Polen: Tusk zieht Konsequenz aus Wahlschlappe
3. Juni 2025
Die Niederlage seines politischen Verbündeten Rafal Trzaskowski bei der Präsidentenwahl in Polen bringt Regierungschef Donald Tusk in Bedrängnis. Er werde im Parlament die Vertrauensfrage stellen, kündigte Tusk an. Das Agieren seiner Regierung unter dem künftigen Präsidenten Karol Nawrocki werde "Einheit und Mut" der Dreier-Koalition erfordern. Die Vertrauensabstimmung solle dafür ein erster Test sein, sagte Tusk. Inzwischen vereinbarte er mit Parlamentspräsident Szymon Holownia, dass der Sejm in Warschau dazu am 11. Juni zusammentritt.
Nawrocki, der von der rechtskonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nominiert worden war, hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag mit 50,89 Prozent der Stimmen knapp gewonnen. Der Pro-Europäer Trzaskowski erhielt 49,11 Prozent. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski meinte, das Wahlergebnis sei die "rote Karte" für Tusks Regierung. Diese solle abtreten.
Tusk führt seit Ende 2023 ein Mitte-Links-Bündnis aus drei Parteien. Wichtigstes Projekt seiner Regierung ist es, Eingriffe in die Rechtsstaatlichkeit rückgängig zu machen, die die PiS während ihrer Regierungszeit von 2015 bis 2023 vornahm.
Totalblockade durch Nawrocki?
Entsprechende Gesetzentwürfe hat der noch amtierende Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, bisher blockiert. Politische Beobachter erwarten, dass Nawrocki genauso verfahren - oder möglicherweise sogar mit größerer Härte vorgehen wird. "Wenn Duda der Regierung einen Stock in die Speichen gesteckt hat, dann werden es bei Nawrocki zwei sein", prophezeite Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski in einem TV-Interview.
"In Übereinstimmung mit der Verfassung und unserem Gewissen werden wir mit dem neuen Präsidenten überall dort zusammenarbeiten, wo dies notwendig und möglich ist", betonte Tusk. Zugleich versicherte er: "Alle werden sehen, dass die Regierung nicht vorhat, auch nur einen Schritt zurückzuweichen."
Staatsoberhaupt mit Einfluss
In Polen hat das Staatsoberhaupt - anders als etwa der Bundespräsident in Deutschland - auch Einfluss auf die Außenpolitik. Im Kriegsfall ist der Amtsinhaber der Oberkommandierende der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er mit seinem Vetorecht der Regierung das Leben schwer machen. Um das Veto des Präsidenten aufzuheben, braucht es im Parlament eine Mehrheit von 60 Prozent der Abgeordneten, über die das Mitte-Links-Bündnis von Tusk nicht verfügt.
Er wolle Polen zu einer größeren internationalen Bedeutung verhelfen, erklärte Nawrocki. Einen NATO-Beitritt der Ukraine lehnt der Polit-Neuling ab. Den etwa eine Million ukrainischen Flüchtlingen in seinem Land wirft er vor, sich zu bereichern.
Nawrocki gilt als Bewunderer von US-Präsident Donald Trump, den er schon Anfang Mai im Weißen Haus in Washington traf. "Glückwunsch Polen, ihr habt einen Sieger gewählt", schrieb Trump denn auch auf seiner Onlineplattform Truth Social. Und er zitierte eine Schlagzeile des ultrakonservativen Senders Newsmax: "Ein Trump-Verbündeter siegt in Polen und schockiert ganz Europa."
wa/AR (dpa, afp, rtr)