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Politik

Wütender Protest gegen Chinas Lockdown-Politik

27. November 2022

Betroffen sind nun Pekings renommierte Tsinghua-Universität und Shanghai. Zuvor gab es bereits in Chinas Millionenstadt Ürümqi Aktionen. Die Menschen hadern mit der rigiden Null-COVID-Politik der Staatsführung.

Protest gegen die Null-COVID-Politik in Shanghai
Protest gegen die Null-COVID-Politik in Shanghai Bild: DW

Wenige Stunden nach ersten heftigen Protesten in Chinas Wirtschaftsmetropole Shanghai sind dort am Nachmittag (Ortszeit) abermals hunderte Menschen auf die Straße gegangen. An mehreren Kreuzungen hielten sie schweigend zum symbolischen Protest gegen die Zensur weiße Papierbögen in die Höhe und zum Zeichen der Trauer weiße Blumen in den Händen, wie ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Polizei räumte schon nach kurzer Zeit die blockierten Straßen. 

Bei den Protesten in der Nacht zum Sonntag in Shanghai waren erstmals Rufe nach einem Rücktritt von Präsident Xi Jinping und dem Rückzug der Kommunistischen Partei von der Macht laut geworden. Laut Augenzeugen und wie auf Videos in sozialen Netzwerken zu sehen war, wurden mehrere Menschen von Polizisten abgeführt. 

Polizisten räumen in Shanghai blockierte Straßen Bild: DW

In der Hauptstadt Peking versammelten sich hunderte Studenten an der renommierten Tsinghua-Universität und an einer weiteren Elite-Hochschule, um ihrem Ärger über die strikte COVID-Politik Luft zu machen. Ein Student sagte: "Wir haben die Nationalhymne gesungen und die Internationale und skandiert: 'Die Freiheit wird siegen'".

Am Samstag hatte es bereits in der Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas Protestaktionen gegeben. In Online-Medien waren auf mehreren Videos aus der Millionenstadt Ürümqi zu sehen, wie viele Menschen Lockdown-Metallzäune durchbrechen und protestieren. Einige riefen: "Beendet den Lockdown!". Große Teile der Region Xinjiang und der dortigen Hauptstadt Ürümqi sind bereits seit mehr als 100 Tagen abgeriegelt.

Dieses Bild aus einem Video zeigt eine spontane Demonstration in Ürümqi gegen die harte Null-COVID-PolitikBild: Video Obtained via REUTERS

Auslöser war in Ürümqi ein Wohnungsbrand am Donnerstagabend. Dabei kamen mindestens zehn Menschen ums Leben, weitere neun wurden verletzt. Etliche Anwohner kritisierten in sozialen Netzwerken, dass die rigiden COVID-Maßnahmen den Kampf gegen das Feuer erschwert hätten. Bewohnern sei die Flucht ins Freie durch abgeschlossene Wohnungstüren erschwert worden. Darüber hinaus seien einige aus Furcht, die Ausgangssperren zu verletzen, zu spät oder gar nicht aus ihren Wohnungen geflüchtet. Die Feuerwehr sei wegen Gitterzäunen und im Weg stehenden Autos zu spät eingetroffen. Ürümqi hat mehr als 3,5 Millionen Einwohner.

Dieser Wohnhausbrand am Donnerstag in Ürümqi entwickelte sich gleichsam zum "Brandbeschleuniger" für die ProtesteBild: UGC/AP Photo/picture alliance

Auch in Peking, in dem etliche Wohnanlagen ebenfalls im Lockdown sind, war es bereits am Samstag zu Protestaktionen gekommen, wie Videos zeigten. In mehreren Nachbarschaften durchbrachen Bewohner die Zäune ihrer Siedlung. Auch dort wurden die örtlichen Behörden aufgefordert, die strikten Maßnahmen gegen eine Weiterverbreitung der Pandemie aufzuheben.

Solche offenen Proteste sind in der kommunistisch regierten Volksrepublik mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern ungewöhnlich.

35.000 neue Corona-Fälle am Samstag

Aktuell leidet China unter den höchsten Corona-Zahlen seit Beginn der Pandemie. Am Samstag meldete die Gesundheitskommission in Peking mit knapp 35.000 neuen Fällen einen Tages-Rekordwert. In Millionenstädten wie Peking, dem schwer betroffenen südchinesischen Guangzhou oder Chongqing gelten weitgehende Bewegungsbeschränkungen.

China ist die letzte große Volkswirtschaft, die eine sehr strenge Null-COVID-Politik verfolgt. Selbst kleine Corona-Ausbrüche können zu Lockdowns bis hin zur Abriegelung ganzer Städte und zu Betriebsschließungen führen. Kontaktpersonen kommen in Quarantänelager. Infizierte werden im Krankenhaus isoliert. Auch nach fast drei Jahren Pandemie sind Chinas internationale Grenzen weitestgehend geschlossen. Dies alles belastet massiv die Wirtschaft und den Alltag der Menschen.

Im ganzen Land nimmt entsprechend der Frust der Menschen über die harten Maßnahmen zu. Insbesondere für Wanderarbeiter, die über keine großen Ersparnisse verfügen, sind die Ausgangsbeschränkungen eine existenzielle Bedrohung. In der Stadt Zhengzhou kam es jüngst zu tagelangen teils gewaltsamen Protesten in der größten iPhone-Fabrik des Landes.

Corona - (Kein) Ende in Sicht?

26:06

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se/sti/qu (afp, dpa, rtr)

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