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PolitikPakistan

Wahl in Pakistan: Unabhängige Kandidaten vorne

9. Februar 2024

Bei der Parlamentswahl in Pakistan schneiden unabhängige Kandidaten besser ab als erwartet. Nach Auszählung von etwa der Hälfte der 266 Wahlkreise sammelten sie die meisten Wählerstimmen ein.

Wahlhelfer in Lahore zählen Stimmzettel während der Parlamentswahl
Wahlhelfer unterstützen die Auszählung der Stimmzettel für die Parlamentswahl Bild: NAVESH CHITRAKAR/REUTERS

Nach Angaben der Wahlkommission in Pakistan entfielen fast 40 Prozent der Wählerstimmen auf Kandidaten, die als unabhängig registriert sind. Beobachtern zufolge steht ein Großteil dieser Kandidaten dem inhaftierten früheren Premierminister Imran Khan und dessen Oppositionspartei Tehreek-e-Insaf (PTI) nahe.

Auf dem zweiten Platz liegt nach den Teilauszählungen der Wahlbezirke die konservative Partei Muslimliga-Nawaz (PML-N) des dreimaligen bisherigen Premierministers Nawaz Sharif mit gut 30 Prozent. Laut Beobachtern genießt der 74-jährige Parteigründer Sharif die Unterstützung des mächtigen Militärs. Die Volkspartei PPP mit ihrem 35 Jahre alten Spitzenkandidaten Bilawal Bhutto Zardari folgt mit rund 25 Prozent. Der Oxford-Absolvent und frühere Außenminister gilt als Außenseiter, aber wichtigster Kontrahent Sharifs.

Khan praktisch kaltgestellt

Der populäre Ex-Regierungschef Khan war in der vergangenen Woche wegen Hochverrats, Bestechung sowie einer illegalen Ehe zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden und sitzt im Gefängnis. Der 71-jährige Politiker sieht sich als Opfer einer politischen Verschwörung und macht das mächtige Militär dafür verantwortlich. Auch ein Großteil seiner Parteifreunde wurde von der Wahl ausgeschlossen. Dafür traten aber viele unabhängige Kandidaten an, viele von ihnen mit Unterstützung der PTI.

Pakistan: Das Militär und die Wahlen

02:37

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Außerdem hatte der Oberste Gerichtshof PTI-Mitgliedern die Verwendung des Parteisymbols - eines Kricketschlägers – verboten. In Pakistan setzen die Parteien Symbole ein, um damit Analphabeten zu helfen, sie auf den Wahlzetteln zu finden. Die PTI konnte keine Kundgebungen abhalten oder Wahlkampfbüros eröffnen, und ihre Online-Veranstaltungen wurden blockiert. Wegen des Vorgehens gegen die PTI war erwartet worden, dass die PML-N von Regierungschef Sharif die meisten Parlamentssitze gewinnen würde.

Wie wird sich Zardari entscheiden?

Zuletzt waren die PPP und Sharifs PML-N Teil einer breiten Regierungskoalition, die Khan im April 2022 gestürzt hatte. Allerdings schloss Bhutto Zardari am Abend vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit der PML-N zunächst aus. Die PML-N und PPP dürften nun auch um die Gunst der unabhängigen Kandidaten werben. In der Vergangenheit hatten pakistanische Politiker häufiger ihre Loyalität gewechselt. 

Bisher in einer Außenseiterrolle: der Kandidat Bilawal Bhutto ZardariBild: DW

Die pakistanische Nationalversammlung hat 336 Sitze, von denen 266 direkt gewählt werden. Weitere 60 Sitze sind für Frauen und zehn für Nichtmuslime reserviert, die entsprechend der Stärke der einzelnen Parteien besetzt werden. Es wird erwartet, dass durch die zusätzlichen Sitze die großen etablierten Parteien ihr Gewicht im Parlament im Vergleich zu den Unabhängigen ausbauen können. Unabhängige Kandidaten haben 72 Stunden nach der Wahl Zeit, sich anderen Parteien anzuschließen oder eigene Fraktionen zu gründen. 

Manipulationsvorwürfe nach verzögerter Auszählung

Nach Internetsperren am Wahltag und massiven Verzögerungen bei der Auszählung der Stimmen haben Beobachter und Oppositionsanhänger Zweifel an einer freien und fairen Wahl geäußert. Die Wahlkommission hatte "Internetprobleme" für die stundenlange Verzögerung der Wahlergebnisse verantwortlich gemacht.

Rund 130 Millionen Wahlberechtigte waren am Donnerstag aufgerufen, über die Machtverteilung in der Nationalversammlung und vier Provinzparlamenten abzustimmen. Überschattet wurde die Wahl von Gewalt und Manipulationsvorwürfen.

Bei der Stimmabgabe In Pakistan wird der Daumen des Wahlberechtigten markiertBild: Navesh Chitrakar/REUTERS

Die Parlamentswahl fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Zehntausende Soldaten wurden unter anderem zur Absicherung der Wahllokale eingesetzt. Die Grenzen zum Iran und zu Afghanistan sowie das Mobilfunknetz wurden zeitweise gesperrt. 

Am Mittwoch waren bei zwei Explosionen in der südwestlichen Provinz Belutschistan in der Nähe von Büros von Kandidaten mindestens 26 Menschen getötet worden. Dies schürte die Angst vor weiteren Anschlägen.

Die Atommacht Pakistan ist mit 240 Millionen Menschen das fünftbevölkerungsreichste Land der Welt. Das asiatische Land steckt wirtschaftlich in der Krise. Die Inflation liegt bei rund 30 Prozent und die Landeswährung Rupie befindet sich seit drei Jahren im freien Fall.

kle/se (dpa, ape, afpe, rtre)

Redaktionsschluss: 18 Uhr MEZ. Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.