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VW plant ein Werk auf dem Balkan

6. März 2019

Vor allem Bulgarien und Serbien machen sich Hoffnungen, die angekündigte VW-Investition nach "Osteuropa" locken zu können. In den beiden Ländern sind die Personalkosten niedrig. Verlockend sind auch andere Trümpfe.

VW Symbolbild - Kontrolle
Bild: picture alliance/dpa/J. Lübke

Ein Knaller, ein wirtschaftlicher Kickstart sei das! So und ähnlich überbieten sich seit Tagen die serbischen und bulgarischen Medien. Es geht um eine Milliarden-Investition des deutschen Autoriesen Volkswagen (VW). Die rund 1,4 Milliarden Euro schwere Investition soll 5000 Menschen in Arbeit bringen und die einheimische Ausfuhr um 4,5 Milliarden Euro jährlich stärken.

Seit VW im vergangenen November ein neues Mehrmarkenwerk in "Osteuropa" angekündigt hat, machen sich neben Bulgarien und Serbien auch Rumänien, die Türkei und Mazedonien Hoffnungen. Auf DW-Anfrage heißt es bislang aus Wolfsburg lediglich: "Aktuell gibt es noch keine Entscheidung für einen Standort." Die Medien spekulieren, VW werde sich im April festlegen, die ersten Autos aus dem neuen Werk sollen dann 2023 vom Band laufen.

Platz für Elektroautos in Deutschland schaffen

Schon länger liebäugelt der deutsche Autobauer mit Südosteuropa. Das passt zur Ankündigung, die Stammwerke in Zwickau, Emden und Hannover künftig für die Produktion von Elektrofahrzeugen zu spezialisieren. Die Produktion des VW Passat  wurde schon nach Tschechien verlagert. Um Platz für den Passat zu schaffen, sollen die zwei Modelle Škoda Karoq und Seat Ateca demnächst aus der neuen Fabrik vom Balkan kommen. 

Tschechisches Skoda-Werk Mlada BoleslavBild: DW/T. Gosling

"Der zentrale Grund dafür sind natürlich die Personalkosten. Die sind dort viel niedriger als in Westeuropa", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). Selbst Länder wie Polen oder Ungarn kämen wegen steigender Löhne nicht mehr in Frage. "Der zweite wichtige Punkt sind die Energiekosten. Der dritte ist, dass man das Netzwerk der Lieferanten vor Ort hat", betont Bratzel im DW-Gespräch.

In Serbien macht man sich Hoffnungen, in allen Punkten im Vorteil zu sein. Der durchschnittliche Lohn im Land beträgt weniger als 500 Euro Netto im Monat. Die potenziellen Investoren werden mit großzügigen Subventionen, Steuererleichterungen und staatlichen Investitionen in der Infrastruktur gelockt. Zudem sind schon mehrere deutsche Autozulieferer in Serbien angesiedelt: etwa der Kabelspezialist Leoni oder ZF Friedrichshafen.

"Das qualifizierte Personal ist immer entscheidend. Die Fabrikhalle lässt sich überall leicht bauen", meint der serbische Autoexperte Mladen Alvirović in einem Fernsehinterview. Mit der ausgebildeten Arbeitskraft könne Serbien auch trumpfen, denn der italienische Fiat-Konzern unterhält schon seit Jahren eine moderne Fabrik in Zentralserbien. "Diese Arbeiter sind eine gute Basis für jeden Autobauer", so Alvirović.

Staatliche Hilfe entscheidet?

Doch auch die bulgarische Regierung ist zuversichtlich, dass ihr Land das Rennen macht. Vor einigen Wochen seien VW-Vertreter in Sofia gewesen und die Gespräche seien schon sehr fortgeschritten, so ein hochrangiger Vertreter der regierenden Partei, der nicht genannt werden möchte. Politiker und Experten in Sofia gehen davon aus, dass die EU-Mitgliedschaft Bulgariens ein Vorteil im Wettrennen mit Serbien sei.

"Das ist enorm wichtig", meint auch der deutsche Autoexperte Bratzel. Obwohl Serbien als EU-Kandidatenland schon weitgehend zollfreien Handel mit der EU betreibt, bietet die EU-Mitgliedschaft noch einfachere Regeln und einen unkomplizierteren Waren- und Komponentenaustausch. "Das muss aber nicht zwingend bedeuten, dass sich VW für das EU-Land Bulgarien entscheidet. Man muss abwarten", so Bratzel.

Neues Werk in Serbien oder Bulgarien? - VW will in deutschen Werken mehr Elektroautos produzieren Bild: picture-alliance/imageBROKER/Fotoatelier Berlin

Mitko Vasilev, Chef der Deutsch-Bulgarischen Industrie- und Handelskammer glaubt, dass die Politiker in Sofia und Belgrad bereit sind, tief in die staatliche Kasse zu greifen um VW zu locken. "Die bulgarische Seite wird sicherlich alles tun, um gute Bedingungen für eine Investition zu schaffen. Doch die EU-Regeln sind zu beachten", so Vasilev im Gespräch mit der DW. "Andererseits ist Serbien kein EU-Mitglied und die Regeln, die die staatliche Hilfe begrenzen sollen, werden dort nicht so streng ausgelegt."

Das potentielle Geschäft könne das "Blutbild unserer Wirtschaft ändern", schwärmt Serbiens Staatschef Aleksandar Vučić. Der Populist hat vom ersten Spatenstich an die ganze Strategie entwickelt. Ähnlich wie in den Nachbarländern präsentieren sich in Serbien Politiker gerne als diejenigen, denen höchstpersönlich für die Investitionen zu danken sei. Für die politische Propaganda wäre ein VW-Werk ein echter Knaller.

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