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Politik

Wahlen in der DR Kongo: Sorge vor dem großen Knall

Jonas Gerding
9. Januar 2019

In der Demokratischen Republik Kongo bringen sich die Menschen in Sicherheit. Angeblich steht die Verkündung der Wahlergebnisse bevor. Wenn der falsche Gewinner ausgerufen wird, könnte die angespannte Lage eskalieren.

Kongo Kinshasa Nach der Wahl
Bild: DW/Jonas Gerding

Normalerweise lässt sich unter dem alten Baobab in Kinshasas Innenstadt auch nach Einbruch der Dunkelheit noch ein Drink bestellen. Doch nun trägt das Personal bereits um 15 Uhr hektisch die Plastiktische weg, an denen sie bis vor kurzem noch die Gäste rund um den meterdicken Stamm des Urwaldbaums bedient haben. Eine der Kellnerin packt ihre Handtasche, um sich wie ihre Kolleginnen schnell auf den Heimweg zu machen. "Sie werden die Ergebnisse veröffentlichen", sagt sie knapp. 

Mehr braucht man in Kinshasa auch nicht zu wissen, um die Panik zu verstehen, die sich am Dienstagnachmittag schlagartig in der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo breit machte. Nach zwei Jahren Verzögerung wurde am 30. Dezember ein neuer Präsident gewählt. Die Wahlkommission CENI hatte eigentlich schon für den vergangenen Sonntag die Veröffentlichung vorläufiger Ergebnisse angekündigt, dann aber kurzfristig auf einen unbestimmten Termin in dieser Woche verschoben.

Sollte unter den 14 Millionen Einwohnern der Metropole der Eindruck enstehen, dass geschummelt wurde, könnte es sofort zu Protesten und Gewalt auf den Straßen kommen. Spätestens jedoch, als das Staatsfernsehen zur Hauptsendezeit am Abend keine Ergebnisse verkündigt, ist zweierlei klar: Es handelte sich nur um ein Gerücht. Und: Die Nerven in dem zentralafrikanischen Land liegen blank.

Sorge um heimliche Vereinbarung

Stadtauswärts sind die vier Spuren des Boulevards des 30. Juni verstopft. Am sowieso schon wuseligen Knotenpunkt Kitambo geht fast nichts mehr. Geschäfte und Büros schließen, sogar Straßenhändler wie Lokwa Merite räumen ihre hölzernen Stände ab, an denen sie kongolesische Francs bündelweise gegen Dollarnoten eintauschen, Sim-Karten und Handyguthaben verkaufen. "Gerüchten zufolge glauben alle, dass es Tshisekedi ist, der ausgerufen wird", sagt der 23-Jährige. "Sie sollen die Person nennen, die die Bevölkerung gewählt hat und die den Sieg verdient hat: Fayulu, die Nummer vier".

Straßenverkäufer Lokwa Merite hat seinen Stand geräumtBild: DW/Jonas Gerding

Das Gerücht verbreitete sich, nachdem Jean Marc Kabund, der Generalsekretär der UDPS, mögliche Treffen zwischen der Oppositionspartei Felix Tshisekedis und der Regierungspartei FCC um den Noch-Präsidenten Joseph Kabila und seinen Kandidaten Emmanuel Shadary einräumte. "Kabila und Tshisekedi haben ein Interesse daran, einen friedlichen Machtwechsel einzuleiten", so Kabund. Auf den Straßen wird das als krummer Deal zwischen zwei Parteien wahrgenommen, die eigentlich bereits gegen den populären Oppositionskandidaten Martin Fayulu der Bewegung Lamuka verloren hätten. Man munkelt, dass die Parteien ihre Vereinbarung mit getürkten Wahlergebnissen durchdrücken wollen.

Ernstzunehmende Umfragen und Hochrechnungen gibt es im Kongo nicht. Die Wahlkommission allein sei berechtigt, Ergebnisse zu veröffentlichen, bekräftigte deren Präsident Corneille Nangaa vergangenen Donnerstag. Ein Seitenhieb gegen die Wahlbeobachter, insbesondere die CENCO, die Repräsentanz der katholischen Kirche: "Sie kommen, beobachten und berichten. Aber es nicht ihre Aufgabe, Resultate zu kommunizieren".

Die Straßen um das Büro der Wahlkommission sind abgesperrtBild: DW/Jonas Gerding

40.000 Wahlbeobachter der katholischen Kirche waren auf die Wahllokale des Landes verteilt - und in der Regel auch bei der Auszählung zugegen. Das kongolesische Volk habe "eine klare Wahl an den Urnen abgeben können", sagte Abbé Donatien Nshole, der Generalsekretär der CENCO. Will heißen: Sie kennen den Gewinner - und könnten das Ergebnis öffentlich anzweifeln, wenn die Wahl manipuliert werden sollte.

Forderung nach Transparenz im Prozess

Die kongolesische Zivilgesellschaft sorgt sich darum, wie die Stimmen gezählt und veröffentlicht werden. "Der Prozess muss transparent verlaufen, das heißt die Bürger müssen vollständig und regelmäßig darüber informiert werden, was in jedem Stadium passiert", sagt Bischof Abraham Djamba Wa Shako, der die zivile Wahlbeobachter-Organisation SYMOCEL leitet. "Deshalb fordern wir die CENI dazu auf, mehr über alle Vorgänge zu informieren."

Bischof Djamba wünscht sich TransparenzBild: DW/Jonas Gerding

Leider geschehe dies nicht. Insbesondere die vorläufigen Ergebnisse einzelner Wahllokale - die so genannten "proces verbal" oder PVs - müssten öffentlich aufgehängt werden. Doch dies geschehe nicht, sagt Bischof Djamba: In 92 Prozent der Wahllokale, in denen bereits alle Stimmen ausgezählt wurden, seien die Ergebnisse noch immer nicht ausgehängt worden.

Wie auch die katholische Kirche möchte Djamba keine Veröffentlichung des provisorischen Ergebnisses auf einen Schlag: "Wir wünschen uns, dass die CENI die Resultate nach und nach veröffentlicht, und zwar Wahllokal für Wahllokal. Das würde es jedem ermöglichen, zu prüfen, was gerade passiert, am besten auf einer Internetseite."

Selbst wenn die Wahlkommission das vorhaben sollte, müsste das Regime dafür erst einmal die Internetsperre aufheben.

 

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