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Reise

Warten auf den Sommerurlaub in Europa

Felix Schlagwein
20. Mai 2020

Politiker und Reiseveranstalter setzen alles daran, den Tourismus in Europa zu retten. Länder wie Kroatien dringen auf schnelle Öffnung, denn ohne Tourismus stehen sie vor dem wirtschaftlichen Kollaps.

Die Altstadt von Dobrovnik an der blauen Adria, Kroatien
Dubrovnik, Touristen-Hotspot in KroatienBild: picture-alliance/Zoonar/B. Hoyen

Türkisblaues Meer, geschichtsträchtige Städte, herrliche Strände und mehr als 1000 Inseln - Kroatien ist ein beliebtes Urlaubsziel, vor allem bei Deutschen und Österreichern, die mit dem Auto das südosteuropäische Land an der Adria erreichen können. Und gerade Kroatien ist das Land, das in der europaweiten Diskussion um die Grenzöffnungen für touristische Zwecke vorangeprescht ist: Seit vergangener Woche sind die Grenzen für EU-Staatsbürger wieder geöffnet - ohne Corona-Test und Quarantäne-Auflagen. Doch noch bleiben die Urlauber aus. Die Sommer-Saison hat noch nicht begonnen.

Die Suche nach einer europäischen Lösung

Lange schien ein Sommerurlaub im europäischen Ausland wegen des Coronavirus unmöglich. Am 18. Mai verkündete Bundesaußenminister Heiko Maas jedoch, auf eine Öffnung der Grenzen für Touristen bis zum Sommerbeginn hinarbeiten zu wollen. "Wir wollen Schritt für Schritt in die Normalisierung zurück", sagte Maas. Nach einer Videokonferenz mit den Außenministern der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen gab er bekannt, die bis 15. Juni geltende weltweite Reisewarnung nicht verlängern zu wollen. Gleichzeitig betonte er, dass der Sommerurlaub nicht so werden würde wie vor der Corona-Krise. "Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, dass es eine schnelle Rückkehr zu Business as usual geben kann", so Maas. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte: "Es wird keine normale Tourismussaison sein können, es wird eine Tourismussaison im Zeichen der Pandemie sein." Im Klartext heißt das: Abstandsregeln, strenge Hygienevorschriften, Gästebeschränkungen für Hotels und Restaurants - auch in den Urlaubsländern. Die genauen Auflagen wird Deutschland mit den jeweiligen Urlaubsländern in den kommenden Wochen in bilateralen Abkommen beschließen.

Solche Bilder wird es wohl in diesem Sommer nicht geben: Urlaubermassen am Strand von El Arenal, Mallorca Bild: picture-alliance/dpa/C. Margais
Die Altstadt von Dubrovnik zählt zum UNESCO-WeltkulturerbeBild: picture-alliance/robertharding/F. Fell

Urlaubsländer drängen auf Öffnungen

Trotz der Einschränkungen lassen die Nachrichten aus Berlin beliebte Touristenziele und Reiseveranstalter gleichermaßen aufatmen. Die Deutschen sind Europas Reisemeister, viele Länder sind auf deutsche Touristen angewiesen. Selbst Länder, die stark vom Coronavirus betroffen waren, drängen nun auf Grenzöffnungen: So will Italien bereits ab 3. Juni Touristen ins Land lassen, Spanien ab Ende Juni oder Anfang Juli.

Andere Länder sind noch viel stärker vom Tourismus abhängig. In Kroatien macht die Branche 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Im vergangenen Jahr kamen knapp 20 Millionen Touristen, die rund 12 Milliarden Euro ausgaben. Gleichzeitig sind die Corona-Fälle im Land gering. Aktuell gibt es in Kroatien nur rund 400 aktiv Infizierte, weniger als 100 Menschen starben bisher an COVID-19.

Verständlich also, dass Kroatiens Regierung die Initiative ergriffen hat: Seit dem 9. Mai gelten die gelockerten Einreisebestimmungen für EU-Staatsbürger. Die Bestätigung einer Hotelbuchung reicht nun für die Einreise aus. Auch Geschäftsreisende und Menschen, die ein Haus oder Boot in dem südosteuropäischen Land besitzen, dürfen die Grenze passieren. Die Lufthansa-Tochter Eurowings hat bereits angekündigt, im Juni ihre Flüge von Deutschland zu den Haupttouristenzielen in Kroatien wieder aufnehmen zu wollen.

Damit will die Regierung in Zagreb vor allem Deutsche und Österreicher locken. Die machen in vielen Landesteilen die Hälfte aller Besucher aus. "Wir leben vom Tourismus", so der kroatische Präsident Zoran Milanović. Hotels, Restaurants und Campingplätze sind geöffnet, auch die Strände. Es gilt die Abstandsregel von 1,5 Meter, die Kellner müssen Masken tragen. Die Fähren zu den Inseln fahren wieder.  

Vis, eine von mehr als 1200 kroatischen Adria-InselnBild: picture-alliance/Loop Images/A. Lloyd

Einreise App

Um Staus an den Grenzen zu vermeiden, bereitet Kroatien eine Handy-App für Touristen vor. Die soll laut Tourismusminister Gari Cappelli dazu dienen, dass sich Einreisende im Voraus bei den Behörden anmelden können, um die Wartezeiten an der Grenze zu verkürzen. Über die App sollen Touristen unter anderem ihren Zielort und die Unterkunft in Kroatien angeben. "Unter den aktuellen Umständen wären wir zufrieden, wenn wir 2020 auf 30 Prozent der Einnahmen aus dem Vorjahr kommen", äußerte Kroatiens Tourismusminister gegenüber der DW. 

Reiseveranstalter mit gedämpfter Zuversicht

Nicht nur die Urlaubsregionen, auch die Reiseveranstalter können eine Öffnung Europas für den Tourismus kaum erwarten. Kein Wunder: allein in den vergangenen drei Monaten mussten sie Milliardenverluste hinnehmen. Sollte nun auch noch das Sommergeschäft ausfallen, wäre die gesamte Branche in ihrer Existenz bedroht. Auch Europas größter Reiseveranstalter TUI steht unter enormem wirtschaftlichen Druck. Im Januar 2020 hatte der Konzern noch die höchsten Buchungszahlen seiner Unternehmensgeschichte verkündet. Wenig später musste TUI Staatskredite anfordern und rund 9000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.

Auch im Hinterland bietet Kroatien lohnenswerte Ausflugsziele : die Plitvicer SeenBild: picture-alliance/Pixsell/K. S. Fabac

"Für alle in der Branche ist das ein gutes Zeichen, dass die Reisewarnung nicht verlängert werden soll", sagt Aage Dünhaupt von TUI Airlines im Gespräch mit der DW. Theoretisch könnten ab dem 15. Juni wieder Pauschalreisen stattfinden. In größerem Umfang werde das wohl aber erst ab Anfang Juli der Fall sein. Bei Kreuzfahrten wird es länger dauern und auch Fernreisen ins außereuropäische Ausland sind laut Dünhaupt "nochmal eine größere Herausforderung".

Wie stark die Nachfrage an Auslandsreisen sein wird, ist für die Reiseveranstalter schwer einzuschätzen. Ein deutliches Buchungsplus verzeichnet TUI bei Reisen auf dieBalearen, Griechenland und Portugal. Viele Buchungen kämen jetzt auch für September und damit für eine verlängerte Hochsommersaison. Für die reibungslose Öffnung des touristischen Betriebs in Europa sei vor allem die Einhaltung der Hygieneregeln unerlässlich, sagt Aage Dünhaupt: "Wir setzen in den Urlaubsländern die Abstands- und Hygienemaßnahmen um, die wir auch in Deutschland verfolgen."

Trotz Hygieneregeln und Grenzöffnungen: der weltweite Tourismus hat durch die Corona-Krise massiven Schaden genommen und wird sich nur sehr langsam davon erholen. "Im Moment ist nicht davon auszugehen, dass wir in den nächsten 12 bis 24 Monaten die Buchungsvolumina von vorher erreichen", sagt Dünhaupt. "Das ist eine Herausforderung, der wir uns alle in der Branche jetzt stellen müssen."

Mallorca, die Lieblingsinsel der DeutschenBild: picture-alliance/dpa/S. Schulz
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