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Wadephul in Kyjiw: Berlin will mehr Waffen "Made in Ukraine"

30. Juni 2025

Außenminister Johann Wadephul bezeichnet die Hilfe für die Ukraine als eines der wichtigsten Themen der deutschen Außenpolitik. Und er verspricht in Kyjiw mehr Unterstützung für die Rüstungsindustrie vor Ort.

Johann Wadephul vor einer Wand mit Fotos gefallener Soldaten in Kyjiw
Deutscher Außenminister Johann Wadephul (CDU) bei KranzniederlegungBild: Efrem Lukatsky/AP/picture alliance

Bundesaußenminister Johann Wadephul ist gerade erst in Kyjiw angekommen, da veröffentlicht die Pressestelle seines Auswärtigen Amtes eine Erklärung, in der ein Satz steht, der dann doch aufhorchen lässt: "Die Freiheit und Zukunft der Ukraine ist die wichtigste Aufgabe unserer Außen- und Sicherheitspolitik." Und weiter: "Die Ukrainerinnen und Ukrainer verteidigen nicht nur die Freiheit und Souveränität ihres Landes, sondern zugleich die Sicherheit und Freiheit Europas gegen Putins Aggression.  Deshalb werden wir unsere Konzentration weiterhin voll auf die Unterstützung der Ukraine richten."

Zuletzt beschäftigte auch der Nahe Osten stark 

Dass das wirklich so ist, war in den letzten Wochen nicht mehr ganz eindeutig: Im Fokus der deutschen Außenpolitik stand zuletzt die Eskalation im Mittleren und Nahen Osten.  Als Israel vor rund zwei Wochen die Atomanlagen im Iran angriff, war Wadephul gerade auf einer Reise durch den Nahen Osten und die Nachbarländer und versuchte etwa in Kairo, Möglichkeiten für eine friedliche Lösung des Konflikts auszuloten. In Ägyptens Hauptstadt wurde er vom Angriff Israels überrascht und musste seine Reise umdisponieren.

Der deutsche Minister und die Kriegsgräuel: Johann Wadephul besichtigt die Schäden an einem Wohnhaus nach einem russischen Angriff. 28 Menschen starben dabei, 130 wurden verletzt. Bild: Jörg Blank/dpa/picture alliance

Und kurz nachdem er eine Woche später in Genf mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und dem Iran ebenfalls einen letzten Vermittlungsversuch unternahm, schickte US-Präsident Donald Trump Bomben in den Iran.  Die Ukraine spielte dann auch beim Nato-Gipfel in Den Haag eher eine untergeordnete Rolle.

Wie immer: Eine Zugreise durch die Nacht ohne Ankündigung 

Aber jetzt ist Wadephul da, zu seinem Antrittsbesuch. Gut zwei Monate, nachdem er das Amt am 7. Mai übernommen hat.  Wie immer war die Reise per Zug Richtung Kyjiw aus Sicherheitsgründen zuvor nicht bekannt gegeben worden. Am Bahnhof wurde der Minister von Deutschlands Botschafter Martin Jäger begrüßt, der bald neuer Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden soll.

Begrüßung nach einer Fahrt durch die Nacht über Polen nach Kyjiw: Johann Wadephul und der deutsche Botschafter Martin Jäger am frühen Montag MorgenBild: Jörg Blank/dpa/picture alliance

Die Ukraine erlebt gerade die schwersten Angriffe Russlands seit Monaten. Russische Kräfte, erfuhr der der deutsche Außenminister, hätten in der Nacht zum vergangenen Sonntag mehr als 500 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper auf das Land abgefeuert.

Das sei die höchste Zahl seit Kriegsbeginn im Frühjahr 2022, hörte Wadephul von seinem ukrainischen Kollegen Andrij Sybiha. Der CDU-Politiker aus Deutschland besichtigte danach auch ein zerstörtes Wohnhaus. Das habe ihm erneut gezeigt, worum es dem russischen Präsidenten bei seinen Angriffen auf die Zivilbevölkerung gehe, so Wadephul: "Es entspricht Putins kaltem Kalkül, dass er den Willen des ukrainischen Volkes zur Verteidigung untergraben will. Das darf nicht geschehen, auch wenn hier unschuldige Menschen, Kinder, Frauen, Kranke, die vielleicht nicht rechtzeitig haben fliehen können, sterben mussten."

Auch Kanzler Friedrich Merz sieht die Ukraine als oberstes Ziel deutscher Außenpolitik 

Die Ukraine steht also weiterhin im Zentrum der deutschen Außenpolitik. Das bestätigte dann ebenfalls am Montag in Berlin der Sprecher des Bundeskanzlers, Stefan Kornelius. Bei allen diplomatischen Bemühungen zur Einhegung des Konflikts im mittleren und nahen Osten, gelte auch für Friedrich Merz: "Die Ukraine ist der konfliktreichste Krieg, der uns am nächsten liegt, der Europa am meisten in seinen Möglichkeiten bindet. Der unsere eigen Friedensordnung am stärksten bedroht. Und deswegen hat der Bundeskanzler stets betont, dass der dauerhafte Frieden in der Ukraine unsere oberstes Ziel ist."

Weniger Waffenlieferungen, mehr Hilfe vor Ort 

In Kiew betonte Wadephul derweil, wie wichtig es sei, dass ihn zahleiche Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie in die Ukraine begleiten würden. Schon zuvor hatte die neue Regierung aus Konservativen und Sozialdemokraten eine leichte Akzentverschiebung in der Ukraine-Unterstützung vorgenommen: Sie will weniger über deutsche Waffensysteme sprechen, die an die Ukraine geliefert werden, sondern darüber, dass in der ukrainischen Produktion selbst noch großer Spielraum bestehe. Die Fabriken vor Ort seien längst nicht ausgelastet. Deshalb wolle sich die Industrie ab jetzt direkt mit zahlreichen Joint-Ventures in der Ukraine engagieren.

Stilles Gedenken: Johann Wadephul und sein ukrainischer Kollege Andrij Sybiha an der "Mauer des Gedenkens" mit Bilder gefallender ukrainischer SoldatenBild: Jörg Blank/dpa/picture alliance

Wadephul sagte, er habe mit großem Interesse das deutsche Luftverteidigungssystem "Iris-T" besichtigt, über das die Ukraine verfügt. Mit Interesse auch deshalb, weil er "selbst früher einmal Flugabwehroffizier der Bundeswehr war", vergaß Wadephul nicht zu erwähnen. Künftig kommen also weniger deutsche Waffen in die Ukraine, sondern mehr Unterstützung der Industrie vor Ort. "Das ist eine logische Fortführung unsere Materiallieferungen, und wir können sogar gegenseitig davon profitieren. Mit eurem Ideenreichtum und euren Erfahrungen werden auch wir besser", so der deutsche Außenminister zu seinen ukrainischen Gastgebern.

In Berlin und Brüssel wurde zeitgleich das mittlerweile 18. Sanktionspaket der Europäischen Union gegen Russland gerungen. Auf dem EU-Gipfel in der vergangenen Woche war eine Verabschiedung noch am Widerstand der Slowakei gescheitert. Trotzdem will die Regierung alles tun, um das Paket jetzt doch noch schnell zu verabschieden.

Außenminister Wadephul besucht Kyjiw

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