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KonflikteSudan

Sudan: Warnungen vor Ausweitung der Krise

30. April 2023

Trotz vereinbarter Waffenruhe gibt es weiter heftige Kämpfe im Sudan. Die EU-Kommission und das UN-Welternährungsprogramm sehen eine große Gefahr, dass sich die Krise ausweiten könnte.

Sudan | Kämpfe in Bahri / Khartum
Rauchwolken über dem Norden von Khartum belegen die anhaltenden Kämpfe im SudanBild: social media video via REUTERS

"Das Risiko, dass die Krise auf umliegende Staaten in der Region übergreift, ist reell", sagte der für humanitäres Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic der "Welt am Sonntag". An den Sudan grenzten weitere Staaten, die "höchst fragil" seien. "Die Konsequenzen wären desaströs. Das kann niemand wollen - darum muss die erste Priorität sein, die beiden Kriegsparteien zur Vernunft zu bringen", so Lenarcic. Zugleich warnte der slowenische EU-Kommissar vor einer humanitären Katastrophe in dem ostafrikanischen Land. Die Lage sei schon vor der aktuellen Krise dramatisch gewesen und könne "jetzt nur noch schlimmer werden".

Welternährungsprogramm warnt vor humanitärer Krise

Der Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) in Deutschland, Martin Frick, warnte davor, dass die humanitäre Krise im Sudan, die gesamte Region in Ostafrika erfassen könnte. "Im Land hungerte schon vor Ausbruch der Kämpfe ein Drittel der Bevölkerung, nun fehlt es an allem und die Preise für Nahrung schießen in die Höhe", sagte Frick der Deutschen Presse-Agentur. Auch in den Nachbarländern Tschad und Südsudan komme es zu ähnlichen Preisanstiegen.

So seien im Südsudan die Preise für Nahrungsmittel in kürzester Zeit um 28 Prozent gestiegen. Hinzu komme die angespannte Situation am Horn von Afrika, in der nach sechs ausgefallenen Regenzeiten die Not ebenfalls auf einem Rekordniveau sei, so Frick. Im Sudan musste das WFP seine Unterstützung für 7,6 Millionen Menschen einstellen. Gerade Flüchtlinge, die dort untergekommen seien, Schwangere oder mangelernährte Kinder stünden ohne die Unterstützung des WFP vor dem Nichts, betonte Frick.

Großer Konvoi in Port Sudan eingetroffen

Viele Menschen versuchen weiterhin, das Land zu verlassen. Elektrizität und Leitungswasser gibt es nicht mehr, Internet und Telefon funktionieren nur noch sporadisch. Benzin, Bargeld und Lebensmittel werden knapp. Mehrere zehntausend Flüchtlinge sind bereits in den Nachbarländern angekommen, vor allem in Äthiopien und Ägypten.

In Port Sudan warten viele Ausländer auf die Überfahrt nach Saudi-ArabienBild: Ibrahim Mohammed Ishak/REUTERS

Die Evakuierung von Ausländern läuft inzwischen überwiegend über das Meer. Am Samstag erreichte ein von den USA organisierter Fahrzeugkonvoi die Hafenstadt Port Sudan. Wie das US-Außenministerium mitteilte, waren neben US-Bürgern auch Ortskräfte aus dem Sudan und Staatsangehörige verbündeter Länder an Bord. Sie sollten nun über das Rote Meer nach Dschiddah in Saudi-Arabien gebracht werden. Andere Länder, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien, hatten ihre Staatsbürger in den vergangenen Tagen per Flugzeug in Sicherheit gebracht.

Pro Asyl fordert Stopp von Abschiebungen in den Sudan

Angesichts der anhaltenden Kämpfe im Sudan, macht sich die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl dafür stark, dass Deutschland keine Menschen mehr in den Sudan abschiebt. "Wir können nicht einerseits Menschen evakuieren und andererseits Menschen abschieben", sagte der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Tareq Alaows, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf die jüngste Evakuierungsaktion der Bundeswehr für deutsche und andere Staatsbürger. Ungefähr die Hälfte der sudanesischen Flüchtlinge in Deutschland sei nur geduldet und damit von Abschiebung bedroht.

Der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation Pro Asyl, Tareq AlaowsBild: Markus Schreiber/AP/picture alliance

Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hatte auf Bundes- und Länderebene einen formalen Abschiebestopp gefordert. Angesichts der Kämpfe im Sudan sind Abschiebungen aber derzeit ohnehin kaum möglich, weil Flüge in das Krisenland zu gefährlich sind. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (ebenfalls SPD) hatte vor einigen Tagen einen Abschiebestopp erlassen. Ausnahmen gelten allerdings für Straftäter mit nicht geringen Vergehen, bei sogenannten aufenthaltsrechtlichen Gefährdern und für Personen, die sich hartnäckig der Identitätsfeststellung verweigern. 2022 wurden nach Angaben der Bundesregierung nur elf Menschen in den Sudan zurückgebracht, wie das RND berichtet.

Feuerpause erneut gebrochen

Trotz einer vereinbarten Waffenruhe ist es im Sudan auch an diesem Sonntag  wieder zu heftigen Kämpfe gekommen. Heftige Gefechte gebe es vor allem in der Nähe des Armee-Hauptquartiers, berichteten Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP. Zudem seien nördliche Vororte aus der Luft angegriffen worden. Eigentlich sollte noch bis Mitternacht ein Waffenstillstand gelten, gegen diesen war in den vergangenen Tagen aber immer wieder verstoßen worden.  Auch am Samstag flogen über die Hauptstadt Khartum Kampfflugzeuge, wie ein Bewohner der Nachrichtenagentur AFP sagte. Ein anderer Augenzeuge sagte, es habe auch an der Zentrale des staatlichen Rundfunksenders in Khartums Nachbarstadt Omdurman Gefechte gegeben.

Im Sudan kämpfen seit nunmehr drei Wochen Armeeeinheiten unter dem Kommando von Armeechef Abdel Fattah al-Burhan gegen die von dem General Mohamed Hamdan Daglo angeführte Miliz Rapid Support Forces (RSF). Mehr als 500 Menschen wurden seitdem getötet. Am Dienstag trat eine unter Vermittlung der USA ausgehandelte 72-stündige Feuerpause in Kraft, die am Donnerstag kurz vor Ablauf noch einmal um 72 Stunden verlängert wurde. Allerdings wurden bisher alle Waffenruhen gebrochen.

Perthes sieht Hoffnungsschimmer

Der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, Volker Perthes (Archivbild)Bild: ASHRAF SHAZLY/AFP/Getty Images

Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, Volker Perthes, sieht trotz der erneut gebrochenen Waffenruhe Hoffnungsschimmer für ein Ende der Kämpfe im Sudan. Die beiden rivalisierenden Militärgruppen seien inzwischen offener für Verhandlungen, sagte der Gesandte der Nachrichtenagentur Reuters. Beide Seiten hätten Vertreter für die Gespräche benannt, für die Juba im benachbarten Südsudan und Dschidda in Saudi-Arabien als Verhandlungsorte vorgeschlagen worden seien. 

kle/wa/ww/as (dpa, afp, rtr, epd)

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