Wahlen in Guinea-Bissau: Opposition vorab ausgeschaltet
20. November 2025
Embaló war 2019 erstmals gewählt worden und kandidiert nun für eine zweite Amtszeit, obwohl er ursprünglich nur eine Amtszeit angekündigt hatte. Im Wahlkampf gab er sich siegessicher und machte es sich zum Anliegen, die Wähler daran zu erinnern, wie viel er für das Land getan habe: "Ich muss den Menschen in Guinea-Bissau nichts mehr beweisen. Ich habe in den vergangenen Jahren alles gegeben, um Guinea-Bissau eine zweite Zukunft zu ermöglichen. Wollen sie das Land wirklich jemandem überlassen, der kein Konzept für die Zukunft hat?", so Embaló.
2023 löste er das oppositionell dominierte Parlament auf - nach bewaffneten Auseinandersetzungen, die er als versuchten Staatsstreich bezeichnete. Kritiker sahen darin einen Versuch, seine Amtszeit zu verlängern.
Tatsächlich beendete er sein Mandat nicht im Zeitplan: "Obwohl Embalós Amtszeit offiziell schon im Februar 2025 abgelaufen ist, blieb der amtierende Präsident im Amt", sagt der guineische Journalist und Universitätsprofessor Bacar Camará im DW-Interview. "Die folgenden Monate nutze Embaló, um die Opposition systematisch auszuschalten."
Das Ergebnis: Von 14 Parteien, die um 102 Parlamentsmandate konkurrieren, hat nur die Pro-Regierungsplattform "Nô Kumpu Guiné" ("Gemeinsam für Guinea-Bissau") reale Chancen auf eine Mehrheit. Erstmals in der Geschichte des westafrikanischen Landes steht die PAIGC, die 1974 die Unabhängigkeit von Portugal erkämpfte, nicht auf dem Stimmzettel. Die von der PAIGC angeführte Koalition "PAI-Terra Ranka" ("Vorwärts mit unserer Heimat"), angeführt von Embalós wichtigstem Rivalen Domingos Simões Pereira, wurde im Oktober durch den Obersten Gerichthof von den Wahlen ausgeschlossen. Begründet wurde dies formal damit, dass Wahlunterlagen verspätet eingereicht worden seien, viele Beobachter werten es jedoch als politisch motiviert.
Instrumentalisierung der Justiz
Bacar Camará kritisiert, dass das Regime das Justizsystem nutze, um politische Gegner auszuschalten. "Die beiden wichtigsten Oppositionskoalitionen wurden schlicht mit juristischen Argumenten ausgeschlossen, denen jede glaubwürdige Grundlage fehlt", so Camará.
Er beschreibt dies als "Dominoeffekt" infolge ähnlicher Vorgänge in anderen afrikanischen Ländern - eine Strategie, die Opposition systematisch zu schwächen und die eigene Macht zu sichern.
Abgesehen von "Nô Kumpu Guiné" treten 13 weitere Parteien an, die jedoch kaum über Mittel oder Sichtbarkeit verfügen. Laut Camará nutzt Embaló staatliche Ressourcen umfassend: "In Bissau sieht man fast ausschließlich seine Plakate. Er ist praktisch der einzige Kandidat mit finanziellen Mitteln." Die einzige spürbare Alternative sei der unabhängige Kandidat Fernando Dias, unterstützt von einer stabilen Wählerbasis, die sich unter anderem auch auf die PAIGC stützt. Andere Kandidaten wie José Mário Vaz oder Baciro Djá spielten kaum eine Rolle.
Offene Fragen zur internationalen Beobachtung
Guery Gomes Lopes, Sprecher der Guineischen Liga für Menschenrechte, kritisiert die Zurückhaltung internationaler Organisationen. Weder der westafrikanische Staatenbund ECOWAS noch die Afrikanische Union, ebenso wenig die EU oder die USA hätten bisher großes Interesse an den Geschehnissen in Bissau gezeigt. Es bleibe unklar, inwieweit internationale Beobachter eingeladen worden seien, während einheimische Beobachter nach guineischem Recht nicht zugelassen seien. Einzelne zivilgesellschaftliche Gruppen versuchten zwar, die Wahlen zu beobachten, verfügten aber über begrenzte Mittel.
Die nationale Wahlkommission CNE sagt auf DW-Anfrage, sie habe sehr wohl "die traditionellen Partnerorganisationen" zur Wahlbeobachtung eingeladen. Konkreter wird die CNE-Sprecherin aber nicht.
Pressefreiheit eingeschränkt
Die unabhängige Berichterstattung ist schon im Vorfeld der Wahlen weiter eingeschränkt worden. Öffentlich-rechtliche portugiesische Medien wie RTP África oder RDP África sowie die Nachrichtenagentur LUSA seien im August des Landes verwiesen worden. Der kritische Journalist Camará sieht hier trotz Quora ein deutliches Ungleichgewicht: Zwar seien Sendezeiten gesetzlich geregelt, die Berichterstattung selbst sei aber stark zugunsten der Regierung verzerrt.
Sissoco Embaló sei in einer "starken Position", die Wahl zu gewinnen, sagt auch Lucia Bird, Expertin bei der Global Initiative against Transnational Organized Crime. Das liege auch daran, dass er einen Wahlkampf ohne Einschränkungen führen konnte.
Angesichts der jüngsten Geschichte des Landes bezweifelt Bird, dass die Wahlen zu mehr Stabilität führen werden: "In Guinea-Bissau treten Probleme in der Regel nach Wahlen auf."