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Wahlen im Irak ungewiss

Peter Philipp8. November 2004

Die US-Truppen treiben ihre Großoffensive in Falludscha voran. Der größte Teil des Iraks befindet sich im Ausnahmezustand. Ob die geplanten Wahlen stattfinden können, bleibt ungewiss - meint Peter Philipp.

Der Irak kommt nicht zur Ruhe, im Gegenteil: Die Gewalt eskaliert von Tag zu Tag. Und das, obwohl - oder gerade weil - für den 27. Januar die ersten freien Wahlen an Euphrat und Tigris angesetzt sind.

Peter Philipp

Für beide Seiten ist das ein wichtiger Termin: Die Amerikaner und die von ihnen gestützte Übergangsregierung wollen aus diesen Wahlen eine Legitimierung ihres Vorgehens ableiten. Washington will zeigen, dass der Krieg eben doch Fortschritt in Richtung Demokratie und Freiheit gebracht hat und nicht nur den Sturz Saddam Husseins. Und die Regierung Allawi braucht diese Wahlen, um künftig nicht mehr als Provisorium und amerikanische Marionette dazustehen. Und dass die heutigen Führer des Irak auch die künftigen sein wollen - daran dürfte kaum ein Zweifel bestehen.

Die Gegenseite hingegen, die so schwer zu definieren ist, hat sich vorgenommen, alles zu unternehmen, um eine solche Entwicklung zu verhindern: "Normalisierung" - so schal dieser Ausdruck angesichts der täglichen Ereignisse im Irak auch klingt - darf nicht kommen, die Amerikaner sollen bedrängt, verfolgt und angegriffen werden, wo immer möglich. Und es ist den Aufständischen - von denen zumindest die Gruppe um Mussab al-Sarkawi eher den Titel "Terroristen" verdient - bei ihrem Handeln gleichgültig, ob mit den Amerikanern und Angehörigen der Übergangsregierung auch unschuldige Zivilisten umkommen. Je öfter Zivilisten getroffen werden, desto größer wird deren Wut auf die Amerikaner und ihre Bereitschaft, die Aufständischen zumindest gewähren zu lassen.

Von einem einheitlichen Widerstand gegen die Besatzer kann dabei auch weiterhin nicht die Rede sein: Die Konzentration auf Falludscha im so genannten "sunnitischen Dreieck" verdeutlicht, dass die Sunniten weiterhin fürchten, mit Wahlen und einer Normalisierung ihre bisherige Vormachtstellung zu verlieren. Denn wenn es mit rechten Dingen zuginge, dann müsste die schiitische Mehrheit des Irak bei freien Wahlen die Macht erlangen. Gelegentliche Bündnisse zwischen Sunniten und Schiiten - etwa dem radikalen Prediger Muktada al-Sadr - täuschen darüber hinweg, dass militante Sunniten nicht bereit sind, eine solche Machtübernahme der Schiiten hinzunehmen.

Falludscha ist nun der geballten Macht einer irakisch-amerikanischen Militärmaschinerie ausgesetzt und es steht zu befürchten, dass der Kampf hier erbarmungsloser geführt wird als vor Monaten in Nadschaf. Denn hier gibt es keine Heiligtümer zu schützen. Und Menschenleben zählen ja schon lange nicht mehr.

Auch wenn Falludscha erobert und der Widerstand dort erstickt würde: Es ist nicht zu erwarten, dass er dann in anderen Teilen des Landes auch abstirbt. Allawi brauchte den Ausnahmezustand eigentlich gar nicht erst zu verhängen, dieser herrscht schon seit über einem Jahr an. Und niemand vermag zu erklären, wie unter solchen Umständen "freie Wahlen" stattfinden sollen.

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