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Politik

Waffen nach Saudi-Arabien?

27. März 2019

Die Bundesregierung muss bis Ende der Woche entscheiden, ob sie wieder Waffen an Saudi-Arabien liefert. Paris und London machen Druck. Aber die Bundesregierung zögert.

Symbolbild | Deutschland | Militär
Bild: picture-alliance/dpa/A. Bänsch

Alles gut zwischen Deutschland und Frankreich. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) ist am frühen Mittwoch in Berlin jedenfalls bemüht, genau diesen Eindruck zu erwecken. Er könne sich nicht erinnern, dass es so etwas schon einmal gegeben habe: Ein Regierungsmitglied aus Paris nimmt an der deutschen Kabinettssitzung teil - wie an diesem Tag Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian.

Jetzt stehen beide Politiker im Lichthof des Auswärtigen Amtes, die Limousinen warten schon, um beide ins Kanzleramt zur deutschen Regierungssitzung zu bringen. Maas sagt: "Mit diesem Besuch wird deutlich, dass die deutsch-französische Freundschaft nicht nur lebt, sondern in einer außerordentlich guten Verfassung ist." Und Le Drian ergänzt höflich, er habe sich mit Maas "sehr erfolgreich zu vielen Themen ausgetauscht."

Außenminister Heiko Maas und sein Kollege aus Paris Jean-Yves Le Drian am Mittwoch in BerlinBild: picture-alliance/Anadolu Agency/A. Hosbas

Eine undiplomatische Botschafterin

Wenn da nur nicht der Streit um die Rüstungsexporte wäre. Frankreich und Großbritannien sind verärgert, weil Deutschland bei gemeinsamen Projekten zögert, vor allem wenn es um Saudi-Arabien geht. Ganz und gar undiplomatisch hat das Anfang der Woche die französische Botschafterin in Berlins, Anne-Marie Descôtes auf den Punkt gebracht. Bei der deutschen "Bundesakademie für Sicherheitsfragen" veröffentlichte sie einen Text, in dem sie beschrieb, wie französische Rüstungsfirmen sich derzeit umorientieren - hin zu einer Produktion ohne deutsche Bauteile.

Klare Ansage an Deutschland: Anne-Marie DescôtesBild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Grund sei die "Unvorhersehbarkeit" der deutschen Rüstungspolitik. Kampfflugzeuge und Kampfpanzer wollen beide Länder zusammen bauen und verkaufen, mit deutschen Teilen wie etwa Dichtungen und Kugellager, die derzeit aber nicht geliefert werden können. Anderes Beispiel: Saudi-Arabien hat 48 Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter bestellt. Die meisten Teile kommen aus Großbritannien, aber Deutschland baut das Mittelrumpfstück, Anteil an der Gesamtproduktion 30 Prozent. Aber das darf aktuell nicht geliefert werden.

CDU, CSU und SPD streiten seit Monaten

Grund dafür ist der innerdeutsche Streit um Rüstungsprojekte nach Saudi-Arabien. Die liegen seit November auf Eis, nach dem Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi. Erst einmal gilt der Stopp bis Ende März, also bis zum Ende dieser Woche. Am Mittwoch tagte zu diesem Thema in Berlin auch der Bundessicherheitsrat, ein streng geheim beratendes Gremium. Die Bundeskanzlerin hat den Vorsitz, die wichtigsten Ministerinnen und Minister nehmen teil, darunter die Verteidigungsministerin, der Außen- und der Wirtschaftsminister. Im Vorfeld hatten die beiden streitenden Koalitionspartner ihre Positionen abgesteckt: Die SPD will den Exportstopp noch einmal verlängern, um sechs Monate. Die CDU und vor allem die Kanzlerin wollen auf die verärgerten Partner in London und Paris zugehen und die Exporte wieder genehmigen.

"Wir haben klare Rüstungsexport-Richtlinien"

In der vergangenen Woche warnte Angela Merkel im Bundestag vor "deutscher Überheblichkeit" bei diesem Thema. Noch am Mittwoch ging der Schlagabtausch unter den Regierungsparteien aber weiter. In der ARD sagte der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich, der sich schon wiederholt für einen weiteren Rüstungstopp ausgesprochen hat: "Es mag sein, dass die Union bereit ist, hier wieder zu lockeren Bedingungen letztlich zu kommen. Wir halten das für falsch. Wir haben klare Gesetze, wir haben Rüstungsexport-Richtlinien, und insbesondere in Spannungsgebiete dürfen keine Waffen geliefert werden."

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt hingegen zeigte Verständnis für die Verärgerung in Paris: "Wir müssen auch in der Rüstungsexportfrage die Ansichten unserer Partner ernst nehmen und dann gemeinsam mit ihnen zu gemeinsame Lösungen kommen, an die wir uns verlässlich halten. Sonst wird keiner gemeinsam mit uns Rüstungsgüter entwickeln wollen."

Ein möglicher Ausweg

Die SPD beruft sich auch auf den Koalitionsvertrag, der festlegt, dass in Ländern, die "unmittelbar" am Krieg im Jemen beteiligt sind, keine Waffen mehr geliefert werden. Und das sind Saudi-Arabien und auch die Vereinigten Arabischen Emirate. Allerdings gibt es Ausnahmen für bereits vorher genehmigte Projekte. Ein Ausweg könnte jetzt sein: Ein Rüstungsexport fällt nicht mehr unter die strengen deutschen Ausfuhrgenehmigungen, wenn der deutsche Anteil eine bestimmte Quote nicht übersteigt. Ein bisschen Export also.

In Mecklenburg-Vorpommern wartet dieses Patrouillenboot für Saudi-Arabien auf das Ende des RüstungsstoppsBild: picture-alliance/dpa/S. Sauer

Für den Außenexperten der Grünen im Bundestag Omid Nouripour geht auch das zu weit. Er sagt der DW: "Die Wiederaufnahme der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien wäre angesichts des weiter andauernden Kriegs im Jemen ein fatales außenpolitisches Signal und ein Beitrag zur weiteren Destabilisierung im Nahen Osten. Wir brauchen eine einheitliche europäische Rüstungsexportpolitik, die Exporte in Kriegsgebiete ausschließt."​ Zum Ergebnis der geheimen Sitzung des Bundessicherheitsrats wollte Regierungssprecher Steffen Seibert wie üblich nichts sagen: "Wenn es etwas zu kommunizieren gibt, dann wird es Sie erreichen", teilte Seibert den Journalisten nur mit. Mit anderen Worten: Noch ist kein Beschluss gefallen.