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Wachstum und Globalisierung für alle

4. Juli 2017

Wie soll es gerechter in einer globalisierten Welt zugehen? Ist ein "Leben ohne Globalisierung" die Alternative? Die Meinungen von Top-Ökonomen gehen im Vorfeld des G20-Treffens in Hamburg auseinander.

Alsterarkaden Hamburg Archiv 2004
Bild: picture-alliance/dpa/Patrick Lux

"China und Deutschland sind natürliche Partner. Beide Länder profitieren stark von der Globalisierung", sagt Dr. Chen Han. Der Finanzexperte ist Vize Chef von Ceinex, einem Finanzdienstleister und vertritt die Börse aus Schanghai in Deutschland und Europa. Jetzt steht er im historischen Kaisersaal des Hamburger Rathauses und staunt über die üppige Ausstattung im Stil der Neorenaissance. Die Stadt ist durch den Handel reich geworden und konnte sich Ende des 19. Jahrhunderts ein Rathaus leisten, in dem Könige und Präsidenten repräsentativ empfangen werden können.  Am Samstag werden hier die Partner und Partnerinnen der G20-Teilnehmer zu Besuch sein, vorneweg Joachim Sauer, Ehemann von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Grenzenloses Wachstum mit Risiken

"Sie sind die ersten hochrangigen Gäste in dieser Woche", ruft Staatsrat Wolfgang Schmidt den rund 100 Gästen im Kaisersaal zu und freut sich, dass so viele hochrangige Akademiker den Besuchsreigen in dieser hektischen G20 Woche eröffnen.

"Living without Globalization" ist das Thema der zweitägigen Tagung, zu der das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) gemeinsam mit dem amerikanischen Bretton Woods Commitee renommierte Wirtschaftswissenschaftler, Finanzexperten und Politiker nach Hamburg eingeladen hat. Dr.Chen Han ist einer von ihnen. Er reist unermüdlich zwischen China, Asien und Europa hin und her, um für offene Handelsbeziehungen zu werben.
Der Chef der kenianischen Zentralbank, Patrick Njoroge ist extra nach Hamburg gekommen, um die afrikanische Sicht in die Diskussion einzubringen. "Die Globalisierung verstärkt das Wirtschaftswachstum ebenso wie neue Technologien", betont er und erzählt, dass es im Finanzbereich sowieso immer weniger Grenzen und Barrieren gebe. "Die Geschwindigkeit, mit der im Finanzbereich Grenzen überwunden werden, ist unglaublich", staunt der Zentralbankchef. Auch das ist eine Folge der Globalisierung. Allerdings macht Njoroge sich Sorgen, ob die Finanztransaktionen noch ausreichend kontrolliert werden können. Die grenzenlosen Finanzströme bergen eben auch Risiken. So wie die Globalisierung überhaupt.

Die Verlierer

Ganz offen sprechen die Ökonomen heute von den Verlierern der Globalisierung. Das sind Regionen, die plötzlich nicht mehr wettbewerbsfähig sind, weil woanders günstiger produziert wird und Arbeiter und Angestellte, die keinen Job mehr haben, weil ihr Lohn im internationalen Vergleich angeblich zu hoch ist.

"Die Globalisierung soll Wohlstand schaffen aber sie schafft auch Verlierer", erklärt Italo Colantone, Professor für Wirtschaftswissenschaften von der Bocconi Universität in Mailand und kritisiert, "der Wohlfahrtsstaat funktioniert nicht mehr."

Die Ungleichheit, die die Globalisierung auch verursache, werde nicht ausreichend ausgeglichen und Wohlstand nicht gleichmäßig verteilt. Die Folge sei wachsende Unzufriedenheit und ökonomischer wie politischer Nationalismus. Colantone fordert ein stärkeres Eingreifen des Staates und "eine enge Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor." Schon jetzt zeige sich ein dramatischer Vertrauensverlust in staatliche Institutionen. Gemeinsame Infrastrukturmaßnahmen, Bildungsinitiativen und der Ausbau der Digitalisierung zum Nutzen aller könnten dem positiv entgegen wirken.

Viel Diskussion und wenig Lösungen

Doch wer von der Hamburger Konferenz sofort umsetzbare Lösungsvorschläge erwartete, wurde enttäuscht. Patentrezepte für eine gerechtere Globalisierung gibt es offensichtlich nicht. Auf der einen Seite stehen Menschen, Länder und Unternehmen, die vom grenzenlosen Handel profitieren und wohlhabender werden. Auf der anderen Seite sind die Verlierer, die keinen Nutzen darin sehen, dass Unternehmen wie der US-Riese Amazon weltweit expandieren und riesige Gewinne einfahren kann, während ihr eigener Arbeitgeber pleite geht.

"Wir haben ein Problem", bringt es einer der Teilnehmer auf den Punkt. "Die Folgen der Globalisierung sind komplex und haben nicht nur etwas mit Ökonomie zu tun", ergänzt ein anderer.

Jetzt schauen erst einmal alle auf den G20-Gipfel. Dr. Chen Han freut sich, dass der chinesische Staatschef nach Hamburg kommt. Xi Jinping ist einer der Teilnehmer des G20-Gipfels. Er wird sich für offene Grenzen und die Fortsetzung der Globalisierung aussprechen. Soviel ist sicher.

 

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