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Warum der Begriff "Führer" in Deutschland Unbehagen auslöst

Paula Rösler
9. September 2022

Bei den Bayreuther Festspielen gab es Streit, ob das Wort "Führer" gesungen werde dürfe. Über ein Wort mit üblem Beigeschmack und Hitlers Bewunderung für Wagner.

Tenor Klaus Florian Vogt als Lohengrin auf der Bühne bei den Bayreuther Festspielen.
Tenor Klaus Florian Vogt sang in diesem Jahr die Rolle des Lohengrin bei den Bayreuther Festspielen Bild: Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth/dpa/picture alliance

Das Wort "Führer" ist in Deutschland unmittelbar mit Adolf Hitler verknüpft. Wenn das Wort, in welchem Kontext auch immer, fällt, sehen viele Deutsche schwarz-weiße Bilder vor ihrem inneren Auge aufblitzen, die Hitler vor einer ihm zujubelnden Menge zeigen. Der "Führer", das war Hitlers Selbstbetitelung, so wollte er genannt werden. Das Wort hat also einen Beigeschmack, einen üblen.

Praktischerweise ist die deutsche Sprache vielfältig, es gibt meistens Alternativen. Im Tourismus ist dann zum Beispiel vom Reiseleiter die Rede und nicht vom Reiseführer, im Sport vom Spielmacher anstelle des Spielführers.

Kein "Führer" mehr in Bayreuth

Auch bei den Bayreuther Festspielen stieß das Wort in diesem Jahr bitter auf: In Richard Wagners romantischer Oper "Lohengrin" heißt es: "Seht da den Herzog von Brabant, zum Führer sei er euch ernannt." Katharina Wagner, Richard Wagners Urenkelin und Intendantin der Bayreuther Festspiele, soll Tenor Klaus Florian Vogt, der in diesem Jahr die Rolle des Lohengrin sang, nach der Generalprobe gebeten haben, das Wort "Führer" durch "Schützer" zu ersetzen.

Die Oper Lohengrin endet in einer Beziehungskatastrophe, bei der die beiden Frauen Elsa und Ortrud sterbenBild: Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth/dpa/picture alliance

Es handele sich dabei um ein gängiges Substitut, das sehr viele Opernhäuser benutzen, sagt Wagner. "Wir in Bayreuth sollten da besonders sensibel sein, weil wir einen besonderen politischen Hintergrund und damit eine besondere Verantwortung haben", so die Festspiel-Intendantin.

Hitler: Wagner-Fan durch und durch

Die braune Vergangenheit der Wagner-Festspiele ist bekannt. Adolf Hitler war ein glühender Fan von Richard Wagner. Er ging im Bayreuther Festspielhaus als Dauergast ein und aus. Richard Wagner selbst hielt zu Lebzeiten mit seiner antisemitischen Gesinnung nicht hinterm Berg. Hitler war fasziniert von Wagners heroischen Erzählungen, vom Größenwahn, mit dem er sich selbst so gut identifizieren konnte.

Wagners Sagen, da sind sich der Musikhistoriker Jens Malte Fischer und der Direktor des Richard-Wagner-Museums Sven Friedrich in der DW-Dokumentation "Warum Hitler Richard Wagner vergötterte" einig, haben Hitlers Machtbestrebungen befeuert. Inspiriert von Wagners Heldenfiguren, etwa Ritter Lohengrin oder Volkstribun Rienzi, nimmt Hitlers Traum vom "Führer" Formen an - und wird schließlich real.

Warum Hitler Richard Wagner vergötterte 

26:06

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Hitzige Debatte um "Cancel-Culture"

Vor diesem Hintergrund löst das Wort "Führer" bei vielen Menschen Unbehagen aus. Warum also nicht "Führer" durch "Schützer" ersetzen? Christian Thielemann, Lohengrin-Dirigent bei den Bayreuther Festspielen, geht das zu weit. Er spricht in der Zeitung "Welt" sogar von einem "'Führer'-Skandal". Der Streit, der nun, einige Tage nach Ende der Bayreuther Festspiele, noch einmal hochkocht, reiht sich an eine Vielzahl von hitziger sogenannter "Cancel-Culture"-Debatten in Deutschland ein. 

Intendantin Katharina Wagner hält dagegen. Ihr zufolge sang der Lohengrin das Wort "Führer" in der diesjährigen Generalprobe überaus deutlich und ausgerechnet dann, wenn er einen politischen Nachfolger benennt. Vielleicht wollte sie vermeiden, dass dem Wagner-Publikum im Bayreuther Festspielhaus Schwarz-Weiß-Bilder von Hitler durch den Kopf gehen.

 

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