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Politik

Wahlen in Ecuador: War da was?

6. Februar 2021

Neoliberal, sozial oder ökologisch? Eigentlich stehen in Ecuador richtungsweisende Präsidentschaftswahlen an. Doch Armut und Corona haben für ein Klima von Apathie und Pessimismus gesorgt.

Ecuador Wahlen | Pachakutik-Partei
Indigene mit einem Flyer für den Kandidaten Yaku Perez im Wahlkampf in Ecuador Bild: Rodrigo Buendía/AFP

Die Unlust am Urnengang scheint groß. Zwischen 30 und 60 Prozent der 13 Millionen Wahlberechtigten in Ecuador hatten sich laut Meinungsumfragen vom 28. Januar noch nicht für einen Kandidaten entschieden. Corona, Arbeitslosigkeit und Armut haben das Interesse am Wahlkampf spürbar gedämpft.

"Die Leute sind skeptisch", sagt Ecuador-Expertin Ximena Zapata vom Hamburger Giga-Institut im DW-Gespräch. "Es gibt ein Gefühl des Misstrauens in der Bevölkerung gegenüber politischen Amtsträgern und Institutionen. Und auch gegenüber dem Wahlprozess und den Wahltribunalen."

Wahlplakate oder öffentliche Veranstaltungen gibt es kaum: Bis auf ein paar vereinzelte Autokorsos fand der Wahlkampf der insgesamt 16 Präsidentschaftskandidaten überwiegend im Netz statt. Die seit Monaten geschlossenen Schulen sollen an diesem Sonntag als Wahllokale fungieren. Es könnten sich lange Schlangen bilden, denn in Ecuador herrscht Wahlpflicht. 

Wirtschaft schrumpft, Armut wächst

Der Urnengang am Äquator gilt zugleich als Test für Wahlen in Pandemie-Zeiten in der Region. Denn nach Ecuador finden in diesem Jahr noch vier weitere Wahlen in Lateinamerika statt: Im April in Peru, und im November in Chile, Honduras und Nicaragua.

Die Pandemie hat Ecuador fest im Griff: Die Wirtschaft des Landes ist im vergangenen Jahr laut Internationalem Weltwährungsfonds (IWF) um 9,5 Prozent geschrumpft. Die Auslandsverschuldung summiert sich auf 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, und die Armutsrate ist während der Pandemie von 25 auf 36 Prozent emporgeschnellt.

Bestimmt den Wahlkampf aus dem belgischen Exil: Ecuadors Ex-Präsident Rafael CorreaBild: Rodrigo Buendia/AFP/Getty Images

Ecuadors amtierender Präsident Lenin Moreno hat offenbar genug von Krisenmanagement, Wirtschaftskrise und wachsender Kritik an seinem Kurs. Er hat auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die Wahlumfragen werden angeführt von dem linksgerichteten Politiker Andrés Arauz, der sich mehrfach gegen die Sparprogramme von Präsident Moreno ausgesprochen hat.

Arauz wird unterstützt von Ecuadors Ex-Präsident Rafael Correa, der das Land von 2007 bis 2017 regierte und mittlerweile im belgischen Exil lebt. Der 57-Jährige wurde im April 2020 wegen Korruption zu acht Jahren Haft verurteilt und darf in den kommenden 25 Jahren kein öffentliches Amt ausüben.

Comeback vom "Sozialismus des 21. Jahrhunderts"?

Unter Correa machte Nachwuchspolitiker Arauz eine Blitzkarriere. Schon mit 24 Jahren übernahm er die Leitung der Zentralbank, von 2015 bis 2017 war er Wissenschaftsminister. Im aktuellen Wahlkampf führt der mittlerweile 36-Jährige die Plattform "Unión por la Esperanza" (Union der Hoffnung) an.

Will in die Fußstapfen von Ex-Präsident Correa treten: Linkskandidat Andrés ArauzBild: Dolores Ochoa/AP Photo/picture alliance

Doch Correas politisches Comeback durch die Hintertür wäre auch bei einem Wahlsieg von Andrés Arauz unwahrscheinlich, meint Ecuador-Expertin Ximena Zapata. Von einer Neuauflage des sogenannten "Sozialismus des 21. Jahrhunderts", den Correa einst mit den Ex-Präsidenten Boliviens, Evo Morales, und Venezuelas, Hugo Chavez, anstrebte, ganz zu schweigen. 

"Es ist zu früh zu sagen, ob der Sozialismus des 21. Jahrhunderts zurückkehrt. In Südamerika ist die Linke nur in Argentinien und Bolivien an die Macht zurückgekehrt", stellt sie klar. Die Bedingungen hätten sich verändert. "Prägend für das Panorama ist die Wirtschaftskrise, nicht die Politik oder eine Ideologie", so Zapata.

Anhänger des konservativen Kandidaten Guillermo Lasso auf einer Kundgebung in der Hauptstadt QuitoBild: Jose Jacome/Agencia EFE/imago images

Lasso, der lachende Dritte?

Genau von dieser Stimmung könnte der konservative Konkurrent Guillermo Lasso nun profitieren, der in den Umfragen dicht hinter Arauz liegt. Der 65-jährige Banker und bekennende Katholik war Wirtschaftsminister während der Finanzkrise 1999 und kandidiert bereits zum dritten Mal für das Präsidentenamt.

"Lasso wird von vielen wegen seiner Nähe zu Präsident Lenin Moreno als obligatorischer Kandidat angesehen", schreibt der politische Analyst Sebastián Hurtado aus Ecuador in der Zeitschrift "World Politics Review". "Von ihm wird erwartet, dass er sich wieder stärker an die USA annähert, die Verträge mit dem IWF einhält und die Ölförderung ausweitet."

Lasso könnte an diesem Sonntag auch als lachender Dritter aus dem Rennen hervorgehen. Denn im linken Spektrum tummelt sich nicht nur der von Ex-Präsident Correa unterstützte Kandidat Andrés Arauz, sondern auch seine "ökologische Alternative": So wirbt der Kandidat Yaku Pérez, der in den Umfragen mittlerweile an dritter Stelle liegt, um seine potenziellen Wähler.

Könnte den Wahlausgang entscheiden: Der indigene Kandidat Yaku Pérez bezeichnet sich als "ökologischer Linker" Bild: Rodrigo Buendía/AFP

Der Indigene kämpft seit Jahrzehnten für den Schutz natürlicher Wasservorräte und wurde landesweit bekannt bei den Protesten gegen die Erdölförderungsprojekte unter Ex-Präsident Correa. Analyst Hurtado rechnet deshalb mit einem zweiten Wahlgang am 11. April. Seine Prognose: "Pérez kann die Überraschung der Wahlen werden."

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