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Natur und Klima: Wie viel Wald bleibt uns noch?

21. Mai 2025

Intensive und anhaltende Hitzewellen und extreme Dürre machen verheerende Waldbrände immer wahrscheinlicher. Neue Ansätze können helfen zu schützen, was noch übrig ist.

Ein Feuerwehrmann steht vor einem Zaun. Dahinter steht alles in Flammen.
Weltweit führten Großbrände im Jahr 2024 zur Zerstörung von 30 Millionen Hektar WaldflächeBild: Eraldo Peres/AP Photo/picture alliance

Mariana Oliveira nimmt kein Blatt vor den Mund, als sie beschreibt, wie Waldbrände ihr Land verwüstet haben. "Letztes Jahr erlebte Brasilien die intensivste und längste Dürre seit sieben Jahrzehnten. In Kombination mit den hohen Temperaturen hat das dazu geführt, dass sich Brände in einem noch nie dagewesenen Ausmaß über das ganze Land ausbreiteten", erzählt die Waldexpertin am World Resources Institute in Brasilien im Gespräch mit Reportern. "Das war ein ziemlich hartes Jahr für uns."

Ein neuer Bericht der Plattform Global Forest Watch des World Resources Institute (WRI) und der University of Maryland in den USA zeigt, wie schwer es wirklich war - in Brasilien und weltweit. Kurz gesagt: verheerend. Demnach haben die rekordverdächtigen Temperaturen weltweit zu einem erheblichen höheren Verlust der Wald- und Baumbestände im Jahr 2024 beigetragen. Waldbrände waren für fast die Hälfte der Zerstörung verantwortlich. Brände zerstörten im vergangenen Jahr fünfmal mehr tropische Primärwälder als im Jahr 2023, insbesondere in Lateinamerika. Damit waren Feuer zum ersten Mal die Hauptursache für den Verlust tropischer Wälder, noch vor der Landwirtschaft. 

Weit verbreitete Dürre in Brasilien führte zu einem verheerenden Jahr des Waldsterbens Bild: Edmar Barros/AP/picture alliance

Vor allem betroffen: Lateinamerika 

Die Wälder Brasiliens verbuchten die größten Schäden seit 2016. Das größte Land Lateinamerikas bereitet sich derzeit auf die Weltklimakonferenz COP30 im November vor. 

Etwa 2,8 Millionen Hektar Primärwald fielen den den Flammen zum Opfer - eine Fläche beinahe so groß wie Belgien. Zwei Drittel dieser Verluste gehen auf das Konto von Bränden, die vor allem von Menschen verursacht wurden. Rund 80 Prozent davon entfielen auf den Amazonas-Regenwald. Er gilt als grüne Lunge der Erde, weil er Unmengen Kohlendioxid aufnimmt und speichert. In der Atmosphäre heizt das Gas den Planeten auf. 

Die Wälder helfen nicht nur dabei, den Klimawandel zu begrenzen, sondern beeinflussen auch die Temperaturen und den Niederschlag an einem Ort und dadurch all jenes, was davon abhängt. Unter anderem die Landwirtschaft und die Gesundheit der Menschen. Robuste, artenreiche Wälder schützen Ökosysteme, die wiederum die Lebensgrundlage für ein Drittel der Weltbevölkerung bilden.

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Die heiße, trockene Witterung und die schwere Dürre in Brasilien haben auch zu größeren, weit ausgedehnten Bränden in ganz Südamerika geführt, insbesondere in Bolivien und Kolumbien. Aber auch Rodung für die Landwirtschaft, insbesondere für den Sojaanbau und die Rinderzucht, sowie Bergbau und Holzwirtschaft trugen zur Zerstörung der Wälder bei, vor allem in Kolumbien.   

Auch im afrikanischen Kongobecken, einer der letzten großen Kohlenstoffsenken der Welt, verschwinden Primärwälder immer schneller. In einem der ärmsten Gebiete der Welt sind die Einwohner auf die Wälder als Quelle für Nahrung und Brennstoffe angewiesen. Der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo hat den Baumbestand ebenfalls in Gefahr gebracht. Aber selbst hier, in der benachbarten Republik Kongo, waren Brände für 45 Prozent der Zerstörung verantwortlich.

"Rückkopplungsschleife" lässt Brände intensiver werden 

"Die eigentliche Ursache ist der Klimawandel, der letztlich durch den Menschen verursacht wird", sagt Rod Taylor, Direktor für Wälder und Naturschutz beim WRI. Aber die Welt sei in eine neue, sich weiter verstärkende Phase eingetreten: eine "echte Rückkopplungsschleife des Klimawandels, in der die Brände viel intensiver und heftiger sind als je zuvor". 

Brände, die früher von selbst gelöscht werden konnten, breiten sich nun mit dem Austrocknen und der zunehmenden Zerstörung der Wälder weiter aus, so Taylor im DW-Gespräch. "Anstatt feuerresistent zu sein, sind die Wälder nur noch Zunder, der jederzeit entfacht werden kann." 

In tropischen Regionen werden Brände fast immer durch menschliche Aktivitäten ausgelöst, z. B. durch die Rodung von Land für die LandwirtschaftBild: JOEL SILVA/REUTERS

Das Waldsterben konzentriert sich nicht nur auf die Tropen. Große Waldbrände in den nördlichen borealen Wäldern in Ländern wie Kanada und Russland trugen dazu bei, dass im Jahr 2024 weltweit 30 Millionen Hektar Wald verloren gingen. Weltweit sind durch Brände unglaubliche 4,1 Gigatonnen Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre freigesetzt worden.  

Sarah Carter, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Global Forest Watch, weist darauf hin, dass Brände in borealen Wäldern, anders als in tropischen Wäldern, Teil des natürlichen Prozesses sind. Aber auch hier sind "Rückkopplungsschleifen von trockeneren Bedingungen und intensiveren Bränden zu beobachten, wenn sich das Klima erwärmt".

Neue Ansätze geben Hoffnung 

Einige Länder haben es jedoch geschafft, dem Trend etwas entgegenzusetzen. In Indonesien ging der Waldverlust um elf Prozent zurück, was laut Carter zum Teil auf Bemühungen zur Prävention, zur Brandbekämpfung und den Einsatz des Privatsektors sowie lokaler Gemeinden zurückzuführen ist. 

Auch im benachbarten Malaysia ging die Primärwaldzerstörung dank strengerer Gesetze zur Abholzung und eines größeren Engagements der Unternehmen um 13 Prozent zurück. 

Ein Teil des Erfolgs in diesen beiden Ländern rührt daher, dass sich lokale Gemeinschaften und der Privatsektor zusammengeschlossen haben und neue Apps nutzen. So können Vorfälle in Wäldern und Ökosystemen schnell und einfach über weite Gebiete hinweg überwachen und unterbunden werden. Der Vorteil dieser Informationen ist, dass sie fast in Echtzeit vorliegen. Man bekommt also fast täglich Warnungen, die zeigen, wo Wälder verschwinden. 

Laut Carter kann das - zusammen mit politischen Maßnahmen auf Regierungsebene - helfen, die noch vorhandenen Wälder besser zu schützen. Sie betont, wie wichtig es ist, solche Daten zur Verfügung zu haben. Matt Hansen, Professor an der University of Maryland und Co-Direktor des Global Land Analysis and Discovery Lab, erklärt, dass der Kampf gegen den Waldverlust besonders schwierig ist, weil die Regierungsarbeit weltweit - vor allem in den USA - nachlässt. 

Gerade deshalb sind solche Informationen, auch wenn sie "erschreckend" sind, besonders wichtig. Die Daten sollten mehr als Besorgnis auslösen, so Hansen. Sie sollten Regierungen und Menschen zum Handeln drängen.


Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt von Tim Schauenberg.
Mitarbeit: Anke Rasper 

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