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Politik

Wahlkampagne in Russland gestartet

Mikhail Bushuev
27. Dezember 2017

Wladimir Putin wird 2018 die Präsidentschaftswahl in Russland gewinnen - das steht außer Zweifel. Trotzdem ist die gerade gestartete Wahlkampagne nicht uninteressant. Wichtige Nebenschauplätze im Überblick.

Russland Präsident Putin beim russischen Präsidentenrat
Bild: picture alliance/TASS/dpa/V. Prokofyev

Um keine unnötige Spannung zu erzeugen: Der Ausgang der Präsidentschaftswahl im März 2018 in Russland steht fest, obwohl der Wahlkampf gerade erst begonnen hat. Zwar geben 23 Kandidatinnen und Kandidaten ihre Unterlagen beim zentralen russischen Wahlkomitee ab. Durchsetzen wird sich jedoch Wladimir Putin, der jetzige Amtsinhaber, der Russland seit 17 Jahren regiert. Diese Präsidentschaftswahl hat allerdings mehr zu bieten als das reine Wahlergebnis. DW erklärt, was sonst noch wichtig ist.

1.  Putin, wer sonst

Der 65-jährige Staatschef Wladimir Putin hat seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl spät angekündigt. Beobachter spekulierten, Putin spiele mit der Angst der Menschen, der "Vater der Nation" würde nicht kandidieren und könne sie verlassen. Doch dann geschah, was zu erwarten war: Für die Bekanntgabe seiner Kandidatur hatte Putin einen symbolischen Ort ausgewählt: die legendäre russische Automobilfabrik "GAS" an der Wolga. Vor einfachen Arbeitern, die ihn unterstützen, sagte er, er würde es gerne noch mal versuchen.

Typische Wahlkampfauftritte wie TV-Duelle scheut Putin. Er setzt sich lieber als Retter seltener Tierarten, als mutiger Jäger oder Fischer in Szene. Die Umfragewerte geben ihm recht: Mit Zustimmungsraten zwischen 75 und 83 Prozent gilt Putin als populärster Politiker in Russland. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Kreml seit dem Amtsantritt Putins im Jahre 2000 freie und kritische Medien an den Rand drängt, die russische Opposition unter Druck setzt und so erst gar keine echte Alternative entstehen lässt.

Gegenüber den Menschen, die am 26. Dezember seine Kandidatur ausriefen, zeigte Putin nicht viel Respekt: Zu seiner eigenen Nominierung erschien er nicht. Immerhin brachte er die Unterlagen persönlich zum zentralen Wahlkomitee - als unabhängiger Kandidat.

2.  Angeblich Putins letzte Amtszeit

Für Putin wäre es die vierte Amtszeit als Präsident.Von 2000 bis 2008 amtierte er zwei Amtszeiten von je vier Jahren lang. Die Macht in Russland hat er seitdem nie aus den Händen gegeben, auch wenn er vorübergehend den Posten des Regierungschefs innehatte. Nach einer Verfassungsänderung regierte er seit 2012 weitere sechs Jahre. Somit ist Putin länger im Chefsessel als jeder russische Staatschef seit Josef Stalin. Wenn die vierte Amtszeit 2024 endet, wird Putin das Land 24 Jahre regiert haben. Die russische Verfassung erlaubt dem Präsidenten nur zwei Amtszeiten in Folge. Er darf danach nicht mehr kandidieren, es sei denn, diese Vorschrift wird rechtzeitig geändert.

Szenarien, wie Putin weiter regieren könnte, gibt es viele: Er könnte wieder einen Ersatzmann wie Dmitri Medwedew finden, er könnte die entsprechende Einschränkung der Amtszeiten in der Verfassung abschaffen lassen oder sich einen neuen "ewigen" Posten schaffen, um sich von der Tagespolitik abzuheben und trotzdem die strategische Macht zu behalten.

3.  Putins wichtigster Gegner: Nawalny

Bislang gibt es nur einen russischen Politiker, der seine Wahlkampagne bereits vor einem Jahr begonnen und seitdem aktiv betrieben hat. Dieser Mann heißt nicht Putin, sondern Alexej Nawalny. Nawalny, als Anti-Korruption-Aktivist bekannt geworden, gilt heute als schärfster Kritiker des Systems Putin. Seine Enthüllungen, zum Beispiel über die Reichtümer des Premierministers Dmitri Medwedew, brachten im März 2017 mehrere Tausend meist junger Menschen auf die Straßen.

Der Kreml erwägt rechtliche Schritte gegen Nawalny, der zum Boykott der Wahlen aufgerufen hatBild: picture-alliance/dpa/E. Feldman

Von kurzen Pausen abgesehen, die er in Haft verbrachte, und behördlichen Behinderungen zum Trotz machte Nawalny einen typisch europäischen Wahlkampf. Er organisierte Wahlkampfkomitees und traf in vielen russischen Provinzstädten potentielle Wähler. Am Ende half alles nichts: Das russische zentrale Wahlkomitee verweigerte Nawalny wegen einer früheren Verurteilung die Zulassung zur Präsidentschaftswahl. Das Argument, die Verurteilung sei politisch motiviert und auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als "willkürlich" eingestuft, erkannte die Behörde nicht an.

4.  Neue Gesichter und symbolisches Datum

Doch wenn der Wahlausgang jetzt schon fest steht: Wie überzeugt der Kreml sein Wahlvolk, ihm den Gefallen zu tun und am Stichtag die Wahlzettel auszufüllen? Die traditionellen Kandidaten von der zahmen kommunistischen Partei und der populistischen LDPR gehören in Russland zum Inventar. Sie allein werden keinen vom Hocker reißen.

Man braucht neue Gesichter. Die gehören vor allem Frauen: der TV-Moderatorin und Unternehmerin Xenia Sobtschak, dem Ex-Pornostar Jelena Berkowa und der prominenten Journalistin Katja Gordon. Die bekannteste von allen ist Sobtschak, Tochter des Ex-Bürgermeisters von St. Petersburg. Der inzwischen verstorbene Anatoli Sobtschak war nach dem Zerfall der Sowjetunion einer der russischen Demokraten der ersten Stunde. Sein Vize hieß Wladimir Putin. Also kennt Putin Xenia Sobtschak bestens.

Xenia Sobtschak streitet Absprachen mit dem Kreml abBild: picture-alliance/dpa/TASS/V. Matytsin

Sobtschak soll diejenigen Wähler mobilisieren, die sonst zu Hause geblieben wären, auch weil Nawalny nicht kandidieren darf. Zwar gilt sie als der russischen Opposition nahe. Vieles an ihrer Teilnahme im Wahlkampf wirkt jedoch bemüht und erweckt den Eindruck, sie wäre vom Kreml nur zugelassen, um die Wahlbeteiligung aufrechtzuerhalten.

Auch das Wahldatum soll bei dem russischen Wähler wohl die Glocken klingen lassen: es ist der 18. März, an dem vor genau vier Jahren die ukrainische Halbinsel Krim offiziell an Russland "angeschlossen" wurde.

5.  Boykott als Strategie

Und was macht Nawalny? Der Oppositionspolitiker rief zum Boykott der Wahlen auf. Am 28. Januar sollen erste Protestkundgebungen in mehreren russischen Städten stattfinden. Damit will Nawalny die empfindliche Stelle in der sonst so einfachen Rechnung des Kremls treffen: die Wahlbeteiligung. Den Prognosen zufolge werden etwa 50 Prozent der Wähler am 18. März ihre Stimmzettel abgeben. Doch das ist dem Kreml für einen triumphalen und nicht anfechtbaren Sieg offenbar zu wenig. Angeblich hat Putins Administration an die Regionalbehörden bereits eine Zielvorgabe geschickt: 70 mal 70 - 70 Prozent der Wähler müssen in den russischen Provinzen mobilisiert und 70 Prozent der Stimmen für Putin abgegeben werden. Dann hätte sein Wahlsieg den nötigen Glanz.

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