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PolitikAfrika

Kongo: Es brodelt ein Jahr vor den Wahlen

20. Dezember 2022

Während der Konflikt im Ostkongo sich immer neu entfacht, nehmen im politischen Kinshasa die Machtspiele an Fahrt auf. Beides zeugt von den langen Schatten der für kommenden Dezember geplanten Wahlen.

DR Kongo | Straßenszene Kinshasa (Foto: Jane Barlow/PA Wire)
Ein Jahr bleibt den Kandidaten, um die Bevölkerung von sich zu überzeugen - nicht nur hier in der Hauptstadt KinshasaBild: Jane Barlow/PA Wire/empics/picture alliance

Es war eine Ankündigung, die in der Demokratischen Republik Kongo lange erwartet worden war: Moïse Katumbi, prominenter Politiker, Geschäftsmann und Fußballfunktionär, erklärte am Samstag, bei den Präsidentschaftswahlen 2023 zu kandidieren. Gleichzeitig verabschiedete er sich aus dem Bündnis mit Präsident Félix Tshisekedi - "um den Kongolesen zu dienen", wie er auf Twitter schrieb: "Ich möchte einen gerechten Staat, eine vorbildliche Republik aufbauen, in der jeder in Sicherheit und Würde von den Früchten seiner Arbeit leben kann", so Katumbi.

Wohl zum Zeichen, dass er dies leisten und den Versuchungen der Macht widerstehen könne, folgte tags darauf, pünktlich zum Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, ein Selfie aus Doha - Arm in Arm mit Mo Ibrahim, jenem britisch-sudanesischen Mobilfunk-Milliardär, der sich mit seiner Stiftung für gute Regierungsführung in Afrika einsetzt.

Enger Zeitplan

Die heiße Phase im Wettkampf um die politische Macht in Kinshasa ist damit eröffnet. Erst vor Kurzem hatte die Wahlkommission CENI einen eng getakteten Zeitplan veröffentlicht, wonach die allgemeinen Wahlen am 20. Dezember 2023 stattfinden sollen - in genau einem Jahr. Hinter den Kulissen herrscht Anspannung. In vier Tagen will man bereits mit der Wählerregistrierung beginnen. "Es ist überstürzt", sagt selbst ein Kommissionsmitglied im DW-Gespräch.

Auch Donatien Nshole, Generalsekretär und Sprecher der einflussreichen katholischen Bischofskonferenz CENCO, die auch als Wahlbeobachterin auftritt, spricht von einem engen Zeitplan. Jetzt gelte es, jede Uneinigkeit zu vermeiden - "sonst könnte ein kleiner Patzer oder eine falsche Wortwahl schnell in eine große Krise münden".

Düstere Erinnerungen

Denn das Thema Wahlen ruft im Kongo unschöne Erinnerungen wach. Ende 2016 hätte der damalige Präsident Joseph Kabila die Landesführung an einen gewählten Nachfolger übergeben sollen. Doch erst zwei Jahre später fanden die Wahlen überhaupt statt - nach massivem Druck aus der Zivilgesellschaft und wiederholten Vorwürfen, Kabila verfolge eine bewusste Strategie der Verzögerung. Die Zeit dazwischen war von Repressionen gekennzeichnet, Dutzende Menschen kamen bei Protesten ums Leben.

Schon damals hatte Moïse Katumbi, der einstige Gouverneur der Südostprovinz Katanga mit hohen Beliebtheitswerten, seine Kandidatur angekündigt. Was dann folgte, war eine Salve dürftig getarnter Versuche des Kabila-Lagers, den Konkurrenten unschädlich zu machen. Darunter mehrere Gerichtsprozesse, die ihn ins Exil zwangen, und ein entwertetes Ausweisdokument, das ihn schließlich an der Einreise hinderte, um seine Kandidatur zu hinterlegen.

Läuft seine Zeit ab? - Félix Tshisekedi, amtierender Präsident der Demokratischen Republik KongoBild: Boniface Muthoni/SOPA Images/ZUMA/picture alliance

Am gefährlichsten aber war eine Debatte über seine ethnische Herkunft - die jetzt ausgerechnet von Tshisekedis Partei UDPS wiederbelebt wird: "Die Bevölkerung wird sich entscheiden müssen zwischen einem, der etwas vorzuweisen hat, der seine Versprechen gehalten hat, und einem, dessen wahre Nationalität infrage steht", sagt Thierry Monsenepwo, einer der Sprecher der UDPS. "Laut gewissen Quellen stammt Katumbi von einem jüdisch-italienischen Vater und einer sambischen Mutter ab."

Wo bleibt die politische Kultur?

Es sind Debatten wie diese, die den kongolesischen Geistlichen und Analysten Alain-Joseph Lomandja aufregen. Seit 1990 gebe es einen Prozess der Demokratisierung, sagt Lomandja im DW-Gespräch: "Aber mehr als dreißig Jahre später habe ich nicht das Gefühl, dass wir wahre Demokraten haben." Dass eine politische Partei - die noch dazu die Regierung stellt - sich mit solchen Aussagen zitieren lässt, ist für Lomandja Anlass zur Sorge. Das leiste Intoleranz und antisemitischen Ressentiments Vorschub.

Doch auch aufseiten von Tshisekedis Herausforderer Katumbi lasse sich diese fehlende demokratische Kultur erkennen: So habe er sich wenige Tage vor seinem Parteikongress selbst zum Kandidaten gekürt, diesem bleibe nur, das Ergebnis zu bestätigen: "Auch, wenn wir jetzt politische Parteien haben, funktionieren diese nicht auf demokratische Weise. Oft sind es die Gründer einer Partei, die sie selbst finanzieren und nach eigenem Gutdünken verwalten."

Martin Fayulu sieht sich um seinen Sieg 2018 betrogenBild: Nicolas Maeterlinck/BELGA/picture alliance

Ein weiterer aussichtsreicher Anwärter ist Martin Fayulu - neben Katumbi der bedeutendste Herausforderer von Tshisekedi. Bei den Wahlen 2018 unterstützte Katumbi ihn, nachdem ihm selbst die Kandidatur verwehrt blieb. Experten rechneten damals mit einem deutlichen Wahlsieg Fayulus, auch Wahlbeobachter sahen ihn vorne. Dass die Wahlkommission schließlich Tshisekedi als Sieger proklamierte, kam überraschend und nährte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Ergebnisses. Hinweise auf geheime Absprachen zwischen dem neuen und alten Präsidenten warfen weitere Fragen auf. Fayulu selbst sieht sich bis heute als den rechtmäßigen Nachfolger Kabilas, was er im November in einem Interview mit der DW bekräftigte.

Was bleibt: Die Krise im Ostkongo

Auf einer Liste des International Rescue Committee, auf der die Organisation Krisenstaaten der Welt aufzählt, steht der Kongo auf Platz vier. Das IRC erwartet, dass sich die politische Situation im Wahljahr zuspitzen wird. Erschwerend hinzu kommt, dass der Kongo weiterhin auch eine handfeste Sicherheitskrise im Osten zu bewältigen hat. Unter den Milizen, die weiter von sich reden machen, ist auch die vor Jahren besiegt geglaubte M23, die mutmaßlich eines der schwersten Massaker in der kongolesischen Geschichte zu verantworten hat - dieses ereignete sich Ende November in einem Vorort der Provinzhauptstadt Goma in Nordkivu.

Herausforderung für die CENI: Die Wählerregistrierung gerade in den von Rebellen kontrollierten Gebieten um GomaBild: Augustin Wamenya/AA/picture alliance

Während sich die Kandidaten in Stellung bringen, bleibt die Mammutaufgabe für die Wahlkommission, allen potenziell Wahlberechtigten die Teilnahme zu ermöglichen. Ein Faktor, der Experten wie Ithiel Batumike vom Forschungsinstitut Ebuteli große Sorgen bereitet: "Es könnte darauf hinauslaufen, dass Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen bleiben, die in den von M23 kontrollierten Gebieten leben", sagt er der DW. "Der Zugang wäre schwierig und könnte eine Autorisierung durch die Rebellen erfordern."

Mitarbeit: Jean-Noel Ba-Mweze, Paul Lorgerie

In einer früheren Version war für Donatien Nshole, Generalsekretär und Sprecher der Bischofskonferenz CENCO, eine falsche Funktion innerhalb der Organisation angegeben. Dies wurde korrigiert. Die Redaktion bittet, den Fehler zu entschuldigen.

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