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Waldbrände: Afrika ist nicht der Amazonas

Antonio Cascais
30. August 2019

Auch in den afrikanischen Tropen brennen Wälder. Doch die Situationen in Afrika und Südamerika sind sehr unterschiedlich und können aus ökologischer Sicht nicht immer miteinander verglichen werden.

Satellitenbild NASA Brände
Bild: NASA

Auf den Satellitenbildern der NASA erscheint das Ausmaß der Waldbrände in Zentralafrika alarmierend groß: wie eine rote Kette ziehen sich die Feuer von Angola über den Kongo und Mosambik bis nach Madagaskar - ähnlich den Flammen im brasilianischen Amazonas, die einen weltweiten Aufschrei auslösten.

Ganz vorne rangierten Angola und die Demokratische Republik Kongo, hieß es in mehreren internationalen Presseberichten. Ein NASA-Satellit soll am 24. August 6902 Feuer in Angola und 3395 im Kongo ermittelt haben. In Brasilien seien im gleichen Zeitraum 2127 Feuer ermittelt worden. Demnach rangierte Brasilien beim Ausmaß der Brände lediglich an dritter Stelle, schrieb etwa das US-Medienunternehmen Bloomberg. Viele internationale Medien verbreiteten die Information weiter.

Tatsächlich steigt derzeit im südlichen Afrika von vielen Hügelketten Rauch auf. Flammen flackern über das niedrige Gras der Savanne. In Angola oder Mosambik ist das ein alljährliches Phänomen in der Trockenzeit. Doch die jährlichen Feuer gehören zu diesem Ökosystem dazu und bedeuten Erneuerung: Innerhalb weniger Wochen ist die Savanne wieder grün, die Bäume schlagen wieder aus. Es keimen neue Büsche. Schon Anfang Oktober sieht nichts mehr aus wie jetzt.

Die afrikanische Savanne - wie hier in Mosambiks Gorongosa-Nationalpark - regeneriert sich durch BuschfeuerBild: Marta Barroso

Angola: Die Savanne brennt, die Savanne lebt

Es mache keinen Sinn, völlig unterschiedliche Phänomene wie die Brände im Amazonas-Gebiet und die vielen Brände in Angola miteinander zu vergleichen, sagt die angolanische Umweltministerin Paula Francisca Coelho im Exklusivinterview mit der DW. Die Brände, die in Angola loderten, seien keine richtigen Waldbrände: "Was derzeit in Angola passiert, sind kleine Brandrodungen, zumeist auf Ackerflächen. Diese werden traditionell von der Landbevölkerung vorgenommen, um die Felder für die nächste Saison vorzubereiten", so Coelho. Von einem aktuellen Waldbrand wisse sie nichts.

Die Darstellung von Angola als Land mit den meisten Waldbränden - also nichts als Fake News? "Wir sollten uns auf wissenschaftliche Informationen von kompetenten Fachleuten stützen und nicht auf irgendwelche Zahlen, die von irgendwelchen Medien in den Raum geworfen werden", so die angolanische Ministerin. Bereits vor einigen Tagen hatte sich der angolanische Informationsminister João Melo per Twitter zu Wort gemeldet: "Fotos von brennendem Gras in unserer Region mit massiven Waldbränden im Amazonas zu vermischen, ist ein Witz", schrieb er. Noch schlimmer sei es, diese Falschinformationen mit "billiger Politik" zu vermischen.

Die Ministerin räumt indes ein, dass auch die Brandrodungen nicht ganz unproblematisch seien. Die Regierung unternehme einiges, um dieses Problem anzugehen: "Wir werden Aufklärungskampagnen starten und dabei mit dem Landwirtschaftsministerium zusammenarbeiten", so Coelho. Wichtig sei es, die Interessen der Bauern mit dem Schutz der Umwelt zu versöhnen. Schließlich müssten die Menschen in abgelegenen Gebieten ihre Ernährung sicherstellen.

Lesen Sie auch: Bolsonaro verbietet vorübergehend Brandrodungen

Die aktuellen Feuer in Angola seien keine Waldbrände, sagt Umweltministerin Paula CoelhoBild: Reuters/NASA/NOAA

Anders als Jair Bolsonaro in Brasilien, der internationale Hilfe ablehnte, die vom französischen Präsidenten ins Spiel gebracht worden war, will die angolanische Regierung auf die Zusammenarbeit mit dem Ausland nicht verzichten: "Wir werden jede internationale Hilfe annehmen. Wir werden alles annehmen, was zur Verbesserung der Natur in unserem Land beiträgt."

Kongobecken: Ökosystem von globaler Bedeutung

Der Wald im Kongobecken wird nach dem Amazonasgebiet als "zweite grüne Lunge" des Planeten bezeichnet. Regenwälder bedecken eine Fläche von 3,3 Millionen Quadratkilometern in mehreren Ländern, davon etwa ein Drittel in der Demokratischen Republik Kongo und der Rest in Gabun, der Republik Kongo, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik. Genau wie der Amazonas nehmen die Wälder des Kongobeckens Tonnen von Kohlendioxid auf, womit der Wald laut Experten eine Schlüsselrolle in der Bekämpfung des Klimawandels spielt.

Nach Angaben von Global Forest Watch Fires hat es in der Demokratischen Republik Kongo seit dem 1. Juli fast eine Million Brandherde gegeben. Doch auch hier gebe es entscheidende Unterschiede zu Brasilien, sagen Experten, die die DW befragte. So liegen viele der Brände im Kongo gezeigten Brände laut Greenpeace außerhalb sensibler Regenwaldgebiete im Kongobecken.

"Es handelt sich um viel kleinere Brände als am Amazonas", erklärt Alphonse Muhindo, Experte für Forstverwaltung in der Demokratischen Republik Kongo. Dennoch seien Waldbrände, etwa um neue Anbaugebiete zu erschließen, ein großes Problem für die Regenwälder im Kongobecken. Immer wieder gerieten Feuer außer Kontrolle. "Den Leuten muss klargemacht werden, dass das Gesetz dies verbietet." Aufklärungskampagnen seien notwendig, so Muhindo.

Hunderttausende Hektar Regenwald verbrennen Jahr für Jahr in MosambikBild: DW/L. da Conceição

Bedrohte Wälder in Mosambik

"Wenn man nachts über Mosambik hinwegfliegt, sieht man in dieser Jahreszeit viele Rauchschwaden, viele helle Punkte, die durch Feuer erzeugt werden", sagt João Massango von der Ökologischen Partei PEC-MT. Dieses Phänomen habe sich in den vergangenen Jahren durch die Klimaveränderungen verstärkt und bereite sowohl den Umweltschützern als auch der Regierung inzwischen große Sorgen: "Mosambik verliert jährlich durchschnittlich 285.000 Hektar Waldfläche durch Brände."

Hauptverantwortlich für die Entwaldung in Mosambik sei der Wanderfeldbau. Wälder werden durch Brandrodung meist kleinflächig in Felder umgewandelt, die dann für nur wenige Jahre intensiv genutzt werden. Wenn der Boden ausgelaugt ist und die Ernteerträge zurückgehen, werden Anbauflächen und Siedlungen verlegt und neue Waldstücke brandgerodet. Kleinere Brachflächen können sich im Laufe der Jahre mit Sekundärwald wiederbewalden. Bei größeren Flächen hingegen führen Nährstoffentzug und Erosion zur Verwüstung.

Schon jetzt würde es mindestens 100 Jahre brauchen, um die Wälder Nord- und Zentralmosambiks wieder in den Zustand von vor 15 Jahren zu versetzen, warnt Massango.

Madagasker war eine dicht bewaldete Insel. Heute ist Regenwald die AusnahmeBild: Imago/imagebroker/G. Fischer

Hilferuf aus Madagaskar

Madagaskar war ursprünglich zu 90 Prozent bewaldet. Von den 53 Millionen Hektar Wald sind heute nur noch etwa zehn Prozent erhalten. Jährlich verschwinden rund 120.000 Hektar Wald, meist durch Brandrodungen. Schreite die Zerstörung in diesem Maße voran, so werde Madagaskar in 40 Jahren völlig entwaldet sein, räumt der Umweltminister Madagaskars Alexandre Georget im DW-Gespräch ein.

Der Gründer der Grünen Partei Madagaskars und übernahm nach den Wahlen vom vergangenen Mai als erster Grüner das Umweltministerium. Gerade jetzt, zwischen Juli und Oktober, sei die schlimmste Feuerperiode des Jahres, sagt er. "Die Bekämpfung der Feuer ist eine unserer Prioritäten! Wir appellieren an alle, die uns helfen können, vor allem an die europäischen Länder. Wir brauchen dringend Löschflugzeuge. Denn zurzeit sehen wir uns außerstande, schnell und effektiv auf Feuer zu reagieren."

Wüten die Waldbrände in Afrika schlimmer als am Amazonas? Die Antwort des Ministers: "Es gibt keinen Unterschied zwischen schlimm und noch schlimmer. Wenn Wälder brennen, dann steht die Zukunft des ganzen Planeten auf dem Spiel. Wir alle auf dieser Welt müssen also zusammenarbeiten, um dieses verheerende Problem zu lösen."

Mitarbeit: Kossivi Tiassou