Wachsende Repression im Iran
20. September 2011Die 48-jährige Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotoudeh ist seit ihrer Festnahme im September 2010 ohne Haftunterbrechung im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. Grund für die Festnahme seien "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit und Propaganda gegen das Regime der Islamischen Republik". Nasrin Sotoudeh wurde zuerst zu elf Jahren Haft und einem 20-jährigen Berufs- und Ausreiseverbot verurteilt.
Das harte Urteil gegen Nasrin Sotoudeh wurde weltweit scharf kritisiert. Die USA und das Europäische Parlament verurteilten das Vorgehen Irans gegen die Menschenrechtsaktivistin und angesehene Anwältin und forderten ihre sofortige Freilassung. In Deutschland bezeichnete der Menschenrechts-Beauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, das Urteil als "schweres Unrecht".
Nun hat ein Berufungsgericht in Teheran am 14. September 2011 das verhängte Urteil auf sechs Jahre Haft und ein zehnjähriges Berufsverbot als Anwältin reduziert.
"Tyrannische" Strafen
Das Urteil sei dennoch zu hart und eine Schande für das iranische Rechtssystem, kritisiert die iranische Friedensnobelpreisträgerin und Rechtsanwältin Schirin Ebadi. Sie bezeichnet das Urteil des Berufungsgerichts als "tyrannisch" und betont, dass selbst ein einziger Tag Haft für Nasrin Sotoudeh juristisch nicht zu rechtfertigen sei.
"Die iranischen Machthaber stecken starke Frauen wie sie ins Gefängnis, weil sie vor ihrer eigenen Schwäche Angst haben", kritisiert Ebadi. Der Iran solle auf Frauen wir Nasrin Sotoudeh stolz sein. "Sie hat nichts getan, außer im Namen der Gerechtigkeit ihre Mandanten zu verteidigen", so Ebadi weiter.
Nasrin Sotoudeh vertrat als Anwältin mehrere prominente Dissidenten wie die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, aber auch Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Oppositionelle, die im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2009 festgenommen worden waren.
Staatliche Gewalt als Druckmittel
Der Fall Sotoudeh ist nur ein Beispiel für die verschärfte Vorgehensweise Teherans gegen politisch aktive Frauen im Iran. Am 14. September 2011 wurde zum ersten Mal eine Bloggerin wegen "Beleidigung des Präsidenten" ausgepeitscht.
Üblicherweise riskieren politische Aktivistinnen im Iran eine Gefängnisstrafe. Doch Somayeh Tohidlou, ein Mitglied des Wahlstabs von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi, wurde nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 zu 50 Peitschenhieben verurteilt. Das Urteil wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit "symbolisch" im Gefängnis vollstreckt. Hände und Füße der Bloggerin und politischen Aktivistin wurden dafür in Ketten gelegt.
Nach Vollstreckung des Urteils teilte die Doktorandin der Soziologie über Twitter mit: "Ich habe zwar keine körperlichen Schmerzen. Aber seid froh! Ihr wolltet mich erniedrigen. In meinem Leben habe ich mich noch nie so gedemütigt gefühlt."
"Machthaber wollen Angst verbreiten"
Die Friedensnobelpreisträgerin und Menschenrechtlerin Schirin Ebadi verurteilt das verschärfte Vorgehen Teherans gegen Frauenaktivistinnen im Iran und sieht nur einen Grund dafür: "Die iranischen Machthaber wollen Angst in der Gesellschaft verbreiten und die Menschen einschüchtern. So versuchen sie, an der Macht zu bleiben." Die Anwältin empfindet es als "weitere Schande für einen Staat, der sich Gottesstaat nennt, dass eine hoch gebildete Frau in Ketten gelegt wird um sie zu erniedrigen."
Schirin Ebadi selbst lebt seit 2009 im Ausland. Sie hat vor den Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 Iran verlassen um an einem Kongress teilzunehmen und ist danach nicht mehr in ihre Heimat zurückgekehrt. Seitdem versucht sie, die Weltöffentlichkeit auf die stetig schlechter werdende Menschenrechtslage im Iran aufmerksam zu machen.
Nach zahlreichen Berichten über Menschenrechtsverletzungen im Iran ernannte der UN-Menschenrechtsrat am 24. März 2011 den ehemaligen Außenminister der Malediven zum UN-Menschenrechtsbeauftragten für Iran. Ahmed Shaheeds Aufgabe ist es, zu überprüfen, inwiefern der Iran internationale Menschenrechtsstandards einhält. Der Iran kritisierte diese Entscheidung scharf und verweigert dem Sonderberichterstatter bis heute die Einreise.
Schirin Ebadi betont gegenüber DW-WORLD.DE, dass sie den Sonderberichterstatter, Ahmad Shaheed, weiter informieren und ihm die neuen Ereignisse mitteilen wird.
Autorin: Shabnam Nourian
Redaktion: Ziphora Robina