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Deutschland: AfD-Rechtspopulisten im Westen gestärkt

Veröffentlicht 14. September 2025Zuletzt aktualisiert 15. September 2025

Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen bleibt die konservative CDU stärkste Kraft. Aber die in Teilen rechtsextreme AfD verdreifacht ihr Ergebnis von 2020. Die Grünen sind enorm geschwächt.

Bei einer AfD Wahlkampfveranstaltung in Mühlheim hält jemand ein herzförmiges Schild hoch mit der Aufschrift "Unser Land zuerst!" Andere Menschen wedeln Deutschlandflaggen. Im Hintergrund spricht jemand auf der Bühne vor einem AfD-Schriftzug.
Die in Teilen rechtsextreme AfD war bei den Wahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW extrem erfolgreich - auch ein Stimmungstest für die neue Bundesregierung in BerlinBild: Oliver Mueller/Funke Foto Services/imago images

Verluste für die Sozialdemokraten, eine herbe Klatsche für die Grünen. Ein ordentliches Abschneiden für die Konservativen von der CDU. Und vor allem: Starke Gewinne für die in Teilen rechtsextreme "Alternative für Deutschland" (AfD): Das ist das Ergebnis der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Am Sonntag waren im bevölkerungsreichten Bundesland Deutschlands rund 13,7 Millionen Menschen zur Abgabe ihrer Stimme aufgerufen.

Bei den Kommunalwahlen ging es um rund 20.000 Mandate in den Parlamenten von fast 400 Städten und Gemeinden und um neue oder bestätigte Bürgermeister in größeren Städten. Für die Bundesregierung in Berlin hat die Wahl keine direkten Konsequenzen, war aber der erste und ein wichtiger Stimmungstest nach der Übernahme der Macht in Berlin am 6. Mai.

CDU gewinnt die Wahl, AfD legt stark zu

Laut vorläufigem Landesergebnis erreichte die CDU 33,3 Prozent. Die SPD kam auf 22,1 Prozent, wie die Landeswahlleiterin mitteilte. Die AfD errang 14,5 Prozent, die Grünen bekamen 13,5 Prozent. Schon bei der Bundestagswahl im Februar hatte die AfD in NRW die Grünen überholt.

Klarer Verlierer waren damit die Grünen, die deutlich Stimmenanteile verloren. Und klarer Gewinner die AfD, die ihr Ergebnis von vor fünf Jahren fast verdreifachte. Der Landeschef der AfD, Martin Vincentz, sagte am Sonntag über die Wahl: "Sie war eine Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes. Und wer den Wählerwillen ignoriert, wird von den Wählern abgestraft."

Vergleich mit 2020 nur bedingt tauglich

Aber der Vergleich mit der Kommunalwahl von 2020 taugt nicht unbedingt, um das Ergebnis zu bewerten. 2020 befand sich Deutschland mitten in der Corona-Pandemie, die AfD war im ganzen Land bei weitem noch nicht so populär wie jetzt.

In den Jahren danach erlebten auch die Menschen in Nordrhein-Westfalen zunächst eine Bundesregierung aus Sozialdemokraten, Grünen und FDP, die am Ende im erbitterten Streit zerbrach und allen drei Parteien viele Sympathien kostete. Wohnungsnot, innere Sicherheit und Asylpolitik waren auch damals schon wichtige Themen, aber noch nicht so dominant wie jetzt. Und 2020 gab es noch keinen Krieg in der Ukraine und keine Eskalation der Gewalt in Nahost.

Mit anderen Worten: Viele Probleme, die die Bürgerinnen und Bürger verunsichern, haben sich seit 2020 potenziert. Die Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal im Juli 2021 führte zu 135 Todesfällen und massiven Zerstörungen in der Region, die bis heute spürbar sind. Davon konnte die AfD offensichtlich profitieren.

Wüst: Erfolg der Rechtspopulisten "kann uns nicht ruhig schlafen lassen"

Das sorgte dann auch den Ministerpräsidenten des Bundeslandes, Hendrik Wüst von der CDU. Er sagte am Abend zur vorläufigen Prognose: "Diese Ergebnis muss uns zu denken geben, kann uns auch nicht ruhig schlafen lassen. Selbst meine Partei nicht, die die Wahl so klar gewonnen hat." Und Wüst formulierte dann auch gleich Fragen, die sich nach seiner Ansicht aus dem Wahlergebnis ergeben: "Was sind die richtigen Antworten in Sachen Armutsmigration? Sind alle Teile unseres Sozialsystems wirklich gerecht?" 

Auch in der Fußball-Stadt Gelsenkirchen ist die teilweise rechtsextreme "Alternative für Deutschland" (AfD) im AufwindBild: Christoph Reichwein/dpa/picture alliance

Wüst wertet das starke Abschneiden der AfD also im Wesentlichen als Protestwahl. Er selbst regiert das gesamte Bundesland seit Oktober 2021 und stand am Sonntag nicht zur Wahl.

Ein Stimmungstest auch für Bundeskanzler Merz

Auch die neue Bundesregierung aus Konservativen und Sozialdemokraten in Berlin hat schon rasch nach der Wahl von Friedrich Merz (CDU) zum neuen Kanzler im Mai an Zuspruch verloren. Für den Regierungschef war die Wahl in den NRW-Kommunen auch deshalb wichtig, weil er selbst aus Nordrhein-Westfalen stammt. Der CDU-Politiker war schon am Samstag auf ein gutes Abschneiden der AfD vorbereitet. Bei einem Besuch der Henkel-Werke in Düsseldorf sagte Merz: "Ich werde mir das morgen Abend und auch am Montag in aller Ruhe anschauen und dann daraus Konsequenzen ziehen im Hinblick auf die Art, wie wir Wahlkämpfe führen, im Hinblick darauf, wie wir Themen behandeln." 

Die Konservativen bleiben stärkste Kraft in den NRW-Kommunen: Ministerpräsident Hendrik Wüst und Bundeskanzler Friedrich Merz Anfang SeptemberBild: Malte Ossowski/Sven Simon/IMAGO

Enttäuscht reagierten die SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil. Bas sagte am Sonntag: "Es ist richtig, dass wir den Abwärtstrend nicht stoppen konnten." Das gute Ergebnis der AfD müsse allen demokratischen Parteien Sorge machen. Der Co-Vorsitzende und Vizekanzler Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur, die wirtschaftliche Lage habe die Wähler am stärksten umgetrieben: "Wir werden nicht nachlassen, wenn es um Wirtschaftswachstum und sichere Arbeitsplätze geht. Das hat für uns Priorität." 

AfD auch in früherer SPD-Hochburg stark

Besonderes Augenmerk über Nordrhein-Westfalen hinaus lag bei der Kommunalwahl auf einigen Städten: In Gelsenkirchen etwa, gekennzeichnet von maroder Infrastruktur, hoher Arbeitslosigkeit und hohem Ausländeranteil, hatte die AfD bei der Bundestagswahl im Februar die meisten Zweistimmen geholt, was über die Stadt hinaus Schlagzeilen machte. Lange Jahrzehnte davor war die Stadt mitten im Ruhrgebiet Hochburg der SPD gewesen. Jetzt steht - genau wie im nahen Duisburg und in Hagen - eine Stichwahl zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern der Sozialdemokraten und der CDU sowie der AfD an. 

Der Beitrag wurde am Wahlabend auf Grundlage der Prognosen erstellt und am Montagmorgen mit Zahlen der vorläufigen Endergebnisse aktualisiert.