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Wahlen gewinnen mit dem Internet

19. August 2009

Ohne das World Wide Web wären Parteien und Politiker chancenlos. Wie man’s macht, hat US-Präsident Obama erfolgreich gezeigt. Über die Rolle des Internets bei Wahlen in Deutschland gibt es jetzt eine aktuelle Studie.

Säulen-Diagramme belegen, welche Bedeutung das Internet vor allem bei jungen Menschen beim Themen wie Politik und Wahlen hat. Grafik: Bitkom

Das Internet wird wahlentscheidend. Zu diesem Befund kommen das Meinungsforschungsinstitut Forsa und der Hightech-Verband Bitkom. Das Netz könnte sogar dabei behilflich sein, etwas gegen die weit verbreitete Politikverdrossenheit und niedrige Wahlbeteiligung zu unternehmen, glauben die Autoren der Studie.

Jungen Menschen bevorzugen das Netz

Parteien im NetzBild: DW-Montage/picture-alliance/maxppp

Dass junge Menschen das Internet am meisten nutzen, ist längst ein Allgemeinplatz. Weshalb es auch kaum überrascht, dass sich drei Viertel der 18- bis 29-jährigen im Web über Politik informieren, während dieses Medium in der Gesamtbevölkerung noch hinter den klassischen Medien auf Platz fünf rangiert. Und dennoch ist fast jeder zweite Wahlberechtigte davon überzeugt, das Internet sei wahlentscheidend. Anders ausgedrückt: auch Menschen, die selten bis gar nicht im Netz surfen, messen diesem Medium eine überragende Bedeutung bei Wahlen zu.

Content aus den klassischen Medien

Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer betont, dass Politik-Interessierte auch im Netz auf bekannte Namen und Marken setzen. Angeklickt würden vor allem die Internet-Seiten von Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen sowie des Fernsehens und Radios. "Der Content kommt also weiterhin aus den klassischen Medien, aber er wird in neuer Form konsumiert", sagt Scheer.

Soziale Netzwerke wie Facebook oder StudiVZ spielten eine zunehmend größere Rolle, ähnliches gelte für Blogger- und Twitter-Foren. So könne man sich ein besseres Bild von Politikern und Kandidaten machen. Die Nutzer wollten wissen, welchen politischen Werdegang Kandidaten haben. Aus welchem Umfeld kommt er? Kann ich ihm vertrauen? Oder was hat er noch für Verbindungen? Hat er Nebentätigkeiten? Ist er dadurch irgendwie in seiner Meinung beeinflusst? Lauter Fragen, auf die man im Internet schnell Antworten finden kann.

Höhere Wahlbeteiligung durch Online-Wahl?

Forsa-Chef Manfred Güllner plädiert für Online-Wahlen.Bild: Forsa

Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, verspricht sich vom Internet Erfolge im Kampf gegen Politikverdrossenheit. Laut Studie hätte die Beteiligung an der Europa-Wahl im Juni in Deutschland 54 statt 43 Prozent betragen können, wenn man seine Stimme im Netz hätte abgeben können.

Abgesehen davon ist aber vor allem die Interaktion im Netz von großer Bedeutung. US-Präsident Barack Obama habe demonstriert, wie man mit Hilfe des World Wide Web Nähe herstellen könne, verweist Güllner auf ein berühmtes Vorbild. Der Forsa-Chef sagt aber auch, Obama habe gewonnen, weil er Obama sei. "Man kann die Defizite der Politik nicht durch das Internet beheben. Wenn man keinen Menschen mit Charisma hat, nützt das beste Internet nichts", meint Güllner. Aber das Internet sei eine wichtige Ergänzung und richtig genutzt könne es dabei helfen, Entfremdungsprozesse zwischen Politkern und Wählern abzumildern.

(Noch) keine amerikanischen Verhältnisse

Bitkom-Chef August-Wilhelm Scheer verweist aber auch darauf, dass die US-amerikanischen Verhältnisse mit den deutschen nicht vergleichbar seien – noch nicht. Abzulesen sei das beispielsweise an der Zahl der sogenannten Unterstützer. Das sind Menschen, die sich im Internet als Anhänger eines Politikers registrieren und ständig auf dem Laufenden gehalten werden, etwa über Wahlkampf-Auftritte ihrer Favoriten.

Bei Facebook habe Bundeskanzlerin Angela Merkel 14.000 Unterstützer, ihr Herausforderer, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, 5 000. Hochgerecht auf alle sozialen Netzwerke käme Merkel etwa auf 100 000 Unterstützer, Steinmeier auf 20.000, vermutet Scheer. Zum Vergleich: US-Präsident Obama hatte rund fünf Millionen Wahl-Unterstützer im Internet. Deutschland ist auf diesem Gebiet also noch ein Entwicklungsland.

Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Manfred Böhm