Deutsche und Commerzbank bauen Tausende Stellen ab
9. Oktober 2019Seit Jahren tun sich die deutschen Banken schwer. Sie klagen über die niedrigen Zinsen, hohe Auflagen der Regulierer und die Herausforderungen durch die Digitalisierung. Wie schlecht es um die Branche bestellt ist, zeigt der Blick auf die beiden größten Privatbanken, die Deutsche und die Commerzbank. Die hatten in ihrer Not ja schon einen Versuch gestartet zu fusionieren. Das ist nicht gelungen, deshalb müssen die beiden Geldhäuser nun andere Wege suchen, um ihr Überleben zu sichern.
Das geht vor allem über Kosten- und damit auch Stellenabbau. Denn lange hatten die deutschen Geldhäuser gehofft, die Zeit der niedrigen Zinsen werde bald zu Ende sein. Seitdem aber die EZB vor einigen Wochen ihre Geldpolitik nochmals gelockert hatte und das für längere Zeit, müssen sie sich nun umorientieren und ihr Geschäftsmodell anpassen. Der Druck wird noch größer durch die Abkühlung der Konjunktur: denn die dürfte in absehbarer Zeit auch zu mehr Kreditausfällen führen und auf jeden Fall zu einer höheren Risikovorsorge.
Streichkonzert bei Jobs und Zweigstellen
Bei der Deutschen Bank sollen 18.000 Jobs bis Ende 2022 entfallen, davon wahrscheinlich etwa die Hälfte in Deutschland. Bei der Commerzbank hatte der Vorstand den Abbau von 4300 Jobs angekündigt, allerdings sollen an anderer Stelle auch wieder 2000 Stellen entstehen. Dem "Handelsblatt" zufolge sollen 250 der noch 1000 Commerzbank-Filialen schließen, gleichzeitig aber an "interessanten Lokationen" 50 Zweigstellen neu eröffnen. Denn in Zeiten von mobilem Banking wird es schlicht zu teuer, ein großes Filialnetz vorzuhalten. Auch die genossenschaftliche DZ-Bank plant einen Abbau von 400 Jobs, das entspricht zehn Prozent ihrer Stellen.
Klar ist: Der Wettbewerb in der Branche ist hoch, der Fusionsdruck ebenfalls. "Wir brauchen Mut zur Konsolidierung", sagte Deutsche Bank-Chef Christian Sewing vor einigen Wochen. Die Marktbereinigung ist in den vergangenen Jahren vorangekommen, 2018 ging die Zahl der Kreditinstitute um 2,9 Prozent zurück, das war etwas langsamer als ein Jahr zuvor. Das zeigt eine Studie von Barkow Consulting. Doch die Privatbanken trauen sich nicht wirklich - zumindest im vergangenen Jahr nicht, es fusionierten vor allem Volks- und Raiffeisenbanken untereinander - da sank die Zahl der Institute um 4,6 Prozent, im Sparkassensektor waren es Ende des vergangenen Jahres 1,3 Prozent weniger.
Kosten werden an Kunden weitergereicht
Doch immer noch ist Deutschland "overbanked", es gibt also immer noch zu viele Banken. 1783 Institute zählte die Deutsche Bundesbank Ende 2018. Immer noch zu viele, meinen Experten, denn das führt zu einem Preiswettkampf, den viele Banken nicht überleben werden. Denn die meisten von ihnen stürzen sich auf das Privatkundengeschäft - und da ist der Wettbewerb durch die vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken am höchsten. Nun zeichnet sich aber ab, dass die Banken beginnen gegenzusteuern, zum einen über Stellenabbau wie bei den großen Privatbanken. Zum anderen wälzen sie vermehrt die Last der Niedrig- und Negativzinsen auf die Kunden ab. So ist nur noch bei wenigen Häusern das Girokonto kostenlos, immer häufiger werden die Negativzinsen für hohe Einlagen - meist sind das mehr als 100.000 Euro - an die Anleger weitergereicht, 4000 von 1300 Banken und Sparkassen, so hat das Internetportal Biallo ermittelt, haben in diesem Jahr schon die Gebühren für private Girokonten erhöht. Und manche Bank, wie die Stadtsparkasse München, kündigt kurzerhand die Sparkonten von Bestandskunden auf, in diesem Fall gleich mal 28.000 Verträge.
Hinzu kommt die Konkurrenz der großen und kleinen Fintech-Firmen: die suchen sich aus der Wertschöpfungskette der Banken ein Glied aus, Wirecard etwa die Abwicklung von Zahlungsdiensten. In solchen Bereichen machen sie den etablierten Banken dann Konkurrenz, weil die so schnell nicht so innovativ sein können - sie können nur mit den neuen Konkurrenten zusammenarbeiten. Den Profit steigern sie so aber nicht.
Dass sie etwas ändern müssen, um langfristig überlebensfähig zu sein, das sehen inzwischen auch die Sparkassen ein. Vor einem Jahr schon hatte Sparkassenpräsident Helmut Schleweis die Bildung einer "Superlandesbank" vorgeschlagen. Der Sparkassensektor leistet sich schließlich noch fünf Landesbanken, acht Bausparkassen und elf Versicherer. Nun scheint ein Anfang gemacht. Denn nun sollen die Helaba und die Dekabank eine Großbank bilden, der sich dann weitere Institute anschließen können. Die Synergieeffekte könnten schon bei diesem Zweierbündnis groß sein. Das dürfte dann irgendwann auch die anderen Landesbanken überzeugen - die baden-württembergische LBBW und die BayernLB hatten sich bisher skeptisch gezeigt, weil sie ihre Eigenständigkeit erhalten wollen. Diesen Luxus aber werden sie sich womöglich bald nicht mehr leisten können.