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Wörner: "Mars-Mission ist möglich"

Nicole Scherschun9. August 2012

Was in Science-Fiction-Filmen längst umgesetzt ist, bleibt in der Realität ein Wunsch vieler Forscher. Eines Tages aber werden Menschen über den Mars laufen, sagt der Raumfahrtexperte Johann-Dietrich Wörner.

Der Vorstandsvorsitzende des DLR, Johann-Dietrich Wörner (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Anfang der Woche (6. August) ist erneut ein Forschungsroboter der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA erfolgreich auf dem Mars gelandet. Acht Monate hat die Anreise des Rovers "Curiosity" gedauert. Die Landung des 900 Kilogramm schweren Brockens war eine Zitterpartie für die Wissenschaftler. Am Ende konnten sie jubeln und Curiosity hat sogar bereits das erste Farbfoto vom Mars übermittelt. Die Erkundung soll den Weg ebnen für die erste bemannte Marsmission. Beteiligt sind auch Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Wissenschaftler Johann-Dietrich Wörner ist Vorsitzender des DLR-Vorstands.

Deutsche Welle: Herr Wörner, wann können wir das erste Haus auf dem Mars bauen und auswandern?

Johann-Dietrich Wörner: Derzeit ist das Auswandern auf den Mars noch nicht so richtig lustig. Daher kann ich die Frage noch nicht positiv beantworten. Denn der Mars hat Bedingungen, die uns als Menschen kein Leben dort erlauben würden. Wir müssten immer mit Raumanzügen herumlaufen und wären auch langfristig auf die Versorgung von der Erde angewiesen.

Warum wird dann weiterhin so viel Geld in die Forschung und die Marsmissionen gesteckt?

Aus verschiedenen Gründen: Einer ist, um konkrete praxistaugliche Ergebnisse für uns auf der Erde zu gewinnen. Wie zum Beispiel für die Klimaforschung oder den Wetterbericht, Navigations- und Kommunikationssysteme. Ein anderer Grund ist die Forschung, also Aktivitäten, die wir im wissenschaftlichen Bereich anordnen. Dabei geht es darum, die Entstehung der Erde, unseres Sonnensystems, des gesamten Universums besser zu verstehen.

Marsrover erfolgreich gelandet

02:06

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Dieses Wissen hat dann nicht gleich am nächsten Tag einen Vorteil auf der Erde, aber Hin und Wieder - und das sind besonders spannende Momente - kommen wir dadurch dann auch zu neuen Erkenntnissen auf der Erde.

Seit den 1960er Jahren gab es zahlreiche Marsmissionen, an welchem Punkt steht denn die Forschung derzeit?

Es gab tatsächlich viele Marsmissionen und es gibt auch im Moment mehr Missionen als nur "Curiosity". Mars-Express fliegt immer noch um den Mars herum und untersucht mit einer hochauflösenden Stereokamera, die übrigens aus Deutschland stammt, die Marsoberfläche. Wir wissen schon sehr viel über den Mars. Wir wissen viel über seine Oberfläche, wir haben bereits Eisvorkommen entdeckt, aber was wir eben noch nicht wissen: Gibt es auf dem Mars auch Leben in der Form, wie wir es auf der Erde kennen? Das sind spannende Fragen, auf die gerade jetzt auch "Curiosity" versucht, Antworten zu finden.

Aber seit mehr als 50 Jahren schicken wir Sonden und Roboter auf den Mars, wo sind da Erfolge zu sehen, die die Raumfahrt weiter antreiben?

Jede dieser Sonden, die in den vergangenen Jahrzehnten zum Mars geschickt wurden, hatte besondere Aufgaben. Es ging zum einen um Technologieentwicklung, überhaupt erst mal zum Mars zu fliegen und weich zu landen. Das ist gar nicht so einfach. Das zweite ist dann aber auch, mit den entsprechenden Sensoren, die diese verschiedenen Sonden beispielsweise hatten, die Marsoberfläche genauer zu erkunden. Das waren zunächst Fotos, die die Marsoberfläche zeigten und wie sie genauer aussieht.

Aber jetzt mit "Curiosity" wird zum Beispiel auch erstmalig die Strahlungsintensität auf der Oberfläche gemessen. Das ist eine Sache, die wichtig ist bei der Frage nach Leben auf dem Mars. Denn Strahlung und Leben bedingen einander. Aber sie können einander auch verhindern. Unterstützen kann Strahlung beispielsweise bei Zellmutationen. Insofern sind jetzt mit "Curiosity" neue Sensoren auf den Mars geflogen und gerade bei diesem Strahlungsdetektor ist auch deutsche Forschung wieder mit dabei.

Wo sieht sich die deutsche Forschung bei den künftigen Marsmissionen?

Die deutsche Raumfahrt hat in der Vergangenheit immer entscheidende Beiträge geleistet für alle möglichen Missionen. Wir werden auch in Zukunft versuchen, unsere Kompetenzen aus der Wissenschaft und Wirtschaft mit einzubringen und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig werden wir die Erkenntnisse aus der Raumfahrt in die Entwicklung von neuen Produkten für die Nutzung auf der Erde fließen lassen. Bei diesen Technologieentwicklungen wird zwar immer gern die Teflonpfanne genannt, die kommt aber gar nicht aus dem All. Ein echtes Beispiel ist der Akkuschrauber. Er ist tatsächlich ein unmittelbares Abfallprodukt der Mondlandung.

Der Mars steht aber ungebrochen im Fokus der Wissenschaft. Was macht diese Faszination aus?

Der Mars hat die Menschen schon immer bewegt. Zum einen ist da seine Farbe: rot. Zum anderen sind da die Erkenntnisse, die man aus den Beobachtungen seiner Oberfläche mit Teleskopen gezogen hat. Man vermutete damals, dass dort tatsächlich intelligentes Leben, die Oberfläche verändert. Der Mars hat die Menschen einfach schon immer fasziniert. Er spielt auch in der Astrologie eine besondere Rolle.

Die nächsten Marsmissionen sind bereits in Planung. Welche Visionen stecken dahinter? Wovon träumt die Raumfahrt da?

Es geht der Wissenschaft eigentlich immer darum, mehr zu verstehen. Zum Beispiel wie der Mars aufgebaut ist, was auch in den tieferen Erdschichten des Mars noch verborgen ist. Denn wenn wir uns dort Leben in irgendeiner Form erhoffen können, dann ist der Nachweis sicherlich nur in der Tiefe möglich. Deshalb ist auch jetzt der Landeort von "Curiosity" in einem Krater ausgesucht worden.

Das ist natürlich auch so eine spezielle Frage: Sind wir ganz allein als Lebewesen und ist die Erde im Universum einzigartig. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass wir eben nicht allein sind. Und wenn jetzt schon unser direkter Nachbarplanet, also der Mars, Formen von Leben hätte, dann wäre das eine sehr wichtige Erkenntnis für die weitere Arbeit. Aber ansonsten begeistert es die Wissenschaftler, zu sehen, welche unterschiedlichen Konstruktionen möglich sind, um Planeten zu schaffen.

Was schätzen Sie, wann werden wir bemannt auf den Mars fliegen?

Ich bin davon überzeugt, dass der Mensch eines Tages tatsächlich andere Menschen auf den Mars schicken wird. Es ist offensichtlich Teil unseres kulturellen Erbes, dass wir neugierig sind. Der Mensch wird versuchen, seine Fußstapfen auch auf den Mars zu setzen. Da gibt es unterschiedliche Schätzungen. Die meisten liegen im Moment zwischen 2030 und 2040, aber bis dahin ist viel zu tun. Im Moment hätten wir nicht die Technologie, um einen Menschen sicher zum Mars zu transportieren und ihn auch wieder zurückzubringen.

Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner ist seit dem 1. März 2007 Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

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