1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
ReiseEuropa

Wie die Dürre in Europa den Tourismus trifft

3. April 2023

Europaweit sind ganze Landstriche von anhaltender Trockenheit gezeichnet. Auf Urlauber kommen Einschränkungen zu - stellenweise gibt es diese sogar bereits.

Themenpaket | Weltwasserbericht Themenbild Wassermangel Dürre Trinkwasser
Bild: Franz Neumayr/picture alliance

Der Gardaseeist um eine Touristenattraktion reicher: Neuerdings kann man dort zu Fuß und ohne nass zu werden die sogenannte Kanincheninsel erreichen. Unzählige Ausflügler machten davon in den zurückliegenden Wochen Gebrauch. Der Hintergrund allerdings ist ernst: Aufgrund anhaltender Trockenheit in Norditalien liegt der Pegel des Gardasees derzeit lediglich um 48 Zentimeter über dem Pegelnullpunkt. Eigentlich sollte er zu dieser Jahreszeit doppelt so hoch liegen.

Trockenen Fußes kommen Ausflügler derzeit zur Kanincheninsel im Gardasee - der Pegelstand dort ist wegen ausbleibender Niederschläge zuletzt deutlich gesunkenBild: Alex Fraser/REUTERS

Dramatische Effekte des Klimawandels

"Norditalien erlebt derzeit eine bereits seit zwei Jahren anhaltende Trockenphase", sagt Mattia Gussoni, Meteorologe beim Wettervorhersagedienst Il Meteo. In diesem Winter seien ungewöhnlich hohe Temperaturen und geringe Niederschläge verzeichnet worden. "Sogar in den Alpen hat es unterdurchschnittlich viel geregnet und es gibt kaum Schnee." Das sei bereits im vorangegangenen Winter ähnlich gewesen. Die Folge: Das Wasser wird knapp, was nicht nur am Pegelstand des Gardasees zu erkennen ist, sondern auch am Niedrigwasser des Po, der vor allem für die Landwirtschaft große Bedeutung hat.

Beim örtlichen Tourismusverband ist man bemüht, die Lage nicht zu dramatisieren. "Schwankungen beim Pegelstand des Gardasees sind normal", sagt die PR-Verantwortliche Natasha Bontadi. Der See habe eine durchschnittliche Tiefe von 133 Metern, sei das wichtigste Trinkwasserreservoir des Landes und werde daher ständig überwacht. Derzeit seien sämtliche Wassersportarten erlaubt, auch der Fährverkehr laufe planmäßig.

Im Sommer vergangenen Jahres hatten die umliegenden Gemeinden Maßnahmen zum Wassersparen ergriffen. So durften private Pools zeitweilig nicht mehr befüllt werden. Öffentliche Brunnen wurden vorübergehend stillgelegt. Damit sei wohl auch in diesem Jahr zu rechnen, so Bontadi. Man bereite derzeit eine Informationskampagne vor, mit der Touristen für das Thema sensibilisiert werden sollen.

Flusskreuzfahrt ohne Schiff

Mit Sorge blickt man auch nördlich der Alpen auf die bevorstehende heiße Jahreszeit. "Der Rhein wird wohl größtenteils Niedrigwasser haben", sagt Daniel Thiriet, Vize-Präsident der Interessengemeinschaft der Flusskreuzfahrt-Reedereien. Wie schon im vergangenen Jahr werde es vermutlich nötig sein, die Passagiere an besonders kritischen Stellen mit Bussen zu transportieren. "So etwas einzuplanen ist bei uns schon zur Gewohnheit geworden", sagt Thiriet. "Damit uns das Niedrigwasser nicht kalt erwischt."

Wie hier in Brauneck in Bayern war Wintersport vielerorts nur mit Beschneiungsanlagen möglichBild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Die zu geringen Niederschläge in diesem Winter haben besonders in den niedrig gelegenenen Skigebieten der Alpen und der Mittelgebirge Auswirkungen gehabt. In der Schweiz etwa werden mittlerweile 54 Prozent der Pisten künstlich beschneit, wie der dortige Seilbahnverband mitteilt. Im Jura etwa, wo die Berge deutlich unter 2000 Meter hoch sind, lag die Zahl der Touristen im Februar um 69 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

Auch Frankreich und die nordspanische Region Katalonien erleben derzeit eine anhaltende Trockenphase. "Die Situation in Barcelona ist dramatisch", sagt Alfons Puertas, Meteorologe in der Wetterstation des Observatori Fabra, das in den Bergen oberhalb der Stadt liegt. Die beiden zurückliegenden Jahre seien die trockensten seit Beginn der Aufzeichungen im Jahr 1914 gewesen. Die durchschnittliche Regenmenge liege pro Jahr bei 621,5 Millimetern. 2022 betrug sie noch nicht einmal die Hälfte davon.

Niedrigwasser legt das Eisenbahnviadukt von Chanteloube in Südfrankreich frei - Frankreich verzeichnet die längste Winterdürre seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1959Bild: Daniel Cole/AP/dpa/picture alliance

Dürreperiode mit Ansage

Auch der Rest Kataloniens ist von der Dürre betroffen. Zahlreiche Stauseen, die unter anderem die Trinkwasserversorgung der Millionenstadt Barcelona sicherstellen, haben historische Tiefststände erreicht - und werden zunehmend zu kuriosen Ausflugszielen, da die einst überschwemmten Weiler und Dörfer nach und nach wieder zum Vorschein kommen. Schon vor Monaten haben die katalanischen Behörden erste Sparmaßnahmen beschlossen. Eine davon betrifft das Springbrunnen-Spektakel Font Màgica mit Musik und Licht-Show, dem in Barcelona üblicherweise allabendlich hunderte wenn nicht tausende Schaulustige beiwohnen: Bis auf weiteres liegt der Brunnen trocken.

Etwas entspannt hat sich die Lage derweil knapp 200 Kilometer südöstlich auf der Ferieninsel Mallorca. In weiten Teilen der Insel hatte zuletzt Dürrealarm geherrscht und es gab Befürchtungen, die bevorstehende Tourismussaison könnte die ohnehin schon knappen Wasserressourcen vollends erschöpfen. Ende Februar zog dann allerdings das Unwetter Juliette über die Insel und brachte reichlich Regen und sogar Schnee mit sich. Manche Wetterstationen verzeichneten fünfmal so viel Niederschlag wie im Durchschnitt. Nachdem die Pegel auch in den Stauseen auf Mallorca monatelang gesunken waren, liegen sie nun bei 90 Prozent des Fassungsvermögens.

Auf diesen Anblick müssen Touristen zur Zeit verzichten: Der Brunnen Font Mágica in Barcelona führt kein WasserBild: Luis Miguel Lopes Pina/Zoonar/picture alliance

In Norditalien kann man derweil weiterhin nur auf Regen hoffen. Meteorologe Mattia Gussoni sieht derzeit allerdings keine Anzeichen dafür. "Der bervorstehende Sommer droht sehr schwierig zu werden", sagt er. Zumal selbst ein paar Regentage nicht ausreichen würden, um das Defizit auszugleichen. "Dafür müsste es schon den kompletten Frühling hindurch regnen", sagt er. "Wir haben es hier mit dem dramatischsten Effekt des Klimawandels zu tun."