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Waffenbrüder: Putins Nachschub aus Kims Nordkorea

22. August 2025

Schon vor dem Alaska-Gipfel hatte Putin sich der weiteren militärischen Unterstützung durch Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un versichert. Ein Zeichen, dass Russlands Präsident gar keinen Frieden in der Ukraine will?

Russlands Präsident Putin und Nordkoreas Machthaber Kim in Pjöngjang
Russlands Präsident Putin (links im Bild) zu Gast bei Nordkoreas Machthaber Kim zum Staatsbesuch am 19. Juni 2024: Partnerschaftsabkommen unterzeichnetBild: Vladimir Smirnov/POOL/TASS/dpa/picture alliance

"Ich sehe keine Anzeichen, dass Putin einen gerechten Frieden will", sagt die Russland-Expertin Margarete Klein im DW-Interview. "Er strebt nach der Kapitulation der Ukraine", so die Leiterin der Forschungsgruppe Russland und Eurasien des Think Tanks Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), der auch die deutsche Regierung berät. Ähnlich hatte sich zuvor der deutsche Außenminister Johann Wadephul in einem weiteren Interview der DW geäußert.

Wadephul: Zweifel an Putins Verhandlungsbereitschaft

14:22

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SWP-Forscherin Klein verweist auf die ungebremsten militärischen Hilfen durch das Regime in Nordkorea.

Russische Artillerie: 40 Prozent der Munition aus Nordkorea

"Im Bereich mancher Waffenkategorien ist diese Hilfe zentral, teils sogar wichtiger als die offene Unterstützung durch den Iran oder die verdeckte Unterstützung durch China bei Komponenten", so Klein. So habe Nordkorea bis April 2025 5,8 Millionen Artillerie-Geschosse geliefert.

Die Zahlen werden von diversen Quellen wie unter anderem der Analyse des Open Source Centres bestätigt, die Nordkoreas Lieferungen zum Beispiel über Satellitenaufnahmen untersucht haben.

Russland-Expertin Margarete Klein vom Think Tank Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin: Putin will die Kapitulation der UkraineBild: SWP Berlin

"Das sind 40 Prozent des russischen Munitionsbestandes in diesem Bereich. Diese Lieferungen sind für Russland essenziell", so Klein. Russland fülle seine sich rasant leerenden Bestände mit den Lieferungen aus Nordkorea auf, um "im Kampf am Boden voranzukommen". 

Nachschub aus Nordkorea: Wichtiger als Hilfen aus China und Iran

Darüber hinaus liefere Nordkorea auch ballistische Raketen, Mehrfach-Raketenwerfer sowie weit reichende Artillerie. Die Russland-Expertin ist sicher: "Insgesamt handelt es sich um das umfangreichste bilaterale Paket an Rüstungs-Lieferungen, das Russland von einem anderen Staat seit 2022 bekommen hat", so Klein gegenüber der DW.

Russlands Präsident Wladimir Putin und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un hatten im Juni 2024 einen Partnerschaftsvertrag unterschrieben zur gegenseitigen militärischen Unterstützung.

Und diese Hilfe geht allem Anschein nach ungebrochen weiter: Noch kurz vor dem Alaska-Gipfel mit US-Präsident Donald Trump hatte Putin nach offiziellen nordkoreanischen Verlautbarungen mit Kim telefoniert und sich der Unterstützung vergewissert.

Trotz hoher Verluste: Nordkoreaner entlasten Russlands Streitkräfte

Bis zu 11.000 nordkoreanische Soldaten haben Russland unterstützt, um die in einer Überraschungsaktion von der Ukraine eingenommenen Gebiete in der russischen Region Kursk zu befreien. Nach Angaben des ukrainischen Oberbefehlshabers Oleksandr Syrskyj aus dem Januar 2025 seien fast 5000 davon bei den ukrainischen Rückzugsgefechten aus Kursk gefallen oder verwundet worden. Unabhängig verifizieren lassen sich diese Zahlen jedoch nicht.

Der Ort Sudscha in der russischen Region Kursk 2025 nach der Rückeroberung durch Russland. Die Ukraine hatte die Grenzregion im August angegriffen in einem Versuch die Truppen im eigenen Land zu entlastenBild: Russian Defense Ministry Press Service/AP/picture alliance

Jetzt hat der nordkoreanische Machthaber Kim seine Soldaten in Russland gelobt, sie hätten sich bislang "heldenhaft" geschlagen, berichtete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA.

Russische Kräfte aus Kursk für Saporischschja-Front

Nordkoreanische Soldaten helfen nun offenbar, dass Russland aus der Region Kursk Soldaten frei bekommt für den Kampf an der Südfront in der Ukraine. Darauf deuten zumindest Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj während eines Gesprächs mit Journalisten in Kyjiw hin, zu dem auch die Deutsche Welle eingeladen war.

Nach dem Treffen von Putin mit Trump und dem Gipfel der Europäer in Washington hat Selenskyj dabei nicht nur die politische Lage erörtert. Zu aktuellen Militärbewegungen von Russland in die Ukraine sagte er: "Wir können beobachten, dass sie weiterhin einen Teil ihrer Truppen aus Kursk in Richtung Saporischschja verlegen."

In einer kürzlich veröffentlichten Video-Ansprache sagte der ukrainische Präsident, die Armee müsse darauf reagieren: mit stärkeren Gegenangriffen.

Russland-Expertin Margarete Klein sagt im DW-Interview, durch Nordkoreas Hilfe könne Russland die eigenen Truppen schonen "für offensive Einsätze in der Ukraine". 

Der Einsatz nordkoreanischer Soldaten für Russland werde zudem vom Kreml propagandistisch genutzt: als Zeichen, dass Russland Verbündete habe. "Insgesamt versucht Russlands Führung, die hohen eigenen Verluste nach innen zu verschleiern", so Klein.

Nordkorea: Spezialisten für die russische Rüstungsindustrie

Denn die hohen russischen Verluste in der Ukraine haben auch Folgen für die Rüstungsindustrie. Dort fehlen die eingezogen Soldaten. Mittlerweile seien auch Arbeiter und "nordkoreanische Spezialisten für die Rüstungsindustrie und hybride Operationen" in Russland gesichtet worden, so Russland-Expertin Klein in dem DW-Interview. Das deckt sich mit Informationen aus einem Hintergrundgespräch des nationalen Sicherheitsrates der Ukraine im Juni in Kyjiw.

Kyjiw: Russland hat Probleme mit "Mobilisierungsreserve"

Damals sagte ein Sprecher gegenüber der DW: "Der Einsatz nordkoreanischer Elitetruppen durch Russland zeigt nicht nur eine zunehmende Abhängigkeit von totalitären Regimen, sondern auch ernsthafte Probleme mit seiner Mobilisierungsreserve." Nach nicht überprüfbaren westlichen Geheimdienst-Informationen soll Nordkoreas Machthaber Kim bereits damals über die Verschickung eines weiteren Kontingentes seiner Soldaten mit dem Kreml gesprochen haben.

Kim Jong Un im Telefonat mit Putin: Das Foto wurde am 13. August 2025 von der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA verbreitetBild: KCNA/REUTERS

Russland-Expertin Margarete Klein macht deutlich, dass sich an dieser Linie nichts geändert hat. Es gebe auch nach den Treffen von Putin und Trump in Alaska "immer noch kein Signal aus Moskau, dass sie wirklich zu sinnvollen Verhandlungen bereit sind und diesen Krieg beenden wollen", so Klein.