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Warum dauert ein Regierungswechsel in den USA so lange?

Clare Roth
8. November 2024

Elf Wochen dauert es, bis der oder die Gewinnerin der US-Wahlen ins Amt eingeführt wird. Warum diese lange Übergangszeit? Und wer regiert zwischen dem 5. November und dem 20. Januar?

Wahlkabine in New York, dahinter eine Person, darauf die Aufschrift "Vote" unter der US-Flagge
Präsidentschaftswahlen finden in den USA immer am ersten Dienstag nach dem ersten Montag im November statt, in diesem Jahr also am 5. NovemberBild: Niyi Fote/ZUMAPRESS.com/picture-alliance

Die Präsidentschaftswahl in den USA findet am 5. November statt, doch die Inauguration oder Amtseinführung folgt erst am 20. Januar. Warum diese Wartezeit von elf Wochen? In Frankreich leisten neue Präsidenten oder Präsidentinnen ihren Amtseid nach nur 10 Tagen und im Vereinigten Königreich übernimmt die neue Regierung bereits am nächsten Tag die Amtsgeschäfte.

Vier Monate bis zur Amtseinführung

Über mehr als ein Jahrhundert traten neue Präsidenten in den USA ihr Amt erst im März an. Wurde eine Regierung also abgewählt, führte sie die Geschäfte noch vier Monate lang weiter. Das änderte sich 1933, als auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise mit der Ratifizierung des 20. Zusatzartikels zur US-Verfassung der Tag des Amtsantritts auf den 20. Januar festgelegt wurde.

Der demokratische Präsident Franklin D. Roosevelt trat sein Amt 1933 mitten in der Weltwirtschaftskrise anBild: AP Photo/picture alliance

Die Arbeitslosigkeit hatte damals 25 Prozent erreicht und war damit so hoch wie noch nie zuvor in der Geschichte der USA. Der neu gewählte Präsident Franklin D. Roosevelt wartete darauf, sein Amt anzutreten, während Amtsinhaber Herbert Hoover aus dem Weißen Haus "schon so gut wie ausgezogen" war, erklärt Matt Dallek von der George Washington University gegenüber der DW.

Durch die Verschiebung sollte die Gefahr von "Chaos, Instabilität und einer führungslosen Regierung" vermieden werden, erklärt der Historiker.

Bestätigung der Wahlergebnisse

Der Weg von der Wahl eines Präsidenten bis zu dessen Amtseinführung sei komplex, erläutert Erik Engström, Professor für Politikwissenschaften an der University of California in Davis, denn "die Wahlmaschinerie der USA ist sehr dezentralisiert".

Wenn die Wahllokale am Wahltag schließen, zählen Wahlhelfer die Stimmen in tausenden Wahlbezirken im ganzen Land von Hand aus. Die Ergebnisse der einzelnen Bundesstaaten werden in der Regel noch in der Wahlnacht an eine bundesstaatliche Datenbank übermittelt. So erfährt das Land, wer voraussichtlich die Wahl gewonnen hat.

Doch auch wenn diese ersten Wahlergebnisse fast immer zutreffen und ein eindeutiger Gewinner erkennbar ist, sind sie noch immer inoffiziell und unbestätigt.

Nach der Wahlnacht beginnen die einzelnen Staaten mit der Zertifizierung der Wahlergebnisse. Dazu gehört das Überprüfen von Stimmzetteln, die von den Wahlautomaten zurückgewiesen wurden, das Auszählen von Stimmzetteln, die nach der offiziellen Wahl eingingen – zum Beispiel von im Ausland lebenden US-Bürgern – und die Beilegung von Streitfällen, die bei der Auszählung der Stimmen im Bundesstaat oder den ihm zugehörigen Gemeinden auftraten.

Im Jahr 2000 wurde George W. Bush mit knapper Mehrheit zum Präsidenten gewähltBild: Frazza/dpa/picture-alliance

Im Jahr 2000, als sich Al Gore und der spätere Präsident George W. Bush um das Amt bewarben, kam es zum Beispiel zu einem solchen Streitfall. Das Wahlkampfteam des demokratischen Kandidaten Gore beantragte eine Neuauszählung der Stimmen in Florida. Nach zahlreichen Gerichtsverfahren auf Ebene des Bundesstaats entschied der Oberste Gerichtshof schließlich am 9. Dezember 2000 gegen den Antrag.

Wahlkollegium

Sind alle Streitfälle beigelegt und die Stimmen gezählt, wird das Ergebnis an die Regierung des Bundesstaates gesendet und vom Gouverneur oder der Gouverneurin bestätigt.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern werden Präsidenten in den USA nicht direkt vom Volk gewählt, sondern durch die Wahlleute oder Delegierten des Wahlkollegiums, dem Electoral College. Die Wähler und Wählerinnen in den USA stimmen also nicht für einen Präsidentschaftskandidaten sondern für die Wahlleute des jeweiligen Kandidaten.

So werben Kamala Harris und Donald Trump bei den anstehenden Wahlen im Bundesstaat Missouri zum Beispiel um die Stimmen von zehn Wahlleuten. Wer gewinnt, erhält alle zehn Stimmen. Landesweit benötigt ein Kandidat die Stimmen von mindestens 270 Wahlleuten, um die Wahl zu gewinnen.

Am 6. Januar 2021 stürmten Anhänger von Donald Trump das Kapitol, um die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindernBild: Tayfun Coskun/AA/picture alliance

Mit der Bestätigung der Wahlergebnisse bestätigt der Gouverneur eines Staates also die Zahl der Wahlleute. Diese Wahlleute versammeln sich Mitte Dezember, um ihre Delegiertenstimmen abzugeben. Das Ergebnis wird dann an den Kongress weitergeleitet.

Stimmauszählung im Kongress

Der Kongress tritt am 6. Januar zusammen, um die Delegiertenstimmen, die er aus den 50 Bundesstaaten erhalten hat, auszuzählen. Den Vorsitz führt der Vizepräsident, der auch das Ergebnis verkündet. 2021 behauptete Donald Trump wahrheitswidrig, die Wahl im Jahr 2020 sei ihm "gestohlen" worden. Rechtsextreme Trump-Anhänger waren darüber so aufgebracht, dass sie am 6. Januar das US-Kapitol stürmten und versuchten, die Stimmenauszählung zu verhindern. Joe Biden wurde noch am selben Tag als rechtmäßiger Sieger ausgerufen.

Washington rüstet sich

02:35

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Während der beiden Wochen bis zum Tag der Amtseinführung am 20. Januar gibt der künftige Präsident bekannt, wer seinem Kabinett angehören wird. Hierzu gehören zum Beispiel Minister oder Ministerinnen für das Innere, die Verteidigung oder die Justiz.

Für den seltenen Fall, dass beide Kandidaten 269 Delegiertenstimmen auf sich vereinen oder keiner von ihnen die erforderliche Mindestzahl von 270 erhält, fällt dem Repräsentantenhaus (der unteren Kammer des Kongresses) die Aufgabe zu, den Gewinner zu bestimmen.

"Historisches Artefakt"

Es gibt auch logistische Gründe für die lange Zeitspanne von November bis Januar, die die US-Verfassung bei Präsidentschaftswahlen vorsieht. Michael Berkman, Professor für Politikwissenschaft an der Pennsylvania State University spricht von einem "historischen Artefakt".

"Es nahm viel Zeit in Anspruch, aus einem der ursprünglichen 13 Staaten für die Amtseinführung nach New York zu reisen", erklärt er mit Verweis auf die 13 Gründerstaaten, die die Vereinigten Staaten bildeten, als die Verfassung 1789 in Kraft trat.

Die Reisezeiten zum Regierungszentrum der USA, das sich damals noch in New York City befand, hätten einen großen Einfluss darauf gehabt, wie die Regierungsbildung und die mit ihr verknüpften Verfahren gestaltet wurden, so Berkman.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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