1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

Waffengeschäfte boomen weltweit - vor allem in Russland

Nina Werkhäuser
2. Dezember 2024

Die Einnahmen aus Rüstungsverkäufen sind 2023 weltweit gestiegen. Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI legten Hersteller aus Russland und dem Nahen Osten am stärksten zu.

Mehrere Leopard 2 Panzer der Bundeswehr bei einer Übung in Munster auf offenem Gelände
Leopard 2 und ein Puma-Schützenpanzer (hinten) der Bundeswehr bei einer Übung in DeutschlandBild: Sean Gallup/Getty Images

Es sind vor allem die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen, die die Nachfrage nach Waffen und Militärausrüstung in die Höhe treiben, aber auch die wachsenden Spannungen in Ostasien. Im Jahr 2023 stiegen die Einnahmen der 100 größten Waffenproduzenten der Welt auf insgesamt 632 Milliarden US-Dollar - ein Plus von 4,2 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022. Das geht aus einem aktuellen Bericht des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI hervor, das die Geschäftszahlen der 100 größten Rüstungsfirmen analysiert hat.

"Die wichtigste Entwicklung im Jahr 2023 war, dass insbesondere europäische und US-amerikanische Unternehmen schließlich in der Lage waren, die steigende Nachfrage aufgrund des Ukraine-Kriegs tatsächlich in steigende Einnahmen umzusetzen", erläutert Xiao Liang, einer der Autoren des Berichts, im DW-Interview. "Im Jahr 2022 haben wir gesehen, dass viele Unternehmen noch mit Altlasten wegen der Unterbrechung von Lieferketten durch die Corona-Pandemie zu kämpfen und Schwierigkeiten hatten, ihre Produktion hochzufahren."

Russland: Steigende Militärausgaben, wenig Transparenz

Die größten Zuwächse verzeichneten im Jahr 2023 russische Rüstungsfirmen. Ihre Einnahmen legten nach den Recherchen von SIPRI um 40 Prozent zu. Nachdem der anfangs erhoffte schnelle Sieg über die Ukraine sich nicht eingestellt habe, wurde die Produktion mittels staatlicher Aufträge hochgefahren. Raketen, Kampfflugzeuge und Drohnen würden teils im Mehrschichtsystem produziert, um die erheblichen Materialverluste an der Front auszugleichen, heißt es in dem Bericht.

Dass unter den Top 100 der Welt dennoch nur zwei russische Firmen sind, hat einen Grund. "Die meisten russischen Unternehmen haben 2022 damit aufgehört, Umsatzzahlen zu veröffentlichen", erläutert Xiao Liang. Allerdings nicht alle. Aufschluss gaben den Stockholmer Forschern vor allem die Daten von Rostec, der weltweiten Nummer 7 unter den Rüstungsfirmen. "Das ist eigentlich eine Holdinggesellschaft von sieben oder acht verschiedenen russischen Unternehmen, die wir früher in unserer Datenbank hatten. Wir haben also immer noch ein recht gutes Bild davon, wie sich diese Firmen entwickelt haben", betont Liang.

Die einzige ukrainische Firma unter den Top 100 ist die JSC Ukrainian Defense Industry. Sie steigerte ihre Einnahmen um 69 Prozent.

Deutsche Hersteller im Aufwind

Auf die europäischen Rüstungsfirmen (ohne Russland) hat sich der Krieg in der Ukraine unterschiedlich ausgewirkt. Einige Länder, etwa Frankreich und Italien, verzeichneten deutliche Rückgänge bei den Einnahmen. Die der deutschen Firmen stiegen hingegen um 7,5 Prozent an.

Insgesamt rangieren vier deutsche Rüstungsproduzenten unter den Top 100 der Welt: Rheinmetall, Thyssen Krupp, Hensoldt und Diehl. Rheinmetall liegt als größter deutscher Konzern auf Platz 26 der Rangliste und konnte seine Einnahmen um zehn Prozent steigern. Die Firma stellt unter anderem die 155mm-Artillerie-Munition, Panzerhaubitzen und gepanzerte Fahrzeuge her - Rüstungsgüter, die wegen des Krieges in der Ukraine stark nachgefragt sind.

Noch höher war der Zuwachs bei der Firma Diehl, die Lenkflugkörper und Luftverteidigungssysteme produziert. Diehl verzeichnete 2023 einen Zuwachs von 30 Prozent.

Gestiegene Nachfrage: Zwei Panzerhaubitzen 2000 in einer Produktionshalle des deutschen Rüstungsunternehmens RheinmetallBild: Philipp Schulze/dpa/picture alliance

Europa mit schwachem Wachstum

Trotz der Zuwächse einzelner Firmen war Europa in der Summe die Weltregion mit dem geringsten Wachstum im Rüstungssektor - mit einem Plus von nur 0,2 Prozent im Vergleich zu 2022. Das hängt auch mit den geringen Produktionskapazitäten und vergleichsweise niedrigen Verteidigungsbudgets zusammen. 

Angeführt wird die Liste der 100 weltgrößten Rüstungsfirmen weiterhin von den US-Giganten Lockheed Martin und RTX, ehemals Raytheon. Beide verzeichneten 2023 leichte Einnahmerückgänge. Laut SIPRI hat das mit der eingeschränkten Verfügbarkeit spezieller Komponenten oder Rohstoffe zu tun, die in der Luftfahrt und bei der Herstellung von Raketen gebraucht werden. Nicht die Nachfrage ist hier also das Problem, sondern die Lieferketten. Generell waren kleinere Hersteller im Jahr 2023 schneller in der Lage, ihre Produktion hochzufahren als große Konzerne. 

Geänderte Bedrohungslage in Ostasien

In Asien konnten vor allem Rüstungsunternehmen aus Südkorea und Japan ihre Einnahmen deutlich steigern - eine Reaktion auf die gestiegenen Spannungen in der Region.

Japan rüstet seit 2022 so massiv auf wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Südkoreanischen Waffenherstellern ist es gelungen, auch auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. So verkauft etwa die Hyundai Rotem Company Kampfpanzer an Polen.

In China, wo sich das Wirtschaftswachstum generell verlangsamt hat, stiegen die Einnahmen der Rüstungsfirmen 2023 nur um 0,7 Prozent. Das war das geringste Wachstum seit 2019. Nach Einschätzung von Xiao Liang wird die chinesische Rüstungsindustrie dennoch auf einem Wachstumskurs bleiben. Die Modernisierung des chinesischen Militärs sei "eine Priorität für die chinesische Regierung und für Präsident Xi persönlich".

Das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome fängt Raketen abBild: Amir Cohen/REUTERS

Rekordeinnahmen für israelische Hersteller

Sechs der 100 größten Waffenhersteller sind im Nahen Osten ansässig. Ihr Umsatz stieg 2023 um 18 Prozent auf 19,6 Milliarden Dollar. Nach dem Beginn des Kriegs im Gazastreifen erreichten die Rüstungseinnahmen der drei israelischen Unternehmen die Rekordsumme von insgesamt 13,6 Milliarden Dollar.

Das war der höchste Wert, der jemals von israelischen Waffenproduzenten in den Top 100 verzeichnet wurde. Zu diesen Firmen gehören die Hersteller des Schutzschirms "Iron Dome", der Raketenangriffe auf Israel abwehrt.