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PolitikGuatemala

Wahl in Guatemala im Schatten von Korruption und Repression

25. Juni 2023

In Guatemala sind 9,3 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. An der Abstimmung gibt es heftige Kritik, weil drei oppositionellen Kandidaten nicht zugelassen wurden.

Guatemala | Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
Soldaten patroullieren kurz vor der Wahl durch die Hauptstadt Guatemalas Bild: Luis Acosta/AFP/Getty Images

Bei der Präsidentenwahl an diesem Sonntag darf der rechtsgerichtete Amtsinhaber Alejandro Giammattei nach einer Amtszeit nicht erneut kandidieren. Um seine Nachfolge bewerben sich der 72 Jahre alte Ex-Diplomat Edmond Mulet, der für die Mitte-Rechtspartei Cabal antritt, die 67-jährige Sandra Torres, die bereits zum vierten Mal um die Präsidentschaft kämpft, sowie Zury Ríos, die 55-jährige die Tochter des verstorbenen Generals und Diktators Efraín Ríos Montt.

Er darf nicht wieder kandidieren: Präsident Alejandro Giammattei Bild: Johan Ordonez/AFP/Getty Images

Sie alle könnten Umfragen zufolge etwa 20 Prozent der Stimmen erhalten und damit in die Stichwahl kommen. Die soll im August stattfinden, falls nicht eine Bewerberin oder ein Bewerber im ersten Wahlgang wider Erwarten doch mehr als 50 Prozent für sich verbuchen kann. Neben dem Präsidenten werden in Guatemala auch ein neues Parlament, neue Bürgermeister sowie die Abgeordneten des Zentralamerikanischen Parlaments gewählt.

Zentrales Thema: Sicherheit

Für alle drei Favoriten spielte die Sicherheitspolitik im Wahlkampf eine wichtige Rolle. Alle orientieren sich dabei am Präsidenten El Salvadors, Nayib Bukele. Der Staatschef des Nachbarlands hat mithilfe von menschenrechtlich umstrittenen Maßnahmen wie einem dauerhaften Ausnahmezustand und Massenverhaftungen die Gewalt eingedämmt und gewann damit großen Rückhalt in der Bevölkerung. Auch Guatemala leidet unter der massiven Bandenkriminalität. 2022 wurden mehr als 3.000 Menschen ermordet.

Die Kandidatin Sandra Torres bei einem WahlkampfauftrittBild: Cristina Chiquin/REUTERS

Fast 60 Prozent der 17 Millionen Guatemalteken sind arm. Viele wandern in die USA aus, um das Überleben ihrer Familien zu sichern. Etwa 18 Milliarden US-Dollar haben sie 2022 in ihre Heimat überwiesen. Zugleich ziehen zahlreiche Migranten durch das mittelamerikanische Land, um in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Guatemala ist deshalb für Washington ein wichtiger Kooperationspartner in der Eindämmung der Migration geworden.

Drei Kandidaten ausgebootet

Schon jetzt scheint eines sicher: Egal, wer aus der Präsidentenwahl als Siegerin oder Sieger hervorgehen wird - am Ende bleibt ein Makel an der kommenden Amtszeit des Staatsoberhaupts in dem mittelamerikanischen Land. Das liegt an Entscheidungen der für die Wahl zuständigen guatemaltekischen Behörden, die gleich drei Kandidaten mit mehr oder weniger aussichtsreichen Chancen vom Wahlzettel gestrichen haben.

Die Linkspolitikerin Thelma Cabrera von der "Bewegung für die Befreiung der Völker" wurde ebenso wie der frühere Ombudsmann für Menschenrechte, Jordan Rodas, und der Unternehmer Carlos Pineda von den Wahlen ausgeschlossen. Pineda hatte den amtierenden Staatschef Giammattei der Korruption beschuldigt. Mit Cabrera verliert die indigene Bevölkerung, die 45 Prozent der guatemaltekischen Bevölkerung stellt, ihre aussichtsreichste Kandidatin.

Unterstützer von Carlos Pineda protestieren gegen seinen Ausschluss von der Wahl Bild: Luis Echeverria/REUTERS

Die Mittelamerika-Referentin des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Ines Klissenbauer, kritisiert: "Nahezu alle aussichtsreichen Kandidatinnen und Kandidaten der Opposition sind mit Hilfe des Verfassungsgerichts in abgekarteten, von oben gelenkten Verfahren von der Wahl ausgeschlossen worden." Unabhängige Richter, Journalisten und Vertreter von Indigenenverbänden würden systematisch kriminalisiert: "Viele haben das Land verlassen, um unfairen Prozessen zu entgehen", fasst die Adveniat-Expertin die Situation zusammen. "Rechtsstaatlichkeit existiert im Land nicht mehr."

Repressionen gegen Journalisten und Juristen

Die Wahlen werden zudem überschattet von Vorwürfen gegen Präsident Giammattei. Er wird beschuldigt, repressiv gegen kritische Journalisten und Juristen vorzugehen. Zuletzt übte die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) nach der Verurteilung des Journalisten Jose Ruben Zamora wegen angeblicher Geldwäsche Kritik. Der Direktor der mittlerweile eingestellten Tageszeitung "El Periódico", José Rubén Zamora, muss für sechs Jahre hinter Gitter. Sein Blatt hatte Fälle von Korruption aufgedeckt.

Der Journalist Jose Ruben Zamora Marroquin wird nach einem Gerichtsprozess abgeführtBild: Luis Echeverria/REUTERS

Zudem wurden mehrere Richter und Staatsanwälte, die mit der UN-Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) kooperiert haben, kriminalisiert oder sind ins Exil gegangen. Die Kommission hatte sich ab 2006 für die Aufdeckung der kriminellen Strukturen eines Teils der politischen Elite eingesetzt und wurde 2019 vom damaligen Präidenten Jimmy Morales des Landes verwiesen.

Derweil zeichnet der guatemaltekische Kardinal Alvaro Leonel Ramazzini Imeri, Bischof von Huehuetenango, unmittelbar vor den Wahlen ein verheerendes Bild zur Lage im Land: In Guatemala gebe es eine "Unterwerfung der öffentlichen Institutionen unter die Interessen der oligarchischen Eliten, der transnationalen Konzerne, des Drogenhandels, des organisierten Verbrechens, der illegalen Einrichtungen und der klandestinen Sicherheitsapparate". Angeführt werde diese Unterwerfungsbewegung von der Wirtschaftselite, von der "neofaschistischen Militärführung und der korrupten Klasse", sagte Ramazzini der Tageszeitung "Prensa Libre". Diese Dynamik habe zu einem "gescheiterten Staat geführt, der durch den zunehmenden Verfall aller Institutionen gekennzeichnet ist".

Die Wahllokale öffnen um 7.00 Uhr (Ortszeit, 15.00 Uhr MESZ) und schließen um 18.00 Uhr (02.00 Uhr Montag).

kle/sti (epd, kna, afp, dpa, rtre)

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