Wunschliste an eine neue Regierung in Tansania
28. Oktober 2025
Am Mittwoch sind die Menschen in Tansania zur Präsidentschaftswahl aufgerufen. 17 Kandidatinnen und Kandidaten treten an - doch Chancen auf den Sieg werden nur der amtierenden Präsidentin Samia Suluhu Hassan ausgerechnet. Die beiden Oppositionsparteien, die am ehesten Anhänger hinter sich versammeln könnten, sind von der Wahl ausgeschlossen. Der Vorsitzende der Oppositionspartei Chadema, Tundu Lissu, ist in Haft und des Hochverrats angeklagt.
37,6 Millionen Stimmberechtigte sind zur Wahl registriert. Die DW hat mit einigen von ihnen gesprochen. Was ist ihnen wichtig?
Gesundheitsversorgung im Fokus der Wähler
"Ich hoffe, dass die zukünftige Regierung die Bedürfnisse der Menschen priorisiert - insbesondere von Frauen, Jugendlichen und Menschen mit Behinderungen." Esther Kasanga wohnt in Daressalam und sie gehört zu den vielen Tansaniern mit klaren Erwartungen vor der Wahl.
"Frauen haben immer noch viele Schwierigkeiten beim Zugang zu hochwertiger Versorgung", sagt Caro Mwisraeli, eine Einwohnerin von Daressalam. "Die derzeitige Regierung hat Fortschritte gemacht, aber es muss noch mehr getan werden - unter anderem durch den Bau von Gesundheitszentren näher an den Gemeinden."
Laut den Africa Centres for Disease Control and Prevention hat Tansania innerhalb von sieben Jahren eine Reduktion der Müttersterblichkeit um 80 Prozent erreicht. Trotz dieses bemerkenswerten Erfolgs bestehen jedoch weiterhin Herausforderungen.
"Ich wünsche mir, dass der nächste Präsident mehr Aufmerksamkeit auf private Krankenhäuser legt", sagt Philipina Shayo, eine Frau, die die Situation im tansanischen Gesundheitssystem aus eigener Erfahrung kennt.
"Viele private Einrichtungen arbeiten mit wenig Aufsicht. Manchmal warten Frauen, die medizinische Hilfe benötigen, vergeblich. Wir hoffen, dass die kommende Regierung bessere Kontrollen einführt – dabei geht es um richtige Diagnosen und ausreichende Fachkräfte in den Krankenhäusern."
Bedarf an Bildungsreformen
"Mein Wunsch an den nächsten Präsidenten ist, tiefgreifende Reformen im Bildungswesen durchzuführen", sagt David Ndunguru aus Daressalam. "Wir brauchen einen Lehrplan, der mit den heutigen globalen Realitäten übereinstimmt und den heimischen Arbeitsmarkt im Blick hat. Aber auch das Wohlergehen der Lehrkräfte muss Priorität haben."
Tobias Masalu, ebenfalls aus Daressalam, ergänzt, dass das derzeitige Bildungsmodell die Bürger im Stich lasse, indem es ihre wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung vernachlässige und ihre Meinungsfreiheit einschränke. Das System produziere Schülerinnen und Schüler, die nicht kritisch über ihr eigenes Land nachdenken könnten und daher nicht in der Lage seien, die vorhandenen nationalen Ressourcen effektiv zu nutzen.
Laut dem Nationalen Statistikbüro Tansanias können 83 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben.
Jugendförderung ausbauen
"Ich hoffe, der nächste Präsident konzentriert sich auf die Förderung der Jugend - insbesondere durch die Unterstützung von Kleinunternehmen", sagt Wähler Daniel Mushi.
Von der Regierung geführte Jugendförderprogramme in Tansania setzen auf berufliche Ausbildung, Unternehmertum und Initiativen wie die Nationale Jugendentwicklungspolitik und den Nationalen Jugendentwicklungsfonds. Diese Initiativen arbeiten mit dem privaten Sektor und mit NGOs zusammen, um wichtige Kredite und Schulungen bereitzustellen, mit dem Ziel, Beschäftigung zu schaffen und jugendgeführte Unternehmen zu fördern.
Ndunguru betont, dass trotz der eingeführten Veränderungen im Bildungswesen noch viel Arbeit nötig sei. "Es ist für uns als Land unerlässlich, mehr in digitale Angelegenheiten zu investieren und Absolventen mit Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen auszubilden - insbesondere in Landwirtschaft, Technologie und Wirtschaft.
Laut Policy Forum, einem Netzwerk von mehr als 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Tansania, bleibt die Arbeitslosigkeit eine zentrale Herausforderung -sowohl für gebildete als auch für ungebildete Jugendliche. Während die allgemeine Arbeitslosenquote bei 4,1 Prozent liegt, ist sie bei Jugendlichen mit 11,7 Prozent deutlich höher. Frauen sind mit einer Arbeitslosenquote von 14,6 Prozent besonders betroffen, verglichen mit 8,9 Prozent bei Männern.
Wirtschaft und Wahlen
Der Ökonom Bravious Kahyoza erklärt, in vielen Entwicklungsländern reagiere die Wirtschaft unmittelbar auf die Wahlen - je nachdem, wie die Wahlen durchgeführt würden. Politische Spannungen könnten wirtschaftliche Schocks auslösen.
"Es ist daher entscheidend, dass nationale Führung solche Momente klug handhabt", sagt er der DW. Er rechnet damit, dass es in Tansania eine friedliche Wahl geben wird, da das politische und wirtschaftliche Klima stabil sei. Das Wirtschaftswachstum liegt über fünf Prozent, die Inflation ist weitgehend stabil.
Laut dem Politikexperten Paternus Niyegira gibt es drei unterschiedliche Wählergruppen im Land. "Die erste Gruppe besteht aus der Regierungspartei CCM und ihren Anhängern, sie sehen der Wahl überwiegend optimistisch entgegen." Die Anhänger der Oppositionsparteien Chadema und ACT-Wazalendo "glauben größtenteils, dass der Wahlprozess unfair und intransparent ist", so Niyegira.
Der Politikwissenschaftler macht aber auch noch eine dritte Gruppe aus. Sie ist hauptsächlich aus sozialen Medien hervorgegangen und ruft zu landesweiten Demonstrationen am Wahltag, den 29. Oktober, auf. Unter den Bürgerinnen und Bürgern in Tansania herrsche Unsicherheit, sagt Niyegira. Viele wüssten nicht, was am Wahltag passiert.
Adaption aus dem Englischen: Sabine Faber.