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Wachsender Datenhunger

Matthias von Hein6. November 2014

Facebook legt seinen dritten Transparenz-Bericht vor. Ergebnis: Weltweit wachsen die Begehrlichkeiten der Behörden auf den Datenschatz des Netzwerks. An dritter Stelle steht Deutschland.

Auf einem Bildschirm erscheint der Schriftzug von Facebook, vergrößert durch eine Lupe (Foto:Foto: Joerg Koch/dapd)
Bild: dapd

Gerade erst hat der frisch ins Amt eingeführte Chef des britischen Geheimdienstes GCHQ, Robert Hannigan, US-amerikanischen Technologiefirmen vorgeworfen, nicht eng genug mit den Sicherheitsbehörden zu kooperieren. Jetzt stellt sich heraus: Er hat keinen Grund, sich zu beklagen. Facebook beispielsweise hat in 71 Prozent der Fälle den Behörden sensible Daten seiner User geliefert, als Antwort auf genau 2110 Anfragen. Das weist der neue #link:https://govtrequests.facebook.com/:Transparenz-Report von Facebook# aus. Darin listet der Konzern auf, wie oft in welchem Land Sicherheitsbehörden in der ersten Jahreshälfte 2014 Facebook-Nutzerdaten angefragt haben und wie oft Facebook sie herausgerückt hat. In dieser Liste belegen die deutschen Behördenanfragen Platz Nummer drei.

Ein Viertel mehr Anfragen

Mit weltweit knapp 35.000 Anfragen weist dieser dritte Transparenz-Report eine Steigerung der Anfragen um 24 Prozent gegenüber der zweiten Jahreshälfte 2013 aus. Das spiegelt sowohl das Wachstum von Facebook selbst als auch die wachsenden Begehrlichkeiten der Behörden. Die Liste wird mit weitem Abstand angeführt von den USA. Hier stellten die Strafverfolger mit über 15.000 fast die Hälfte aller Anfragen. In über 80 Prozent der Fälle hat Facebook die Daten dann auch ausgehändigt. An zweiter Stelle folgt Indien mit knapp 4600 Anfragen. Erklärbar ist das vielleicht damit, dass Facebook Mitte 2013 in dem südasiatischen Land mehr als 70 Millionen Nutzer hatte. Noch mehr Facebook-Nutzer aber gibt es in Brasilien. Dort aber stellten die Behörden nur rund 1300 Anfragen - ein vorsichtigerer Umgang mit Datenschnüffelei. Die dritte Stelle, an der Deutschland kommt, bedeutet: Genau 2537 Mal wollten die Sicherheitsbehörden Details über Facebook-Nutzer wissen. Aber nur in einem Drittel der Fälle lieferte Facebook die Nutzerdaten auch aus.

Unterschiedlicher Hunger nach Nutzerdaten

Für den Berliner Internetaktivisten Markus Beckedahl deuten diese Zahlen auf die unterschiedliche Gesetzeslage in Deutschland und den USA hin: In den USA hätten die Strafverfolgungsbehörden mehr Zugriffsmöglichkeiten, während in Deutschland strengere Datenschutzgesetze gälten. Deshalb könne Facebook in Deutschland häufiger die Nutzerdaten zurückhalten als in den USA, so Beckedahl gegenüber der Deutschen Welle.

Vorbildliche Niederlande

Interessant beim Facebook-Transparenz-Report ist der Blick auf die Niederlande. Dort hielten es die Sicherheitsbehörden in gerade mal 41 Fällen für erforderlich, Nutzerdaten des sozialen Netzwerkes anzufragen. Umgerechnet auf die Zahl der Facebook-Nutzer klopften die deutschen Behörden rund 20 Mal so oft bei dem Internetgiganten an.

Auch andere Technologiefirmen veröffentlichen seit einigen Jahren vergleichbare Transparenz-Berichte. Bereits Mitte September meldete #link:http://bit.ly/1zyfcaS:Google# einen weltweiten Anstieg der Anfragen um 15 Prozent in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf rund 32.000. Gestiegen sind auch die Anfragen bei Twitter und Yahoo - wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. Twitter zum Beispiel meldete weltweit nur gut 2000 Anfragen.

Hält Transparenz-Bericht für unvollständig: Netzaktivist Markus BeckedahlBild: Fiona Krakenbuerger

Netzaktivist Beckedahl begrüßt erst einmal grundsätzlich den Trend zu mehr Transparenz. Allerdings sind diese Berichte aus seiner Sicht nicht vollständig - sie zeigten nicht, welche Behörde eigentlich welche Details in Erfahrung bringen wollte. Nicht ersichtlich werde zum Beispiel, wie oft etwa die besonders datenbegierige NSA auf Facebook zugegriffen habe. Beckedahl erinnert an die Geheimgerichte in den USA, die solche Zugriffe autorisieren, und an Schnittstellen wie das von Edward Snowden aufgedeckte Prism-Programm. Prism soll der NSA direkten Zugang zu den Daten der neun größten US-amerikanischen Internetkonzerne erlaubt haben - neben Facebook unter anderem Google, Apple, Yahoo und AOL. Die Folge war ein massiver Vertrauensverlust bei den Usern.

Es ist sicher kein Zufall, dass Facebook seinen ersten Transparenz-Bericht erst nach den Snowden-Enthüllungen veröffentlichte - als Antwort auf diesen Vertrauensverlust.


#link:http://www.google.com/transparencyreport/userdatarequests/?hl=en#

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