Volkswagen holt sich für die Entwicklung von Software für selbstfahrende Autos Microsoft an Bord. Der Autohersteller will seinen Kunden schneller automatisierte Fahrfunktionen anbieten.
Volkswagen erhoffe sich davon unter anderem schnellere Entwicklungszyklen, sagte der Chef des neuen Software-Unternehmens des Konzerns, Dirk Hilgenberg. Dabei geht es letztlich auch um Software-Updates, die wie bei Tesla per Funk vorgenommen werden. "Diese Funktionalität muss da sein. Wenn man das nicht kann, wird man Boden verlieren", sagte Hilgenberg zu Reuters. Microsofts Cloud-Vizepräsident Scott Guthrie verglich das mit Smartphones, die inzwischen regelmäßig im Hintergrund Updates vornähmen.
"Tiefgreifende Partnerschaft"
"Es ist eine sehr tiefgreifende Partnerschaft", betonte Microsoft-Manager Scott Guthrie. VW solle zum Beispiel eigene Software-Werkzeuge auf Basis von Microsofts Diensten aufbauen können. Neben der sicheren Übertragung von Daten bringt der Software-Konzern auch seine Fähigkeiten bei künstlicher Intelligenz mit. Zugriff auf die VW-Daten bekomme Microsoft nicht, betonte Guthrie.
Volkswagen und Microsoft kooperieren bereits seit 2018 beim Aufbau einer Cloud-Plattform für den Datenaustausch zwischen vernetzten Fahrzeugen. Die neuen Pläne weiten diese Partnerschaft aus.
Microsoft ohne eigenes Autoprojekt
Microsoft ist einer der wenigen Tech-Riesen ohne ein eigenes Autoprojekt. Die Google-Schwesterfirma Waymo und Apple arbeiten an eigener Software zum autonomen Fahren, Amazon kaufte die Roboterwagen-Firma Zoox. Microsoft wolle nicht mit seinen Kunden konkurrieren, betonte Guthrie. Außerdem habe der Konzern bereits in den 1990er Jahren erkannt, dass Unternehmen, die alles machen wollten, nicht erfolgreich seien.
Volkswagen legte in der von Hilgenberg geführten Firma Car Software Organisation die Entwicklung künftiger Software für alle Konzernmarken zusammen. Es geht um die ganze Palette von Fahrzeug-Funktionen, einer Plattform für Infotainment-Systeme, Fahrwerks-Technologie sowie neue Geschäftsmodelle.
Anzeige
Wendepunkt der Autobranche
Es ist ein entscheidendes Feld: Die Industrie ist mit der fortschreitenden Digitalisierung an einem Wendepunkt angelangt. Die Branche stellt sich auf eine Zukunft ein, in der Software die Hauptrolle spielt und ein Auto mit Updates permanent verbessert werden kann. Dabei konkurrieren die Autounternehmen mit Apple und Google als Betreiber der großen Smartphone-Plattformen um den Zugang zu den Kunden und damit auch künftige Dienste-Erlöse.
"Wir brauchen Partner, die uns beschleunigen können", sagte Hilgenberg. Er hofft auch, gemeinsam mit Microsoft Ansätze zu entwickeln, die branchenweit als Standard etabliert und anderen Unternehmen angeboten werden könnten.
Das Auto denkt, das Auto lenkt
Autos könnten schon heute "autonom" fahren, also ohne einen Fahrer. Eine Einführung der Auto-Roboter ist aber umstritten: Was, wenn es zum Unfall kommt? Und: Wollen die Menschen, dass ein Auto für sie denkt und lenkt?
Bild: media.daimler.com
Reise vom Silicon Valley nach Las Vegas
Dieser Audi A7 ist voller Sensoren. Anfang 2015 fuhr das Auto selbständig den kompletten Weg vom Silicon Valley zur Technikmesse CES in Lag Vegas. 900 Kilometer lang war der Road-Trip über den Highway. Der Steuermann war nur für den Notfall an Bord - eingreifen musste er bei dieser Fahrt nicht.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Fets/Audi AG
Richtig gemütlich!
Dieser Prototyp von Mercedes Benz trägt den Namen F015 und zeigt in allen Konequenzen, wie ein autonomes Auto aussehen könnte: Ein Fahrersitz ist überflüssig. Stattdessen können sich alle Insassen während der Fahrt anschauen und gemütlich unterhalten. Auch dieses Forschungsfahrzeug wurde in Silicon Valley entwickelt. Seine Maximalgeschwindigkeit liegt zurzeit bei 200 km/h.
Bild: media.daimler.com
Nichts für ungeduldige Typen
Eigentlich sind autonome Fahrzeuge sehr sicher. Sie sind so programmiert, dass sie im Zweifelsfall eher die Fahrt verlangsamen. Sie halten definitiv den vorgegebenen Sicherheitsabstand ein und gefährden andere Verkehrsteilnehmer nicht durch aggressive Fahrmanöver, wie etwa dieser Raser.
Bild: imago/Jochen Tack
Gemütlich immer hinterher
Diese beiden autonomen Wagen der Universität der Bundeswehr in München machen es vor: Ganz entspannt fährt ein Wagen vorneweg, der andere folgt ganz treu, immer hinterher. Sie finden ihren Weg sogar in unbefestigtem Gelände auf Wegen, die sie vorher nicht kannten. Das zeigt eine Übung auf dem ELROB Roboterwettbewerb 2012.
Bild: DW
Das wäre nicht nötig gewesen
Zu solchen Massenkarambolagen kommt es, wenn Menschen zu schnell fahren, schlechte Sicht haben und nicht genügend Sicherheitsabstand einhalten. Klug gebaute Roboter-Autos würden solche Fehler nicht machen. Wären viele von ihnen vernetzt, könnten sie sogar schon Kilometer vorher Signale an nachfolgende Autos schicken: Vorsicht Stau!
Bild: picture-alliance/dpa
Sensoren für alle Gefahren-Typen
Roboter-Autos können unterschiedliche Augen nutzen, um ihre Umwelt zu erkennen. Ein von Google entwickeltes autonomes Auto nutzt zum Beispiel solch einen Lasersensor. Der dreht sich und tastet dabei seine Umgebung mit einem Laserstrahl dreidimensional ab.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Die echte Welt aus Laser-Sicht
Und so sieht das dann aus: Der Wagen der Universität der Bundeswehr fährt durch unwegsames Gelände. Der Laser entwirft eine dreidimensionale Karte, die er in den Computer einfüttert. So kann man sogar die Perspektive eines Außenstehenden einnehmen und dem Wagen bei seiner Entdeckungsfahrt zuschauen.
Bild: Universität der Bundeswehr/TAS
Orientierung per Satellit, Radar und Auge
Roboter können sich auch mit vielen anderen Mitteln im Feld orientieren. Zum Beispiel mit optischen Augen - wie dieser handelsüblichen USB-Kamera - oder kleinen Radar-Sensoren. Auch die Positionsbestimmung per Satellit ist für Autos wichtig - über GPS-Daten.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Sehende Autos - Zukunftstechnologie aus Deutschland
Mit optischen Kameras arbeiten auch Forscher bei Daimler. Für die Erfindung sehender Autos wurden sie 2011 für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. Diese Kamera ist hinter der Windschutzscheibe eines Mittelklassewagens montiert. Aufmerksam verfolgt sie, was sich auf der Straße abspielt.
Bild: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Aus Bildpunkten wird Bewegung
Die optische Kamera erkennt zunächst tausende Bildpunkte - eine sogenannte Punktewolke. Aus der Bewegung einzelner Bildpunkte errechnet sie Vektoren - also Bewegungspfeile. Verschiedene Vektoren sind unterschiedlich lang. Daraus entwirft der Bordcomputer ein komplexes Bewegungsbild des Verkehrs vor und neben dem Auto.
Bild: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Abbremsen oder ausweichen?
Indem der Bordcomputer die Vektoren herausfiltert, die bei der Fahrtgeschwindigkeit des Autos ungewöhnlich verlaufen, kann er Gefahren erkennen: Ein Fußgänger läuft von rechts vor das Auto und wird orange markiert. Im Hintergrund entfernt sich ein anderes Auto. Die Bewegungspunkte sind grün - keine Gefahr. So kann der Wagen reagieren, falls der Fahrer unaufmerksam ist.
Bild: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Wer entscheidet - Computer oder Mensch?
Die Technik wäre also so weit. Aber die Frage, ob Roboter autonom auf den Verkehr losgelassen werden sollen, stellt Politiker und Juristen vor schwierige ethische Fragen: Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Roboterauto einen Unfall baut: Hersteller, Software-Programmierer, Eigentümer oder Fahrzeugführer? Und wie sieht es außerhalb des normalen Straßenverkehrs aus?
Bild: DW/Fabian Schmidt
Wenn es für Menschen zu gefährlich wird
Zum Beispiel im Kriegseinsatz - wenn man Material von einem Ort zum anderen transportieren will. Oder nach einem Chemie- oder Nuklearunfall, wenn das kontaminierte Gebiet für Menschen zu gefährlich ist. Dafür bauen Entwickler autonome Fahrzeuge, die schon heute praktische Aufgaben erfüllen können, wie hier bei der polnischen Militärakademie.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Leistungsschau autonomer Roboter
An der polnischen Militärakademie in Warschau fand im Sommer 2014 der Europäische Roboterwettbewerb ELROB statt. Fünf Tage lang konnten sich dort solche autonomen Fahrzeuge messen. Dieser Transporter der schweizerischen RUAG wurde erstmals 2012 in Thun in der Schweiz vorgestellt.
Bild: DW
Hände weg vom Steuer!
Fährt ein Fahrzeug ohne Fahrer auf eine Sprengfalle, geht zwar die Technik kaputt, doch zumindest kommt kein Mensch zu Schaden. Bei der ELROB-Übung musste allerdings noch jemand im Führerhaus sitzen, um den Not-aus-Knopf zu drücken, falls etwas schief ginge.