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Unterirdischer Wahlkampf

4. September 2009

Umweltminister Sigmar Gabriel fährt in das Atomendlager Asse ein - und wirbt auch in dem früheren Salzbergwerk für seine SPD. Eine Wahlkampf-Reportage. <I>Von Jens Thurau</i>

Umweltminister Sigmar Gabriel beim Besuch der Schachtanlage Asse (Foto: DW)
Umweltminister Sigmar Gabriel (rechts) beim Besuch der Schachtanlage AsseBild: DW

Im rasenden Tempo geht es in die Tiefe. 10 Meter pro Sekunde schafft der Förderkorb, eiskalte Luft bläst durch den Schacht. Jetzt wird klar, warum an Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und seinen Tross Halstücher verteilt wurden, bevor die Fahrt hinunter in das frühere Salzbergwerk Asse begann. Nur gut eine Minute braucht der Korb bis zur 511-Meter-Sohle, aber das reicht ohne das Tuch für einen steifen Hals.

Die Schachtanlage Asse von außenBild: DW

Und den könnte gerade Sigmar Gabriel derzeit gar nicht gebrauchen. Er ist im Dauereinsatz. Schon in ruhigen Zeiten ist der 51-jährige SPD-Politiker ein umtriebiger Typ. Jetzt im Wahlkampf ist er hyperaktiv. Weit zurück liegt seine SPD hinter der CDU. Aber Gabriel verbietet sich jeden öffentlichen Gedanken an eine Niederlage - schon gar nicht hier, in Niedersachsen, südlich von Braunschweig, in seinem Wahlkreis.

Lager seit Jahrzehnten

Gabriel stammt aus der Nähe, und die Asse - wie man hier sagt - hat er erstmals als Teenager besucht. Schon damals diente das frühere Salzbergwerk als Forschungslager für schwach - und mittelradioaktiven Müll. Für den Müll also, der in Atomkraftwerken anfällt, aber auch in der Medizin oder in der Industrie.

Geforscht, wie man den Müll am besten einlagert, wurde in der Asse in all den Jahrzehnten kaum - eingelagert dafür umso mehr. Bis 1978 fielen mehr als 120.000 Fässer mit Atommüll an. Das Bergwerk ist stark einsturzgefährdet, seit Jahren dringt Wasser ein. Wie viel strahlender Müll hier liegt, weiß keiner. Und trotz aller Dementis liegen in der Asse wohl auch fast 30 Kilogramm hochradioaktives Plutonium - vier Mal soviel wie lange angenommen.

Asse ist ein politisches Symbol

Im StollenBild: DW

Für den Minister ist die Asse ein Symbol für die Gefahren der Kernenergie. Das ist sein Thema im Wahlkampf. Seine SPD ist gegen die Atomkraft - die anderen, Union und FDP, sind dafür. Er lässt keine Gelegenheit aus, um mit dem Finger auf den verantwortungslosen Umgang mit Atommüll in der Asse zu zeigen.

Jetzt prüft das Bundesamt für Strahlenschutz, das Gabriel untersteht, drei Varianten der Sanierung: Kann der Müll aus der Asse geborgen werden, muss er innerhalb des Salzbergwerks umgelagert werden oder werden die Kammern, in denen die Fässer lagern, mit Beton verfüllt?

Wie auch immer: Gabriel hat dafür gesorgt, dass die Asse in seinen Zuständigkeitsbereich kommt, er will sich als Macher präsentieren. Im Gespräch mit Journalisten zeigt er sich sachkundig. Es sind viele Journalisten gekommen - wann sieht man schon mal einen Minister in Bergmannskluft? Auch um die Wirkung solcher Bilder weiß der SPD-Politiker natürlich.

Kindheitserinnerungen des Ministers

Das Medieninteresse war hochBild: DW

Er war ein Schüler der Oberstufe, erzählt Gabriel, als er erstmals hier war. Damals wurde noch Atommüll in die Asse gebracht - und dem Schüler Gabriel wurde berichtet, dass Teile des Bergwerks bereits abgesoffen seien. "Da habe ich die gefragt, wie man dann hier Atommüll lagern kann, da sind die hier damals schon sehr schweigsam geworden", erzählt der jetzt, als Minister.

Gabriel ist offen für viele Statements unter Tage, obwohl die Bergmannskluft schwer ist und die Temperatur im Stollen 30 Grad beträgt. Er vergisst nie darauf hinzuweisen, dass die Union zunächst dagegen war, dass er in der Asse aufräumt. Dann steigt er in seine Dienstlimousine und rauscht zum nächsten Termin.

Autor: Jens Thurau

Redaktion: Kay-Alexander Scholz

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