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Politik

Wahlen im digitalen Zeitalter in Gefahr

15. Februar 2020

Facebook, Twitter und Co. werden für die Manipulation von Wahlen missbraucht. Die Münchner Sicherheitskonferenz diskutiert, wie das Herz der Demokratie geschützt werden kann.

USA russiche Wahlinterferenz in Facebook
Russland manipuliert über Anzeigen auf Facebook politische Debatten in den USA - wie auch bei diesen Posts aus 2017 Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Elswick

Nicht nur in den USA wird in diesem Jahr gewählt. Wenn die Kofi Annan Foundation richtig gezählt hat, werden 2020 weltweit rund 80 Wahlen abgehalten. Und über allen schwebt die Frage: Wie schützt man sie vor ausländischen Kräften oder auch inländischen Interessen, die neue Technologien, soziale Medien und Desinformation für großangelegt Manipulationen mobilisieren können?

Antworten versucht der Bericht der Kofi-Annan-Stiftung für Wahlen und Demokratie im digitalen Zeitalter zu geben. Der wurde jetzt auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt und erzeugte ein Gefühl von Dringlichkeit. Die Kommission konzentrierte sich in dem Bericht auf den globalen Süden. Weil dort Streit über die Legitimation von Wahlergebnissen häufig zu Unruhen führen - auch blutigen. Und weil dort eher unerkannt manipuliert werden kann. Es mangelt häufig an Überwachungsmöglichkeiten und unabhängig agierenden Institutionen.

"Für die absehbare Zukunft werden Wahlen in den Ländern des globalen Südens Brennpunkte für Hass im Netz, Desinformation, ausländische Beeinflussung und heimische Manipulation bleiben", bilanziert der Bericht düster.

Estlands früherer Präsident Ilves machte leidvolle Erfahrung mit Hackerangriffen auf sein Land (Archivbild 2015)Bild: DW

Testgebiet Afrika

Mit am Tisch bei der Präsentation der Studie war auch Toomas Hendrik Ilves, ehemals Präsident Estlands - eines Landes, das reiche Erfahrung mit Einflussversuchen und Angriffen ausländischer Mächte in der digitalen Sphäre hat. 2007 gab es einen großangelegten Hackerangriff, der das hochdigitalisierte Land nahezu lahmlegte. Er richtete sich gegen staatliche Organe, darunter das estnische Parlament, den Staatspräsidenten sowie diverse Ministerien, Banken und Medien. 2009 bekannte sich ein Funktionär der regierungsnahen russischen Jugendorganisation Naschi als Drahtzieher der Angriffe.

Ilves greift im Gespräch mit der DW die berüchtigte Datenanalysefirma Cambridge Analytica auf. Die hatte 2016 nicht nur beim Brexit Referendum und bei der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten eine Rolle gespielt. Laut Ilves war Cambridge Analytica bereits vorher in etlichen Ländern des globalen Südens aktiv, um im Kundenauftrag Wahlmanipulation zu betreiben. So gab es Medienberichten zufolge Eingriffe in die Wahlkämpfe in Kenia 2013 und 2017. "Als sie sahen, dass es funktionierte, wandten sie ihre Methode auch im transatlantischen Bereich an", so Ilves.

Wahlen in Kenia 2017 - waren die Wähler beeinflusst?Bild: Reuters/S. Modola

Hausaufgaben für Politiker und Gesetzgeber

Um Wahlen als Kernelement der Demokratie zu schützen, listet der Bericht 13 Vorschläge auf. Dazu gehört zum Beispiel die Forderung an Kandidaten und Parteien, sich zum Verzicht auf betrügerische Wahlkampfpraktiken zu verpflichten: Kein gestohlenes Material zu verwenden, keine manipulierten Bilder. Arbeit gibt es auch für die Gesetzgeber: Sie müssen klären, was überhaupt als politische Werbung gilt. Und sie sollen Betreiber von sozialen Medien zu umfangreichen Auskünften über die Auftraggeber von politischer Werbung zwingen. Die Plattformbetreiber selbst sollen transparenter werden, Daten an akademische Institutionen und die Zivilgesellschaft weitergeben. Und sie sollen vor allem dem User die Möglichkeit geben, politische Werbung grundsätzlich abzulehnen.

Im Facebook-Löschzentrum in Berlin. Hier werden zweifelhafte Posts und Konten von der Plattform entferntBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Es geht auch anders…

Mitautor Alex Stamos, ehemals Sicherheitschef von Facebook und heute bei der Universität Stanford, hatte immerhin auch ein positives Beispiel für das Zusammenspiel staatlicher Stellen mit Sozialen Medien bei Wahlen parat: Bei der Bundestagswahl 2017 habe Facebook eng mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, BSI, zusammengearbeitet. Damals hatte Facebook Tausende von Fake-Konten gelöscht, über die Falschinformationen verbreitet worden waren.

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