten würden durch "standortbezogene Kompensationsmaßnahmen" aufgefangen. Nähere Details wurden zunächst nicht genannt - gleichzeitig solle die Produktivität aber noch einmal um fast ein Drittel steigen. Die Rede ist von "Flexibilisierung beim Mitarbeitereinsatz, Neuausrichtung der Fertigungsorganisation sowie konsequenten Kostensenkungen durch Synergien mit den Strukturen und Prozessen der Volkswagen AG".
Der sächsische Betriebsratschef Jens Rothe, der 2022 auch als erster Vertreter der ostdeutschen Volkswagen-Standorte in den Aufsichtsrat des Konzerns einziehen soll, meinte, es sei richtig, dass endlich eine Anpassung der Arbeitsbedingungen bei VW komme: "Mehr als 30 Jahre nach der Wende ist dieser Schritt überfällig."
Oststandorte sehr fortschrittlich
Für VW spielen die sächsischen Standorte inzwischen eine zentrale Rolle. Zwickau bildete mit dem Produktionsstart der Elektromodelle ID.3 und ID.4 eine Art Vorhut beim Konzernumbau. Die Fabrik wurde als erste auf großvolumige E-Fertigung umgestellt, in den nächsten Jahren folgen Emden und Hannover sowie Werke in China und in den USA.
VW war in den Wende-Jahren 1989 und 1990 in die traditionsreiche Autoproduktion der Region eingestiegen. In Sachsen liegen etwa die Wurzeln der heutigen Oberklasse-Tochter Audi, zu DDR-Zeiten entstand hier im VEB Sachsenring auch der Trabant. Zunächst beteiligte sich VW an einem Joint Venture für Komponenten in Lizenzfertigung. Ab den 90er Jahren wurden dann selbst Modelle wie der Polo oder Golf gebaut.
dk/hb (rtr/dpa)