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Politik

Wahlversprechen ignoriert? Schadenersatz!

Jannis Papadimitriou
19. Januar 2017

Ein griechischer Offizier verklagt den ehemaligen Regierungschef Giorgos Papandreou wegen seiner gebrochenen Wahlversprechen. Er habe behauptet, dass es in Griechenland "genug Geld gibt". Jannis Papadimitriou aus Athen.

George Papandreou
Bild: Patricia del Moreira/AFP/Getty Images

Sotiris Zarpalas gibt sich empört. Der Jungpolitiker der sozialistischen Partei Pasok, der in seiner Heimatregion Epirus als politischer Hoffnungsträger gilt, kritisiert alteingesessene Politikerclans, Populismus und Klientelismus in Griechenland. Doch er findet es unverschämt, dass ausgerechnet der ehemalige Sozialistenchef und Premier Giorgos Papandreou, ein Sohn und Enkel ehemaliger Ministerpräsidenten, vor Gericht soll. "Nur als humoristische Einlage kann ich diese Geschichte begreifen", sagt Zarpalas im Gespräch mit der DW. "Ich glaube, das Ganze ist nicht mal einen Kommentar Wert. Der Kläger ist anscheinend prozesssüchtig und nicht ganz bei Sinnen."  

Der Kläger heißt Dimitris Stamatis, Marineoffizier a.D. - und meint es offenbar ernst: Er will Papandreou (Artikelbild) wegen Hochverrat, Wahlbetrug und Verbreitung unwahrer Tatsachen verurteilt sehen. Zudem verlangt er Schadenersatz in Höhe von 260.000 Euro plus Zinsen. Seine Begründung: Im Herbst 2009 hatte er die Wahlkampfansage von Papandreou, es gebe "genug Geld" in der Staatskasse, für bare Münze genommen und nur deshalb für die Sozialisten gestimmt. Kurze Zeit später gestand der Sozialistenchef die drohende Pleite des Landes und verordnete einen harten Sparkurs. Seitdem bleibt die griechische Wirtschaft auf der Intensivstation Europas. Noch in dieser Woche soll Papandreou deshalb vor Gericht erscheinen. Ob es wirklich dazu kommt, ist fraglich, zumal der weltgewandte Politiker als Präsident der Sozialistischen Internationale ständig aus dem Koffer lebt.

Papandreou: Es war gar nicht so gemeint

Stein des Anstoßes war eine Wahlkampf-Aussage von Papandreou im Herbst 2009: "Lefta Yparchoun" - Geld gibt es (genug). Mit diesem Spruch begegnete der Sozialist den Hiobsbotschaften des damaligen konservativen Premiers Kostas Karamanlis, der ständig mahnte, Griechenland müsse sparen - aber auch nicht die ganze Wahrheit über den erbärmlichen Zustand der Staatsfinanzen offenbaren wollte oder konnte. Mit seinem Kreuzzug gegen die Sparpolitik fuhr Papandreou bei der Wahl im Oktober 2009 einen Erdrutschsieg ein, konnte sich aber im Strudel der Wirtschaftskrise nicht länger als 25 Monate im Amt halten. Ende 2011, nachdem Papandreou ein Referendum zur Sparpolitik ankündigte und sich kurze Zeit später wieder davon distanzierte, kam der Rücktritt. Es war die bis dahin kürzeste Amtszeit eines griechischen Regierungschefs seit der Wiederherstellung der Demokratie im Jahr 1974. "Auch Papandreou war ein Populist, wie so viele Politiker vor und nach ihm", kritisiert der griechische Europa-Korrespondent Thanassis Kalfas. Die politische Achterbahnfahrt des einstigen Sozialistenchefs habe seine Partei letzten Endes um viele Jahre zurückgeworfen, meint der Journalist.

Proteste in Griechenland gegen die Sparpolitik (Herbst 2016) Bild: Getty Images/AFP/L. Gouliamaki

Papandreou erklärte immer wieder, er habe doch nie behauptet, dass es "Geld gibt". Vielmehr habe er eine Warnung aussprechen wollen: Nur wenn Griechenland grundlegend reformiert werde, dann gebe es auch Geld - so war das gemeint. Doch dafür mussten die Sozialisten einen hohen Preis zahlen. Heute liegen sie in Umfragen bei höchstens sieben Prozent, obwohl sie mittlerweile den neuen Namen "Demokratische Allianz" tragen und eine neue Parteichefin haben. Jungpolitiker Zarpalas hat es satt, sich für die Vergangenheit seiner Partei rechtfertigen zu müssen: "Es kann doch nicht sein, dass die Pasok für alles Leid in unserem Land verantwortlich ist. Wir haben in der Partei die Selbstkritik bis zur Selbstverleugnung getrieben, es müsste irgendwann reichen."    

"Erneuerung" ist gefragt    

Die Erneuerung einer politischen Partei ist nicht zuletzt eine Generationsfrage. Zarpalas versichert, mehr als die Hälfte der Mitglieder im neuen Pasok-Zentralkomitee seien junge Leute, die einem Beruf nachgehen: "Diese Menschen haben mit Populismus und Klientelismus nichts am Hut. Sie wurden von niemandem in irgendeiner Behörde eingestellt und haben auch selbst niemanden eingestellt." Er wünscht sich, dass beim nächsten Pasok-Parteitag der "Kurs der Erneuerung" vorangetrieben wird, damit junge Leute wieder Vertrauen in die so oft gescholtene Partei der kleinen Leute bekommen.

Doch die Vergangenheit lauert den Sozialisten auf: Nachdem Papandreou von seinen politischen Weggefährten vorübergehend ausgestoßen wurde und jahrelang mit einer eigenen Splitterpartei agierte, feierte er vor wenigen Tagen überraschenderweise ein Comeback bei den Pasok-Sozialisten. Was hat er aus früheren Fehlern gelernt? Im Interview mit dem Radiosender Parapolitika liefert der einstige Regierungschef eine überraschende Einsicht: "Ich hätte damals auf das Referendum bestehen müssen. Wir hätten bestimmt gewonnen." 

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